Krankenhäuser unter Druck

Krankenhausgesellschaft: "Keine Bestandsgarantien"


Sieht im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern positive Ansätze, aber auch Anlass für Kritik: Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG).

Sieht im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern positive Ansätze, aber auch Anlass für Kritik: Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG).

Von Stefan Karl

Der Betrieb kleiner Krankenhäuser stellt Kommunen und Landkreise als Träger vor Herausforderungen. Die Defizite wachsen und müssen vielerorts durch Finanzspritzen aus Steuermitteln ausgeglichen werden.

Eine neue Versorgungsplanung, wie sie die Koalition aus CSU und Freien Wählern jetzt laut Koalitionsvertrag angehen will, könnte die Lage entschärfen, sagt die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) - ob alle derzeitigen Standorte auch zu halten sein werden, sei aber dennoch nicht sicher. Wir haben darüber mit Siegfried Hasenbein, dem Geschäftsführer der BKG, gesprochen.

Nach eigenen Angaben sieht die Bayerische Krankenhausgesellschaft den Koalitionsvertrag mit gemischten Gefühlen. Aus welchem Grund ist das so?

Siegfried Hasenbein: Wir bewerten positiv, dass man Krankenhäuser bei der Entwicklung von Struktur- und Nutzungskonzepten unterstützen will. Wir halten das für dringend notwendig, weil wir in Bayern eine problematische Krankenhausstruktur haben, wie in keinem anderen Bundesland. Das ist bei uns historisch gewachsen, dass wir sehr viele kleine Krankenhäuser haben.

Wo hakt's? Sind die Patienten zu wenig oder die Vergütungen pro Patient zu gering?

Siegfried Hasenbein: Die Zahl der Patienten ist bei den meisten Krankenhäusern sogar steigend. Das Problem ist: Die Anforderungen und Vorgaben nehmen für alle Krankenhäuser deutlich zu. Für die kleinen Krankenhäuser sind sie schwerer zu erfüllen. Man spricht da von Strukturvorgaben - wie muss ein Krankenhaus baulich, apparativ und personell ausgestattet sein, wenn es bestimmte Behandlungen vornimmt. Bei den kleinen Häusern sind die geforderte Menge und Qualifikation des Personals schwer zu erfüllen. Das Verhältnis zu den Fallzahlen ist dann ungünstiger. Ein anderer Faktor sind die Mindestmengenvorschriften. Für immer mehr Krankenhausbehandlungen gibt es Mindestmengen, die man erfüllen muss, andernfalls darf man die Leistung nicht mehr durchführen, beziehungsweise: sie wird dann nicht mehr bezahlt.

"Die Probleme werden jetzt sichtbar"

Das Krankenhausstrukturgesetz ist mittlerweile seit drei Jahren in Kraft. Warum zeigen sich erst jetzt diese Auswirkungen?

Siegfried Hasenbein: So etwas passiert nie von einem Tag auf den anderen. Jetzt beginnen diese Reformen zu wirken und da werden diese Probleme eben sichtbar.

Um ein Krankenhaus dennoch auf der schwarzen Null zu halten, werden verschiedene Modelle angeführt. Eines davon heißt Spezialisierung. Eine oder mehrere besonders renommierte Fachabteilungen, die den restlichen Betrieb quer finanzieren. Ist das ein gangbarer Weg?

Siegfried Hasenbein: Spezialisierung oder Zentrenbildung sind ein richtiger Trend. Wenn ich ein Zentrum habe, kann ich dort Know-How, Kompetenz und die entsprechende Ausstattung bündeln. Gleichzeitig kann ich die Leistung deutlich wirtschaftlicher erbringen, weil ich dann auch ein entsprechendes Patientenaufkommen habe. Solche Zentren kann man natürlich nicht an jedem Krankenhaus bilden. Das geht nur, wenn einzelne Krankenhäuser sich von bestimmten Behandlungsbereichen trennen und die woanders zentralisieren.

Lesen Sie im zweiten Teil unseres Interviews, welche Lösungen die Bayerische Krankenhausgesellschaft von der Politik fordert.

Krankenhaussterben im ländlichen Raum?

Mit dem Blick auf die Region Ostbayern: Der Zusammenschluss des Donau-Isar-Klinikums scheint recht gut zu funktionieren. Schwieriger ist es bei den Kreiskliniken Bogen-Mallersdorf. Ist es im Schatten des Regensburger Klinikums überhaupt möglich, ein solches Zentrum, wie von Ihnen angesprochen, zu bilden?

Siegfried Hasenbein: Wir haben in Bayern das Prinzip der gestuften Krankenhausversorgung. Die Aufgabe der Landkreise ist dabei in aller Regel, die Grundversorgung sicherzustellen. In Ballungsräumen sind dann die Schwerpunkte und die Maximalversorger. Es ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll, dass Kreiskrankenhäuser solche Schwerpunktkrankenhäuser überholen.

Spezialiserung und Zentrenbildung

Aber Voraussetzung dafür wäre doch, etwas Besonderes anzubieten oder etwas in besonders guter Qualität anzubieten…

Siegfried Hasenbein: Was wir brauchen ist die Planung einer Krankenhausstruktur, bei der festgestellt wird, in welchen räumlichen Abständen eine Krankenhausversorgung vorgehalten werden muss. Das muss man für jede Region entscheiden. Wenn ich dieses Netz geknüpft habe, muss ich sicherstellen, dass diese Krankenhäuser ausreichend finanziert sind. Im Koalitionsvertrag ist das alles sehr vage ausgedrückt.

Ein bisschen klingt aber durch, dass bestimmte Standorte nicht zu halten sein könnten…

Siegfried Hasenbein: Das kann man nicht ausschließen. Das muss man ehrlicherweise auch sagen. Bei den sich sehr rasant entwickelnden Vorgaben und Rahmenbedingungen kann niemand eine Garantie für jeden einzelnen Krankenhausstandort zusichern. Ich glaube zwar nicht, dass es zu einem großen Krankenhaussterben kommen wird, aber man kann auch nicht für jeden Standort eine Bestandsgarantie aussprechen.

Die Landespolitik verweist gerne auf Bundesgesetze und die Zuständigkeit des Bundes, wenn es um Fragen des Gesundheitssystems geht…

Siegfried Hasenbein: Bundesweit werden die Regelungen getroffen für Qualitätsvorgaben und für die Finanzierung der Betriebskosten. Die Landesebene ist zuständig für die Krankenhausplanung. Also für die Frage, welche Krankenhausstruktur halten wir vor, welche ist bedarfsgerecht? Und natürlich auch für die Investitionsplanung. Dass die Krankenhäuser unter wirtschaftlichem Druck und wirtschaftlicher Not leiden hat schon sehr viel mit der Bundesebene zu tun, weil von dort eben diese Rahmenbedingungen formuliert werden und auch die Betriebskostenfinanzierung geregelt wird. Aber: Es hat natürlich auch etwas mit der Krankenhausstruktur im Lande zu tun.