Bayern
Münchens OB Dieter Reiter im Wahlkampf-Modus: "Wir müssen öfter sagen: Das brauchen wir nicht"
15. Februar 2023, 17:29 Uhr aktualisiert am 15. Februar 2023, 17:29 Uhr
München - Besonders rund läuft es im Rathaus momentan nicht. Diesel-Verbot, Gasteig-Sanierung, Stammstrecke - und jetzt zieht sich wohl auch die Tram-Westtangente länger hin (siehe Seite 6i). Doch ausgerechnet einem scheint all das keine Falten auf die Stirn zu treiben: dem Chef dieses Rathauses Dieter Reiter (SPD).
Gestern war er Gast im Presseclub, bestens gelaunt. Vielleicht hat für ihn schon der Wahlkampf begonnen. Reiter betonte nämlich mal wieder, dass er OB bleiben will - weil er viel Spaß in seinem Amt hat. Auf dem Weg vom Rathaus zum Stammtisch müsse er schon mal drei Selfies machen, erzählte er.
Auch mehrere Schuldige (zu denen er selbst nicht gehört) hat Reiter für die stockenden Baustellen ausgemacht. Problem 1: die Bürokratie, die einem Berlin aufbrummt. Bei großen Bauvorhaben müssen Kommunen ein Planfeststellungsverfahren durchführen. Doch das könne sich zehn, 15 Jahre hinziehen, weil Kommunen Tausende Einwände von Bürgern und Organisationen einarbeiten müssen. Das verschlinge Milliarden. "Da müssen wir uns was überlegen, sonst können wir kein Projekt mehr im Zeitplan umsetzen."
Problem Nummer 2 liegt für Reiter in München, und zwar in seinem Stadtrat: Der sei viel zu vorsichtig und veranlasse lieber zig Studien, als zu entscheiden. Zum Beispiel sei sich der Stadtrat einig, dass das Hachinger Tal von Bebauung frei gehalten werden soll. Doch statt das zu beschließen, beauftragte der Stadtrat ein Gutachten. Es gebe Studien zum Kino, sogar eine zur Straßenfläche wolle sein Mobilitätsreferent in Auftrag geben. "Das kostet alles Zeit und Nerven und da müssten wir öfter sagen: Das brauchen wir nicht", sagte Reiter.
Optimistisch gab sich der OB, dass die Stadt die nächste Stufe beim Dieselfahrverbot nicht einleiten muss. Dann wären auch Euro-5-Diesel verboten. Schon jetzt überschreitet die Stadt laut Reiter nur noch an zwei Messstellen relativ knapp die Grenzwerte. Bei einem Trend, dass die Werte weiter sinken, will Reiter auf ein weiteres Verbot verzichten. Um die Fahrzeugflotte der Stadt macht sich Reiter keine Sorgen. Die Busse würden gerade ohnehin auf E-Mobilität umgestellt.
Auch Pläne hat Reiter: Vage nimmt er sich vor, Unternehmen, wenn sie in München Gewerbeflächen bebauen, stärker an den Kosten für die Infrastruktur (also Kitas, Schulen und Wohnungen) zu beteiligen. Sobon heißt das Instrument im Wohnbau.
Damit er tatsächlich 2026 noch einmal antreten kann, müsste der Landtag zuerst die Altersgrenze für Oberbürgermeister kippen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat das in Aussicht gestellt. Ob es eine Absprache gab? "Nein, nein", betont Reiter. "Was Söder dazu bewegt hat, müssen Sie ihn selber fragen."