Corona im Grenzgebiet
Infektionslage zwischen Cham und Tschechien
11. März 2021, 11:26 Uhr aktualisiert am 3. April 2023, 8:17 Uhr
Tschechien ist seit Weihnachten stark gebeutelt von der Corona-Pandemie. Recht flott eingeführte Grenzkontrollen, recht liberale Haltung zu Masken und Erkrankte, die mit dem Hubschrauber verlegt werden - darüber haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten berichtet.
Nach dem entspannten Sommer 2020 heißt es in Tschechien im Dezember zunächst: Lockerungen kommen. Während in Bayern die Beschränkungen verschärft werden, dürfen in Tschechien Geschäfte und Restaurants wieder öffnen. Auch Besuche in sozialen Einrichtungen werden unter Hygiene-Auflagen erlaubt. Schon damals reagieren einige Gesundheits-Experten nervös - denn sie befürchten, dass die Lockerungen zu früh kommen.
Obwohl nach den Lockerungen die Corona-Zahlen in Tschechien wieder steigen, entscheiden die Verantwortlichen, rasend schnell von null auf hundert zu fahren: In Pilsen startet ein Weihnachtsmarkt.
Die Entscheidung vom Nikolaustag aber bleibt nicht folgenlos. Kurz vor Heiligabend heißt es: Mutationen und steigende Zahlen in Tschechien. Trotzdem läuft der Weihnachtsmarkt mit 80 Ständen weiter. Prag reagiert. Das Nachbarland zieht die Zügel deutlich an: Nach einem Sonntag mit der höchsten Fallzahl seit sechs Wochen gilt in Tschechien höchste Corona-Risikostufe. Skigebiete werden geschlossen, Märkte geräumt. Experten bewerten die Kommunikation der Regierung während der Pandemie als gescheitert. Das Ende der Entwicklung aber ist noch nicht erreicht.
An Silvester meldet die Region Domazlice 780 Infizierte - die Corona-Lage spitzt sich zu. Vorsichtigen Optimismus löst die Meldung aus, dass der Risikoindex fällt - von der höchsten auf die zweithöchste Stufe. Beginnt der Lockdown zu wirken? Doch die schlechten Nachrichten reißen nicht ab: ein Rücktritt nach einem Impf-Skandal, eine Datenpanne des Gesundheitsministeriums. Bei einer Beerdigung infizieren sich 15 Trauergäste, sechs sterben.
Zwar verbessern sich die Zahlen in Gesamt-Tschechien etwas. Premier Andrej Babis verkündet wieder erste Lockerungen. Allerdings sieht es in der Grenzregion Domazlice weniger gut aus: Patienten, die wegen einer Corona-Erkrankung in den Kliniken in Pilsen oder in Domažlice behandelt werden, berichten, dass in der Nacht so oft Patienten eingeliefert würden, dass sie nicht zum Schlafen kämen.
Doch einige sind unbelehrbar: Am Faschingssamstag will der Faschingspräsident Jiří Anderle trotz der alarmierenden Corona-Zahlen in Tschechien einen Faschingsumzug durchführe. Die Polizei verbietet die Veranstaltung.
Das Nachbarland bekommt die Lage nicht in den Griff. Eine WHO-Studie stellt Tschechien kein gutes Zeugnis aus. Fast die Hälfte der mit Corona infizierten Tschechen bleiben der Studie zufolge nicht zu Hause. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagt: "Sollte Tschechien nicht in der Lage sein, seine Notmaßnahmen zu verlängern, dann muss auch klar sein, dass Tschechien ein Mutationsgebiet ist und dann muss auch die Grenzschließung ein Thema sein."
Die Behörden im Nachbarland ziehen schließlich klare Linien: Die Bürger von Domazlice dürfen ab März die Grenzen ihrer Heimatstadt oder der Ortsteile nicht mehr überschreiten. Freiheit endet an der Stadtgrenze.
Das scheint zu spät: Schon da kann das Krankenhaus Domazlice, kurz zuvor zum Corona-Hospital umfunktioniert, keine weiteren Covid-19-Patienten mehr aufnehmen. Siewerden nach Prag gebracht. Hubschrauber verlegen Covid-Patienten nach Südböhmen.
Eine Reporterin der Tauser Tageszeitung macht sich Mitte März selbst ein Bild vom Zustand in den Krankenhäusern. Ihr Bericht lässt einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
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