Nationalsozialismus

"Inside Pogromnacht" - Naziterror als virtuelle Realität


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Das interaktive Projekt «Inside Pogromnacht» gibt Einblicke in die Geschehnisse rund um die Novemberpogrome von 1938, bei denen Nationalsozialisten Synagogen anzündeten, jüdische Geschäfte zerstörten und Tausende Jüdinnen und Juden angriffen.

Von dpa

Die Schrecken der Novemberpogrome von 1938 und deren Nachwirkungen sind nun mit Hilfe der virtuellen Realität nachvollziehbar. "Inside Pogromnacht" nennt sich das mit Unterstützung der jüdischen Claims Conference entstandene Projekt, in dem die 92-Jährige Holocaust-Zeitzeugin Charlotte Knobloch aus München Einblicke in ihre Erfahrungen mit nationalsozialistischer Gewalt gibt. Damit wolle man die Gefahren unkontrollierten Hasses verdeutlichen zu einer Zeit, in der Antisemitismus auf einem Höchststand sei, teilte die Claims Conference in New York mit. Hasserfüllte Worte hätten damals hasserfüllte Taten nach sich gezogen.

Das Projekt ist in vier Kapitel unterteilt - in "Bevor", "Die Zerstörung", "Danach" und "Wiederaufbau". Historische Fotos und Videos zeigen jüdisches Leben - anfangs fröhlich mit Familie und Kindern am Strand oder beim Rodeln, später bedrückend und erschreckend. Eingebettet ist alles in die handgezeichnete Welt Charlotte Knoblochs, die damals die Pogrome und deren Auswirkungen miterlebte und nun ihre Erinnerungen schildert. Zudem beantwortet sie Fragen, die Nutzerinnen und Nutzer interaktiv stellen können. Hinzu kommen historische Informationen über die Verfolgung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden in Europa. Zu erleben sein soll es in Museen und Filmfestivals, auch Bildungsmaterialien für Schulen würden entwickelt. Auch am Computer kann man sich durchklicken.

Knobloch ist froh über die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Terror auf diese Weise an die junge Generation weitergeben zu können. Von Jahr zu Jahr gebe es immer weniger Überlebende, die ihre Erinnerungen teilen könnten, sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Das Projekt gebe ihr Hoffnung, dass diese Erfahrungen in der Zukunft nicht verloren sein werden.

Sie selbst erlebte die Schrecken der Pogrome als Sechsjährige. Am 9. November 1938 eilte sie an der Hand ihres Vaters, des Rechtsanwalts Fritz Neuland, durch München, auf der Flucht vor marodierenden NS-Schergen, die in dieser Nacht jüdische Geschäfte verwüsteten und plünderten, die Synagoge in Brand setzen und Tausende Jüdinnen und Juden gefangen nahmen, verschleppten und misshandelten. Sie überlebte dank einer Bekannten, die sie 1942 auf den Hof ihrer Eltern in Mittelfranken nahm und dort als ihre uneheliche Tochter ausgab. Ihre Großmutter wurde in Theresienstadt ermordet, ihr Vater Fritz Neuland überlebte. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Familie in München. Seit 1985 ist Knobloch dort Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und war einige Jahre lang auch Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.


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