Transitzonen

Kommentar: Kein Allheilmittel


In der Flüchtlingspolitik in zentralen Fragen alles andere als einer Meinung: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).

In der Flüchtlingspolitik in zentralen Fragen alles andere als einer Meinung: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).

Von Dr. Gerald Schneider

Ein gut gelaunter Horst Seehofer trat am Montag vor die Presse. "Hoch zufrieden" sei er. Der bayerische Ministerpräsident konnte vermelden: Seine CSU habe sich mit der CDU über Transitzonen für Flüchtlinge geeinigt. Lange hatte der CSU-Chef Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Druck gesetzt. Es müsse endlich etwas passieren, um den Zustrom von zuletzt um die 10000 Flüchtlinge pro Tag zu begrenzen. Wie genau diese Transitzonen nun aussehen sollen, ist noch unklar. Und allzu viel sollte man sich davon auch nicht versprechen. Allerdings können sie ein Schritt in die richtige Richtung sein.

In diesen Zonen, ob nun in Grenznähe oder irgendwo außerhalb der Bundesrepublik, sollen Flüchtlinge zunächst Aufnahme finden und sich registrieren lassen. Die Asylanträge von Menschen, bei denen sich herausstellt, dass sie bereits aus einem sicheren Drittstaat stammen, sollen rasch abgelehnt und die Betroffenen zurückgeschickt werden. Obwohl noch keine Details bekannt sind, dürfte ein solches Vorgehen durchaus helfen, den Zuwanderungsdruck abzufedern. In der Vergangenheit war immer wieder kritisiert worden, die hohe Zahl von Asylanträgen aus Balkanländern überfordere das System. Doch dass sich mit Transitzonen alleine der riesige Rückstau von noch nicht bearbeiteten Asylanträgen schnell wird abbauen lassen, ist eher unwahrscheinlich.

Lesen Sie hier: CDU und CSU über Transitzonen einig

Klar, angesichts der gegenwärtigen Situation müssen pragmatische Lösungen her. Das hat schon Merkel angemahnt. Während etwa in der Schweiz Asylanträge aus Balkanstaaten binnen 48 Stunden bearbeitet und entschieden sind, kann dieser Vorgang in Deutschland Monate, sogar Jahre dauern. Doch das Grundproblem einer zu geringen personellen Ausstattung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) löst auch die Transitzonen nicht über Nacht.

Weiterhin hoher Migrationsdruck

Der Migrationsdruck wird auch weiterhin hoch bleiben. Im Bürgerkriegsland Syrien gibt es keinen Hinweis auf eine Entspannung der Situation. Womöglich werden schon bald die ersten Menschen aus dem Jemen, wo Saudi-Arabien derzeit Krieg führt, vor den Toren Europas stehen. Und bei einem weiteren Vormarsch der Taliban dürften sich auch verstärkt Afghanen auf den Weg machen. Gegen die Fluchtursachen helfen auch keine Transitzonen. Wenn es allerdings gelingen sollte, mit ihrer Hilfe - vorausgesetzt, im Gegenzug funktioniert auch die Grenzsicherung - den Zuzug von Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten deutlich zu verringern, hätten diese Zonen ihren Zweck schon erfüllt. Denn dann würden Kapazitäten für jene Schutzsuchenden frei, die diesen Schutz auch tatsächlich brauchen.

Seehofer kann sich zumindest über einen Punktsieg im Tauziehen mit der Kanzlerin freuen. Doch der Weg ist noch lang, Einzelheiten noch offen, so auch das Zusammenspiel mit den bereits bestehenden Balkan-Zentren und wie das Verfahren konkret aussehen soll. Transitzonen sind keine Allheilmittel. Sie sollten auch nicht dem Zweck dienen, die Menschen dort durch möglichst schlechte Behandlung zu schikanieren und andere damit zum Fernbleiben zu animieren. Doch bieten sie die Chance, das gegenwärtige Chaos wieder in etwas organisiertere Bahnen zu lenken. Wenn das gelingt, kann Seehofer wirklich zufrieden mit sich sein.