Gleichstellung
Grüne wollen 50 Prozent Frauen im Landtag
17. Februar 2023, 12:13 Uhr aktualisiert am 17. Februar 2023, 15:03 Uhr
Die Landtags-Grünen starten einen neuen Vorstoß, mit einer Änderung des Wahlrechts und der Bayerischen Verfassung den Frauenanteil im bayerischen Landtag deutlich zu steigern - nämlich von heute lediglich 27 auf 50 Prozent. Sowohl Direkt- als auch Listenmandate sollen demnach jeweils zur Hälfte an Frauen und Männer vergeben werden. Zudem wollen die Grünen in der Bayerischen Verfassung verankern, dass die Hälfte der Kabinettsmitglieder weiblich sein muss. Den entsprechenden Gesetzentwurf stellte die Fraktion am Freitag in München vor - samt Rechtsgutachten: Die neue Zuteilungsregelung sei "ohne Frage verfassungskonform" und würde jeder Überprüfung standhalten, sagte die Juristin Silke Laskowski.
"Wir kämpfen für echte Gleichberechtigung im Parlament und im Kabinett, sagte Fraktionschefin Katharina Schulze. "Frauen sind die Hälfte der Gesellschaft, es ist endlich an der Zeit, dass sie entsprechend ihres Bevölkerungsanteils an den politischen Entscheidungen beteiligt werden." Freiwilligkeit alleine reiche nicht aus. "Es braucht eine Änderung im Wahlrecht, denn ich möchte nicht weitere 100 Jahre auf Parität in den Parlamenten warten", sagte sie.
Tatsächlich ist der Frauenanteil im Landtag bei der vergangenen Wahl weiter zurückgegangen. Bayern sei damit das Bundesland mit dem niedrigsten Frauenanteil im Parlament, kritisierte Schulze. Die frauenpolitische Sprecherin Eva Lettenbauer forderte, man müsse den über sechs Millionen Frauen in Bayern die Hälfte der Macht zusichern.
Konkret schlagen die Grünen vor, dass zwei bestehende Stimmkreise zu einem zusammengefasst werden - statt 91 würde es am Ende noch 44 Stimmkreise geben. Je neuem, größerem Stimmkreis soll dann ein "Stimmkreis-Duo" direkt in den Landtag gewählt werden, bestehend aus einer Frau und einem Mann - die nicht zwingend derselben Partei angehören müssen. Die Listenmandate sollen anschließend abwechselnd auf Frauen und Männer verteilt werden. Die Sitze sollen also abwechselnd an die Kandidatin mit den meisten Stimmen und dann an den Kandidaten mit den meisten Stimmen vergeben werden, und so weiter.
Das würde bedeuten, dass jede Wählerin und jeder Wähler künftig drei Stimmen hätte: eine für eine weibliche Stimmkreiskandidatin, eine für einen männlichen Kandidaten - und wie bisher eine Zweitstimme.
Die Rechtsprofessorin Laskowski, die auch Mitglied der Wahlrechtskommission des Bundestags ist, hält die Vorschläge allesamt für verfassungskonform. Eine paritätische Änderung des bayerischen Wahlrechts sei im Rahmen der geltenden Bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes "in verfassungskonformer, grundgesetzkonformer Weise möglich und zudem geboten", heißt es in ihrem Gutachten. Eine Änderung der Bayerischen Verfassung wäre laut Laskowski nicht einmal zwingend notwendig, "sie könnte aber zur Klarstellung beitragen". Das streben die Grünen auch an - auch wenn die Hürden höher sind: Für eine Verfassungsänderung wäre - nach einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag - die Zustimmung der Bevölkerung per Volksentscheid nötig.
Der neue Grünen-Vorschlag ist laut Laskowski nicht vergleichbar mit einstigen Regelungen wie in Thüringen oder Brandenburg, die inzwischen von den dortigen Verfassungsgerichten gekippt wurden. Beide Gesetze enthielten Regelungen, die die Parteien zu paritätisch besetzten Wahlvorschlagslisten verpflichteten. Die bayerischen Grünen wollen nun die Sitzzuteilung nach der Wahl ändern.
Staatskanzleichef Florian Herrmann nannte diesen neuen Vorschlag "verfassungswidrigen Unsinn". "Den Grünen gehen offenbar die Ideen aus, wenn sie jetzt schon an der Verfassung herumdoktern wollen mit einem Konzept, das unser hochdemokratisches bayerisches Landtagswahlrecht aushöhlt und die Bürgerbeteiligung einschränkt", sagte der CSU-Politiker. "In einer Demokratie müssen Wahlen allgemein, unmittelbar, gleich, frei, geheim - und für alle klar und verständlich sein. Das sollten auch die Grünen wissen."
In den vergangenen Jahren waren bereits mehrere Oppositionsvorschläge im Landtag gescheitert, die eine höhere Frauenquote zum Ziel hatten.