Wenn Justizvollzugsbeamte "nachsitzen" müssen

Die Überstunden-Situation in Ostbayerns Gefängnissen


Die Überstunden bei den Justizvollzugsbeamten in Bayern häufen sich. Im bayernweiten Vergleich schneiden die ostbayerischen Justizvollzugsanstalten Straubing, Regensburg und Landshut allerdings gut ab. (Symbolbild)

Die Überstunden bei den Justizvollzugsbeamten in Bayern häufen sich. Im bayernweiten Vergleich schneiden die ostbayerischen Justizvollzugsanstalten Straubing, Regensburg und Landshut allerdings gut ab. (Symbolbild)

Von Matthias Jell und Redaktion idowa

37 Gefängnisse gibt es insgesamt im Freistaat Bayern. Darin sind derzeit 11.377 Häftlinge untergebracht. Für die dort angestellten Justizvollzugsbeamten häufig Arbeiten am Limit. Sowohl von der psychischen Belastungsgrenze her, aber auch in puncto Schichtdienste und Überstunden. Wenig verwunderlich also, dass eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion ans Justizministerium teils alarmierende Zahlen ergab. Doch wie ist die Situation in den drei größten ostbayerischen Gefängnissen Straubing, Regensburg und Landshut?

"Jahr für Jahr toppen die Beschäftigten im bayerischen Justizvollzug ihren Überlastungszustand. Allen Versprechen der Staatsregierung zum Trotz, sie würde die Situation lindern. Der Justizvollzug darf nicht weiter ausgepresst werden wie eine Zitrone", fand der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Rinderspacher vor wenigen Tagen deutliche Worte. Sein Lösungsansatz daher: mehr Personal. Dem SPD-Politiker geht es dabei offenkundig nicht schnell genug, denn faktisch werden immer mehr Planstellen geschaffen, aus Sicht Rinderspachers aber augenscheinlich noch nicht genug. So ergab eine idowa-Anfrage beim Bayerischen Justizministerium, dass seit dem Jahr 1990 im bayerischen Justizvollzug 1.740 zusätzliche Planstellen geschaffen wurden. Das entspricht einer Personalaufstockung von 42 Prozent.

"Überstunden bereits deutlich abgebaut"

"Allein in der vorangegangenen Legislaturperiode haben die Bayerische Staatsregierung und der Bayerische Landtag 607 neue Stellen für den bayerischen Justizvollzug geschaffen, davon 517 zusätzliche Planstellen sowie 90 zusätzliche Anwärterstellen", berichtet Regierungsdirektorin Ulrike Roider gegenüber idowa. Und eben diese zusätzlich geschaffenen Stellen hätten bereits binnen weniger Jahre Wirkung gezeigt. Roider: "Die Überstunden im bayerischen Justizvollzug konnten dadurch bereits deutlich abgebaut werden. Gegenüber dem Höchststand im Jahr 2015 konnten die Rückstände an dienstfreien Tagen um 25 Prozent reduziert werden."

Laut Roider konnten aktuell zum 1. August 2019 171 neue Probebeamte eingestellt werden. "Für den nächsten Einstellungstermin 2020 haben am 1. Februar 2019 weitere 216 Anwärter ihre Ausbildung aufgenommen", so die Regierungsdirektorin weiter. Die Kehrseite der Medaille: bis 2024 werden voraussichtlich 583 Justizvollzugsbeamte in den Ruhestand gehen.

In einigen bayerischen Gefängnissen scheint die Situation tatsächlich angespannt zu sein. Nach Ende des ersten Halbjahres 2019 haben Bayerns Justizvollzugsbeamte insgesamt 49.186 dienstfreie Tage vor sich hergeschoben. Umgerechnet auf einen Arbeitstag von acht Stunden entspricht das satten 393.488 Überstunden, und damit einer Steigerung von 1,3 Prozent seit Jahresbeginn.

Die Überstunden-Situation im direkten Vergleich

Angesichts dieser Zahlen tun sich die drei größten ostbayerischen Justizvollzugsanstalten Straubing, Regensburg und Landshut absolut positiv hervor, wie die folgende Tabelle zeigt:


 Justizvollzugsanstalt Überstunden pro Bedienstetem in Tagen
 Landshut 7,03
 Regensburg 8,72
 Straubing 7,38
 Gesamt (bayernweit) 11,29

Quelle: Bayerisches Justizministerium

Alleine 728 Häftlinge sitzen derzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Straubing ein. Für sie sind 320 Beamte des allgemeinen Vollzugsdienstes zuständig. Hinzu kommen 53 Beamte des Werkdienstes und 39 des Krankenpflegedienstes. Gearbeitet wird in der Sicherungsverwahrung der JVA Straubing über den Tag in fünf verschiedenen Schichten. "Aufgrund besonderer Anforderungen wie Ausführungen von Gefangenen, Krankenhausbewachungen oder Bewachungen von Baumaßnahmen können temporäre weitere, abweichende Diensteinteilungen für den Einzelfall notwendig sein", erklärt Anstaltsleiter Hans Jürgen Amannsberger. Zusätzlich gibt es im Werkdienst zwei Schichtmodelle und im Krankenpflegedienst wegen der Rund-um-die-Uhr-Versorgung vier Schichtmodelle.

In der JVA Regensburg muss man sich derweil seit November 2016 mit den Sanierungsmaßnahmen des Altbaus arrangieren und daraus resultierend umdisponieren. "Die Bau- und Sanierungsbereiche müssen jeweils logistisch komplett vom laufenden Anstaltsbetrieb abgekoppelt werden und bedürfen aber ebenso aus Sicherheitsgründen einer intensiven Baustellenüberwachung durch Bedienstete der Anstalt", berichtet der Regensburger Anstaltsleiter Christian Gassenharter gegenüber idowa. Anders als in der JVA Straubing hat man in der JVA Regensburg eine hohe Fluktuation der Gefangenen zu verzeichnen. Gassenharter: "Das resultiert aus unserer Zuständigkeit für Untersuchungshaft und kurze Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr."

Letzteres bedeutet aber auch ein ständiges Kommen und Gehen. Jährlich circa 1.000 Personen oder mehr werden dadurch in der JVA Regensburg als Gefangene betreut, versorgt, behandelt und bewacht. Zur besseren Einordnung dieser Zahl: wegen der Sanierungsmaßnahmen verfügt die JVA Regensburg aktuell nur über 133 Haftplätze. Nach dem kompletten Umbau soll die Kapazität auf bis zu 300 Plätze steigen.

Lediglich drei verschiedene Schichten sind dagegen in der JVA Landshut notwendig. Dort sind 150 Beamte im allgemeinen Justizvollzugsdienst beschäftigt. Die drei Schichten erstrecken sich über den ganzen Tag. "In der JVA Landshut muss wie in allen Justizvollzugsanstalten der Anstaltsbetrieb unter Gewährleistung von Sicherheit, Betreuung, Versorgung und Behandlung der Gefangenen rund um die Uhr sichergestellt sein", erklärt Anstaltsleiter Andreas Stoiber.