Das sagen Schulleiter aus der Region

Freiwillig sitzenbleiben: Sinnvoll oder der falsche Weg?


Sollten Schüler wegen der Coronakrise eher erwägen, das Schuljahr freiwillig zu wiederholen? Dazu gehen die Meinungen unter Lehrern auseinander. (Symbolbild)

Sollten Schüler wegen der Coronakrise eher erwägen, das Schuljahr freiwillig zu wiederholen? Dazu gehen die Meinungen unter Lehrern auseinander. (Symbolbild)

Mit einem bemerkenswerten Vorschlag hat der Deutsche Lehrerverband (DLV) eine Diskussion über Schulleistungen während der Corona-Krise angestoßen. Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger rät Schülern mit eher schlechten Leistungen, das Schuljahr freiwillig zu wiederholen. Sein Vorschlag kommt nicht überall gut an.

Meidinger ist selbst Schulleiter des Robert-Koch-Gymnasiums in Deggendorf. Sein Rat: Schüler mit schlechten Leistungen sollten wegen der Corona-Krise lieber freiwillig die Klasse wiederholen anstatt "mit massiven Wissenslücken" ins nächste Schuljahr zu starten. Diese Empfehlung will er aber nur für jene Schüler verstanden wissen, bei denen "bereits vor Corona solche Leistungsdefizite feststellbar waren, dass ein Erreichen des Klassenziels unwahrscheinlich gewesen wäre", wie er der Bild-Zeitung (Montag) sagte. Das freiwillige Wiederholen hätte laut Meidinger den Vorteil, dass es in vielen Bundesländern nicht als Pflichtwiederholung gewertet wird. Gleichzeitig fordert er großzügige Versetzungsregeln: "Weil ja ansonsten Schülern, die sitzenzubleiben drohen, die Chance genommen wird, sich zu verbessern und das Klassenziel noch zu erreichen."

Piazolo: "Der Vorschlag kommt zur Unzeit"

Meidingers Vorschlag stößt deutschlandweit sowohl auf Zustimmung als auch Kritik. Zumindest im bayerischen Kultusministerium überwiegt dabei die Kritik: "Der Vorschlag von Herrn Meidinger kommt zur Unzeit und geht in die falsche Richtung", sagt Kultusminister Michael Piazolo. "Derzeit geht es um die Frage, ab wann und wie der Unterricht an den bayerischen Schulen wieder aufgenommen werden kann. Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler dieses Schuljahr unter fairen Bedingungen abschließen können." Dafür würden Lehrer die Schüler "dort abholen, wo sie stehen und sie dabei unterstützen, die erforderlichen Lernziele zu erreichen."

Auch Schulen aus der Region bewerten den Vorstoß unterschiedlich. Dr. Eva Huller, Leiterin des Anton-Bruckner-Gymnasiums in Straubing, betont: "Das freiwillige Wiederholen einer Jahrgangsstufe ist in den bayerischen Schulordnungen fest verankert. Es bedeutet, dass die Schüler nicht Pflichtwiederholer sind, die dann bei weiteren Misserfolgen in den Folgejahren von der Gefahr der Abweisung vom Gymnasium oder der Realschule bedroht wären." Diese Möglichkeit gebe es aber nicht in allen Bundesländern. Meidingers Vorschlag sei deswegen so zu verstehen, dass er allen Schülern und Lehrern in Deutschland diese Möglichkeit - zumindest für dieses Schuljahr - bieten wolle. Und das sei grundsätzlich positiv. "So können Schüler ihre Lücken, die zu umfangreich sind, als dass sie durch Förderangebote oder Nutzung der Ferien geschlossen werden könnten, in Ruhe aufarbeiten, ohne damit schulrechtlich in Gefahr zu kommen",erklärt Huller. Natürlich sollte diese Entscheidung aber nicht leichtfertig, sondern immer nur nach intensiver Beratung sowohl der Schüler als auch der Eltern getroffen werden.

Schulen bewerten den Vorstoß unterschiedlich

Irmgard Jabornitzky, Leiterin der Mittelschule St. Martin in Deggendorf, neigt dagegen eher zur Sichtweise des Kultusministeriums: "Momentan gibt es für Schulen sicherlich andere Sorgen", sagt sie. Gerade an der Mittelschule sei die Lage schwierig, da die Schüler im M-Zug teilweise schon ihren weiteren Bildungsweg gewählt hätten. Oberstes Ziel müsse es deswegen sein, sicherzustellen, dass sie ihren Abschluss auch schaffen und möglichst wenige Schüler durchfallen. "Sonst müssen sie ja ohnehin wiederholen", so die Schulleiterin.

Sabine Welzenbach, die Leiterin der Staatlichen Realschule Landshut, will in der Diskussion zunächst die weiteren politische Entscheidung, insbesondere die des Kultusministeriums, abwarten. "Alles andere wären Spekulationen ins Ungewisse", sagt sie. Und ergänzt: "Wir an der Staatlichen Realschule Landshut werden jedenfalls unser Bestes geben, die Schüler auch nach dem digitalen Unterricht zuhause, dort abzuholen, wo wir vor der Schulschließung stehen geblieben sind."