Lehrerarbeitslosigkeit im Sommer

Betroffener Lehrer: "System, in dem alle unzufrieden sind"


Ein Lehrer schreibt "Schulferien" an die Tafel. Manche Lehrer müssen in den Sommerferien auf Gehalt verzichten. (Symbolbild)

Ein Lehrer schreibt "Schulferien" an die Tafel. Manche Lehrer müssen in den Sommerferien auf Gehalt verzichten. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Der Gymnasiallehrer Samuel B. (Name von der Redaktion geändert) aus München ist während der Sommerferien arbeitslos. Er war bis Freitag an einer Schule in Bayern beschäftigt. Nun geht er wie so viele andere Lehrkräfte für sechs Wochen in die Arbeitslosigkeit. Sein Vertrag wurde befristet geschlossen und gilt erst wieder ab dem neuen Schuljahr. idowa hat mit ihm über seine Anstellung, die Situation im Freistaat und die Kosequenzen aus dieser Praxis gesprochen.

Inwiefern stellt die Arbeitslosigkeit eine Einschränkung in Ihrer Lebensplanung dar?

Samuel B.: Glücklicherweise habe ich zumindest rein materiell keine Einschränkung. Meine Partnerin hat einen sicheren Arbeitsplatz, der auch gut bezahlt ist. Sie fängt mich und meine Arbeitssituation auf. Aber das ist natürlich eine Ausnahme. Persönlich macht das aber auf jeden Fall was mit einem. Viele meiner Bekannten trifft die Arbeitslosigkeit viel härter. Viele sind auf Arbeitssuche und müssen auch bald umziehen. Oder sie quartieren sich vorübergehend wieder bei ihren Eltern ein, weil ihnen das Geld fehlt. Es sind immerhin fast zwei Monate ohne Gehalt. Trotzdem muss man sich um eine neue Wohnung kümmern und das mit einem befristeten Arbeitsvertrag. Viel Glück, wenn man da in München auf der Suche ist!

Wie würden Sie Ihre Sommerferien am liebsten verbringen? Und was machen Sie wegen der Entlassung stattdessen?

Ich würde gerne länger in Urlaub fahren. Das kann ich mir aber jetzt nicht leisten.

Was sagen Sie zur Praxis, Lehrer einfach "bei Bedarf" auszustellen? Wie kritisch stehen Sie dem System gegenüber?

Ich wäre tatsächlich ein großer Fan davon, das Beamtensystem komplett abzuschaffen. Ohne dieses System hat man als Arbeitnehmer die Möglichkeit, für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken. Ich sehe es zwar ein, wenn der Staat befristet geschlossene Arbeitsverträge schließt, vor allem wenn Geld eingespart werden muss. Um das zu rechtfertigen, müsste man aber deutlich mehr Geld kriegen und die Arbeitszeit deutlich verringern, die vor allem in jungen Jahren extrem hoch ist. Ich persönlich fühle mich veräppelt, weil so mit mir umgegangen wird, und das nach acht Jahren Ausbildung. Ich habe auch schon überlegt, einfach in die freie Wirtschaft zu gehen.

Wie blicken Sie dem neuen Schuljahr entgegen?

Eher unmotiviert. Ich möchte nächstes Schuljahr eher keine organisatorischen Aufgaben oder Ähnliches übernehmen. Das Gleiche gilt auch zum Beispiel für den Jahresbericht. Ein Lehrer muss sich plötzlich in Grafikprogramme einarbeiten und hat nebenher noch seinen normalen beruflichen Alltag. Bei Schulveranstaltungen ist es ähnlich. Es sind zwar Dinge, die man als Lehrer bereitwillig und auch gerne macht, aber ich persönlich als befristet Angestellter nehme diese Aufgaben ungern an. Dadurch haben dann meine Kollegen leider wieder Mehrarbeit. Durch diese Ein- und Ausstellerei schafft man ein System, in dem alle unzufrieden sind. Ganz nach dem Motto: Arbeite für uns, geh dann sechs Wochen in unbezahlten Urlaub und kehr dann wieder super motiviert zurück. In der Wirtschaft würde dir so eine Praxis nicht begegnen.

Ein Statement zum Abschluss?

Lehrer sein ist wunderschön, eine solche Abwechslung hat man in keinem anderem Beruf. Wichtig für das Schulsystem sind leidenschaftliche Lehrer, die das Schulleben für Schüler und Kollegen so lebenswert machen, wie es sein sollte. Durch ein Referendariat mit anschließender Arbeitslosigkeit oder einem befristeten Arbeitsvertrag gerät das System ins Wanken. Junge, motivierte Lehrer können einiges bewegen und verändern. Wenn der Staat sie aber so behandelt, als würde man sie gar nicht brauchen, verlieren sie die Motivation. Darunter leiden dann vor allem die Schülerinnen und Schüler.

Wie es um die Lehrerarbeitslosigkeit in Niederbayern und der Oberpfalz bestellt ist, lesen Sie in "Lehrerarbeitslosigkeit - so sieht es in Ostbayern aus".