Jusos empfehlen Seminar
Böhmermann! Und jetzt? Bayerische SPD-Stimmen
2. Oktober 2019, 18:20 Uhr aktualisiert am 2. Oktober 2019, 18:12 Uhr
Prominenter Zuwachs für die krisengebeutelte SPD: als neuestes Mitglied darf man dort nun ausgerechnet TV-Satiriker Jan Böhmermann begrüßen. Er wurde im Kreisverband Anhalt-Bitterfeld aufgenommen. Böhmermann selbst ließ kürzlich verlauten, er wolle es bis an die Spitze der Partei bringen. Ob er dieses Ziel ernsthaft verfolgt oder ob auch das nur wieder ein satirischer Schachzug Böhmermanns ist, bleibt freilich abzuwarten.
Ursprünglich hätte sich der Fernsehmoderator aufgrund seines Wohnsitzes dem Kreisverband in Köln anschließen müssen. Dort gab es allerdings reichlich Gegenwind. Daher brauchte es eine Ausnahmegenehmigung. Doch wie reagiert man in Reihen der bayerischen SPD auf den neuen Genossen?
Marvin Kliem, Jusos Straubing: "Generell sehe ich Böhmermanns Parteieintritt als Weckruf. Es ist gut, dass dieser Weckruf aus der Künstlerszene kommt. Jan Böhmermann hat sich in der Vergangenheit schon als links, auch als sozialdemokratisch gesinnt dargestellt. Ich denke, dass er damit die Chance nutzen will, die SPD zu ihren Wurzeln zurückzubringen und - im positiven Sinn - ‚auf links zu ziehen'. Ich glaube, dass seine Kandidatur auf einer echten Zuneigung beruht. Ich finde auch die Entscheidung der Köthener großartig, ihn aufzunehmen. In höheren Ämtern würde ich ihn aber nicht sehen, ich bleibe da auf der Seite des Teams Saskia Esken zum Beispiel - dort ist halt auch der wirtschaftspolitische Sachverstand angesiedelt und die Themen, für die sich Jan Böhmermann wahrscheinlich nicht so sehr interessiert."
Marianne Schieder (MdB, Wahlkreis Schwandorf-Cham): "Wenn es Herr Böhmermann ernst meint, ist er herzlich willkommen. Er kann es gerne probieren, bis an die Spitze zu kommen. Ob er es ernst meint, werden wir am Ende des Tages sehen."
Florian Pronold (MdB, Wahlkreis Rottal-Inn): "Es ist schwieriger Politik als Satire zu machen. Bin gespannt, ob sich Böhmermann dieser Herausforderung stellt, oder wieder nur Klamauk macht."
Peter Stranninger, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Straubinger Stadtrat: "Wenn es Herr Böhmermann ernst meint, herzlich Willkommen! Die Sozialdemokratie ist bunt, kreative Menschen sind bei uns gut aufgehoben. Ob die SPD langfristig davon profitiert, ist schwer einzuschätzen. Es gibt aber einige gelungene Beispiele für Entertainer, die für die Sozialdemokraten angetreten sind. Stefan zum Beispiel von Erkan & Stefan, hat für den Bundestag kandidiert und ein sehr gutes Ergebnis eingefahren. Vicco von Bülow (besser bekannt als Loriot, Anm. d. Redaktion) war auch Sozialdemokrat, auch, wenn er es nicht vor sich hergetragen und nicht damit kokettiert hat. Kreative Menschen haben der Sozialdemokratie immer auch wichtige Impulse gegeben. Herr Böhmermann sollte die Kandidatur nur nicht für die eigene Publicity nutzen.
Rita Hagl-Kehl (MdB, Wahlkreis Deggendorf): "Es ist löblich, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger politisch engagieren wollen. In der SPD ist jede und jeder willkommen, die oder der sich mit den Werten der Sozialdemokratie identifiziert. Ob die Absichten von Herrn Böhmermann ernst gemeint sind, wird sich im Laufe der Zeit und an seinen Taten zeigen."
Ruth Müller (MdL, Landshut): "Die SPD hat viele Künstler und Kulturschaffende in ihren Reihen. So sind beispielsweise Roland Kaiser, Ingo Appelt oder Ottfried Fischer Mitglieder der ältesten Partei Deutschlands. Ich finde es gut, wenn sich Künstler politisch engagieren und damit deutlich machen, dass auch die Freiheit der Kunst nicht immer selbstverständlich war, und in unserer Demokratie ein Wert ist, für den es sich einzutreten lohnt."
Margit Wild, (MdL, Regensburg): "Ich freue mich über jedes aktive und engagierte Mitglied in unseren Reihen und finde es daher auch begrüßenswert, wenn Jan Böhmermann sich zu den Zielen und Werten der Sozialdemokratie öffentlich bekennt. Von Jörg Immendorf über Ottfried Fischer hin zu Bernhard Schlink hat die SPD schon immer Künstler und Intellektuelle angesprochen. Starke und bekannte Persönlichkeiten, die demonstrativ und glaubhaft für die Sozialdemokratie stehen, tragen unsere Werte weit in die Gesellschaft hinein."
Kilian Maier (Jusos Bayern Vorstandsmitglied/Landkreis Erding): "Grundsätzlich freuen wir als Jusos und Sozialdemokraten uns natürlich sehr, dass wir ein neues Mitglied gewinnen konnten - und dann auch noch so ein prominentes! Wir sind froh, dass Herr Böhmermann mit dabei ist und stellen fest, dass er sich auf jeden Fall schon sehr gut mit den Parteistrukturen auseinandergesetzt hat. Wir glauben aber, dass inhaltlich noch Einiges aufzuarbeiten ist. (...) Unser Angebot an ihn ist darum: Wir als Jusos Bayern würden ihn gerne zum Neumitglieder-Seminar einladen, in dem wir die Grundwerte der SPD vermitteln, weil das für die meisten neuen Mitglieder immer sehr erhellend ist. Dass er für den Vorsitz kandidieren will, bleibt ihm als Neumitglied natürlich offen, aber ob das dann so geschieht und vor welchem Hintergrund, wissen wir jetzt natürlich noch nicht. Das verfolgen wir sehr gespannt. Wir Jusos Bayern haben uns bereits festgelegt, wen wir bei der Kandidatur für den Parteivorsitz unterstützen werden: Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, da wir finden, dass die beiden - im Gegensatz zu Herrn Böhmermann - inhaltlich schon Einiges vorgelegt haben."