Pandemie

Corona-Abwassermonitoring ab sofort im Internet zu sehen

Abwasser ist ein aufschlussreicher Datenlieferant - auch in Sachen Corona. Bisher waren die Ergebnisse nur Experten zugänglich, jetzt werden sie veröffentlicht - auch wenn die Pandemie offiziell vorbei scheint. Doch aktuell steigen viele Werte. Unruhe löst das nicht aus.


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Eine Abwasser-Probe ist zu sehen.

Das bayerische Abwassermonitoring zur Überwachung der Corona-Pandemie ist ab sofort frei im Internet einsehbar. Auf der Internetseite können im Rahmen des Verbundprojekts Bay-VOC die Ergebnisse von aktuell 20 bayerischen Standorten online eingesehen werden. "Für unser Abwassermonitoring nutzen wir mittlerweile Abwasserdaten aus allen Regierungsbezirken Bayerns. Damit stehen wir im Bundesvergleich mit an der Spitze", sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Freitag in München. Obwohl die Werte derzeit vielerorts steigen, sind die Fachleute aber unbesorgt.

Die virologische Überwachung des Infektionsgeschehens basiere auf drei Säulen, sagte Holetschek. Dazu zählten neben dem Abwassermonitoring und der Erfassung von Atemwegserkrankungen in Arztpraxen auch die Sars-CoV-2-Infektionsdaten des Verbundprojekts Bay-VOC. Insgesamt seien dafür mehr als zwölf Millionen Euro investiert worden. "Das hilft uns nicht nur, neue Corona-Infektionswellen frühzeitig zu erkennen, sondern auch im Umgang mit anderen Viren." Das Abwassermonitoring ergänzt die etablierten Kennzahlen des Pandemiemonitorings und liefert damit zusätzliche Erkenntnisse zur Entwicklung des Infektionsgeschehens.

"Grundsätzlich lassen sich von infizierten Menschen ausgeschiedene Genfragmente von Sars-CoV-2 im Abwasser molekularbiologisch nachweisen und bis zu einem gewissen Grad in ihrer Menge bestimmen", sagte Caroline Herr, Mitglied der Amtsleitung am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Die Beprobung einzelner Standorte über einen längeren Zeitraum kann damit Hinweise auf Entwicklungen des dortigen Infektionsgeschehens und Informationen über das Vorkommen bestimmter Virusvarianten liefern.

Das Online-Dashboard ermöglicht per Klick auf einen der Standorte in der Karte den jeweiligen Trend der Sars-CoV-2-Viruslast im Abwasser und für einige Standorte auch das Verhältnis der im Abwasser zirkulierenden Sars-CoV-2-Virusvarianten. Aktuell werden die Laborergebnisse aus Altötting, Berchtesgaden, Bad Reichenhall, Piding, Teisendorf, Freilassing, Ebersberg, München, Grafing, Passau, Straubing, Weiden, Bayreuth, Hof, Erlangen, Nürnberg, Schweinfurt, Augsburg, Stadtbergen und Königsbrunn visuell dargestellt. Die Beprobung der Standorte erfolgt zweimal in der Woche, die Abwassermonitoring-Karte wird einmal wöchentlich aktualisiert.

Aktuell weist die Karte für mehr als die Hälfte der Standorte steigende Werte aus, zum Teil leicht, zum Teil auch deutlich. "Derzeit beobachten wir ein langsam ansteigendes Sars-CoV-2-Infektionsgeschehen auf einem aktuell vergleichsweise niedrigen Niveau", sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums dazu.

Diese Entwicklung komme auch wegen der aktuell niedrigen Temperaturen nicht überraschend. Mehr Aufenthalte in geschlossenen Räumen begünstigten Atemwegsinfektionen mit den aktuell zirkulierenden Erregern, auch mit dem Coronavirus. "Dieses Virus trifft diesen Winter allerdings auf eine breite Bevölkerungsimmunität." Vor diesem Hintergrund und wegen der geringeren Krankheitsschwere durch die aktuell zirkulierende Omikron-Variante habe das Robert Koch-Institut die Risikobewertung kürzlich von "hoch" auf "moderat" herabgestuft. Dennoch beobachte man die Lage natürlich weiterhin sehr genau.

Warum ist das Abwassermonitoring jetzt erst öffentlich einsehbar? Dazu sagte die Sprecherin, das aus wissenschaftlichen Pilotprojekten entstandene Verfahren habe erst etabliert werden müssen, "insbesondere das Probenahme- und Laborverfahren und die Parameter für eine standardisierte Datenerfassung für die unterschiedlichen Standorte. Dies ist jetzt so weit fortgeschritten, dass detaillierte Auswertungen und aussagekräftige Daten für die aufgeführten Standorte allgemeinverständlich grafisch dargestellt werden können."

Die interaktive Karte des Abwassermonitorings wird sukzessive um Daten weiterer Standorte erweitert. "Unser Ziel ist es, bis Mitte des Jahres 2023 das Netz der Probenentnahmestellen in Bayern noch enger zu knüpfen und weitere Daten online zur Verfügung zu stellen, so dass ein repräsentativer Überblick möglich ist", sagte Holetschek.

Die Online-Darstellung des Abwassermonitorings wurde von Bay-VOC initiiert, dem bayerischen Netzwerk zur Beobachtung und Erfassung besorgniserregender Virusvarianten ("Variants of Concern", VOC), das mit Beschluss des Ministerrats im Februar 2021 ins Leben gerufen worden war und seither eine wichtige Rolle in der Überwachung der Corona-Pandemie spielt.