Bayern
Dieselverbot kommt 2023 in München: "Die Stadt muss kontrollieren"
10. Januar 2023, 18:06 Uhr aktualisiert am 10. Januar 2023, 18:06 Uhr
Für Autofahrer mit einem älteren Diesel beginnt das Jahr mit einer Entscheidung. Verkaufen? Verschrotten? Nachrüsten? Oder das Geld lieber in ein neues Auto stecken? Oder sich das sparen und doch in den ÖPNV vertrauen?
Schon ab 1. Februar treten in München Dieselfahrverbote in Kraft. Die Stadt führt sie ein, weil München seit 13 Jahren die Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschreitet. Dies ist laut Bundesumweltamt ein ätzendes Reizgas, das den gesamten Atemtrakt schädigt. Um eine Klage abzuwenden, einigte sich die Stadt mit der Deutschen Umwelthilfe und dem Verkehrsclub VCD auf einen Stufenplan.
In der ersten Stufe, die ab 1. Februar greift, dürfen Autos mit den Abgasnormen Euro 4 und schlechter nicht mehr in der Innenstadt und auf dem Mittleren Ring fahren. Lieferverkehr und Anwohner sind zunächst ausgenommen.
Im Oktober tritt dann die zweite Stufe in Kraft: Dann dürfen auch Euro-5-Diesel (außer die von Anwohnern und Lieferanten) nicht mehr ins Zentrum fahren. Wenn bis April 2024 die Grenzwerte für Stickoxid in München immer noch zu hoch sind, entfallen die pauschalen Ausnahmen für Anwohner.
In allen Stufen ist es möglich, Ausnahmen zu beantragen. Zum Beispiel, wenn man für seinen Schichtdienst oder für regelmäßige Arztbesuche in die Stadt muss und dafür nicht den ÖPNV nehmen kann. Auch, wer Veranstaltungen mit Technik beliefert, kann eine Ausnahme beantragen. Dafür müssen die Dieselfahrer einen Antrag beim Kreisverwaltungsreferat stellen. Die Behörde arbeitet gerade noch daran, die Formulare auf der Webseite zugänglich zu machen. Bald soll es aber so weit sein.
Kurz vor Weihnachten hat der Stadtrat weitere Ausnahmen beschlossen: Alle Fahrzeuge sollen die Isar an der Brudermühlbrücke queren können. Durch Beschilderung soll ermöglicht werden, dass Verkehr von der östlichen Seite der Brudermühlbrücke durch den Tunnel bis zur B11 (Plinganserstraße) geleitet wird.
Grund dafür ist, dass ansonsten wohl zu viele Autofahrer über die Thalkirchner Brücke fahren würden. Denn sie ist die nächste Brücke, die nicht innerhalb der Umweltzone liegt. Doch das Gewicht, mit der sie belastet werden darf, ist begrenzt.
Außerdem soll die Verwaltung mit den Klägern aushandeln, dass eine Ausnahme für den Heckenstallertunnel und Luise-Kiesselbach-Tunnel nachträglich geschaffen wird. Ansonsten müssten Pendler, die von Rosenheim Richtung Augsburg fahren, entweder einen 44 Kilometer langen Umweg über die A99 Nord fahren oder sie würden auf Wohnstraßen ausweichen, erklärt der Verkehrsexperte der SPD Nikolaus Gradl das Problem.
Ob die Umwelthilfe dem aber zustimmt, ist noch nicht klar. Deren Geschäftsführer Jürgen Resch sagt, dass die Folgen erst genau berechnet werden müssten.
Zufrieden ist er mit dem Kompromiss, den die Stadt mit der Umwelthilfe schloss, nicht. Schließlich, sagt Resch, hätte das Verbot schon vor über zehn Jahren kommen müssen. "Die Verhandlungen mit der Stadt waren hart." Dass das Verbot im Februar und nicht gleich zum Jahresbeginn in Kraft tritt, dass es einen Stufenplan gibt, habe er "zähneknirschend" in Kauf genommen - auch, um einen Prozess zu vermeiden, der sich, schätzt Resch, womöglich zwei Jahre hingezogen hätte.
Der Umweltschützer erwartet nun von der Stadt, dass sie ab Februar das Verbot kontrolliert. "Ansonsten werden wir bei der Verwaltung vorstellig werden", sagt Resch. Auch mit eigenen Kontrolleuren will die Umwelthilfe unterwegs sein. Theoretisch, meint Resch, könnte die Stadt auch, wenn ein Fahrzeug geblitzt wird oder über eine rote Ampel fährt, feststellen, ob seine Abgasnorm zulässig ist.
Allerdings ist laut Umweltreferat eine automatisierte Kontrolle nicht vorgesehen. Stattdessen wird die Stadt nur stichprobenartig kontrollieren. Zum Beispiel wird die kommunale Verkehrsüberwachung, die die parkenden Autos kontrolliert, telefonische Einzelabfragungen durchführen. Auch bei Geschwindigkeitsüberschreitungen könne es stichprobenartige Kontrollen geben. Die Stadt steht bereits mit der Polizei in Kontakt, entsprechende Aktionstage durchzuführen. Bei Verstößen muss man ein Bußgeld von 100 Euro zahlen.