Coronakrise

Leere Betten, keine Gäste: Kurorte in Existenznot


Das Außenbecken der Europatherme in Bad Füssing. Wo sich normalerweise viele Menschen tummeln, herrscht momentan gähnende Leere. Und so wie Bad Füssing geht es den meisten Kurorten im Freistaat.

Das Außenbecken der Europatherme in Bad Füssing. Wo sich normalerweise viele Menschen tummeln, herrscht momentan gähnende Leere. Und so wie Bad Füssing geht es den meisten Kurorten im Freistaat.

Geschlossene Geschäfte, Kurzarbeit, Soforthilfen: Die Coronakrise hat die Wirtschaft im Freistaat schwer getroffen. Vor allem für Kurorte und Heilbäder, die besonders auf Tourismus-Einnahmen angewiesen sind, droht die momentane Lage zur finanziellen Zerreißprobe zu werden. Vier Stimmen aus der Region.

Alois Brundobler, der Bürgermeister von Bad Füssing, hat bereits Anfang April mit einem flammenden Appell Alarm geschlagen. Mit knapp 2,4 Millionen Übernachtungen pro Jahr gehört Bad Füssing im Landkreis Passau zu den beliebtesten Kurorten nicht nur in Bayern, sondern auch in Deutschland. Dementsprechend stark ist Bad Füssing auch wirtschaftlich aufgestellt: Normalerweise werden mit dem Kurbetrieb rund 450 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaftet. Betonung auf "normalerweise". In der aktuellen Situation sind die Einnahmen nahezu auf Null zurückgegangen. Wegen der Coronakrise bleiben die Betten und Bäder leer, während die Kosten, um die Infrastruktur zu erhalten, weiter laufen.

Jetzt steht alles still

"Für Bad Füssing entwickelt sich die Corona-Krise zur finanziellen Katastrophe", so Brundobler. Etwa 4.500 Arbeitsplätze würden direkt von dem Kurbetrieb abhängen, dazu kämen noch tausende weitere in Zulieferbetrieben. "Jetzt steht alles still", beklagt der Bürgermeister. Da Bad Füssing in besonderem Maße vom Tourismus abhängig ist, ist die Gemeinde nun auch besonders hart von der Krise getroffen. Das werde bei der Verteilung von staatlichen Fördermitteln bislang aber nicht berücksichtigt, beklagt Brundobler. Er würde sich wünschen, dass der besonderen Belastungsituation von Kurorten und Heilbädern hier mehr Rechnung getragen wird. "Damit die Heilbäder ihre Aufgabe als wichtige Bausteine im deutschen Gesundheitssystem auch künftig erfüllen können, brauchen wir ein klares Bekenntnis der Bayerischen Staatsregierung zur Bedeutung der Heilbäder für die bayerische Wirtschafts- und Gesundheitspolitik. Wir brauchen vor allem schnelle Liquidität und langfristig eine der Sonderrolle der Kurorte angemessene Anpassung der Schlüsselzuweisungen", so der Bürgermeister.

Viele Arbeitsplätze hängen am Kurbetrieb

Mit dieser Meinung steht Brundobler nicht alleine da. Auch Markus Hofmann, Bürgermeister von Bad Kötzting (Landkreis Cham), findet, dass für Kurorte und Heilbäder "ein anderer Maßstab angesetzt werden" sollte. Bad Kötzting sei ebenfalls in besonderem Maße von der Pandemie betroffen. "Der Tourismus sowie der Kur- und Klinikbetrieb ruhen komplett. Diese Bereiche sind natürlich bedeutende Eckpfeiler im wirtschaftlichen Gesamtgefüge der Stadt", so Hofmann. Es gehe dabei auch nicht nur um die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe, sondern auch um alle anderen Leistungsträger im Kur- und Gesundheitswesen. Von einer finanziellen Krise will Hofmann aber (noch) nicht sprechen. "Natürlich planen wir derzeit auch vorsichtig unter Annahme von großen Ausfällen. Von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sind wir, denke ich, jedoch noch weit entfernt", so der Bürgermeister.

Auch in Bad Abbach (Landkreis Kelheim) zeichnet sich ein ähnliches Bild: "Die Einschränkungen im Übernachtungs- und Gastronomiesektor und im Klinikbereich, aber auch die Schließung der Kaiser-Therme, werden Bad Abbach massiv wirtschaftlich treffen", so Tilmann Kaiser, der Leiter der Kurverwaltung. "Es geht hier nicht nur um entgangene Steuereinnahmen, sondern auch um Arbeitsplätze vor Ort, die durch mögliche Betriebsschließungen auch langfristig verloren gehen könnten." In der Gemeinde sind es knapp 130 Vollzeitarbeitsplätze, die direkt mit dem Kurbetrieb zusammenhängen. Tatsächlich sind aber noch viele weitere (darunter auch die über 600 Mitarbeiter der Rehaklinik) indirekt davon abhängig. Hier eine genaue Aussage zu treffen, ist laut Kaiser schwierig.

Im Tourismus kann man nicht "aufholen"

Im nahen Bad Gögging (ebenfalls Landkreis Kelheim) übernachten laut Tourismus-Managerin Astrid Rundler knapp 54 Prozent aller Touristen, die ihren Urlaub im Landkreis verbringen. Das spült jährlich etwa 60 Millionen Euro in die Kassen, über 2.000 Arbeitsplätze sind vom Tourismus abhängig oder hängen damit zusammen. "Das ist momentan alles auf Null. Da kann man sich den Schaden ausrechnen", so Rundler. Sie ist überzeugt: "Die Corona-Krise wird jeden Kurort und die Branchen dort hart treffen." Was sie derzeit besonders ärgert, sind gut gemeinte Ratschläge aus der Politik, den finanziellen Verlust zu einem späteren Zeitpunkt "aufholen" zu können: "Im Tourismus kann man nicht aufholen. Ein Bett, das leer bleibt, bleibt leer. Ich kann es deswegen ja nicht später an zwei Leute gleichzeitig vergeben."