Bayern

So verkauft der Freistaat München

Fünf Hektar hat die Regierung in der Stadt verkauft - in nurzehn Jahren.


Von Hüseyin Ince

Sieben Fußballfelder, eine Fläche, auf die etwa zweieinhalb Mal das Kanzleramt passen würde oder auch 40 Olympische Schwimmbecken - diese Fläche hat der Freistaat in den vergangenen zehn Jahren in München verkauft.

Das geht aus eine Anfrage hervor, die der Grünen-Landtagsabgeordnete Florian Siekmann gestellt hat. Er stellte die Zahlen gestern gemeinsam mit seinem Landtagskollegen Jürgen Mistol und den drei Grünen-Stadträten Bernd Schreyer, Anna Hanusch und Sibylle Stöhr vor. Sie luden gleich zu fünft ins Rathaus ein, weil sie auch ihre sieben Anträge vorstellten, mit denen sie der Mietpreisspirale in München etwas entgegensetzen wollen.

Vor allem forderten die Grünen eine bessere Kommunikation zwischen dem Freistaat und der Stadt. Denn die Staatsregierung entschied nicht nur, dass Apple ein 70 000 Quadratmeter großen Grundstück an der Seidlstraße, ganz in der Nähe vom Stiglmeierplatz, kaufen darf. Und zwar, wie Stadträtin Sibylle Stöhr betonte "still und heimlich hinter verschlossenen Türen". Der Freistaat verkaufte noch 50 000 weitere Quadratmeter in den vergangenen zehn Jahren.

In diesem Jahr zum Beispiel ein Grundstück an der Hormayrstraße 12 in Moosach. Dort stand seit Jahren ein Häuschen leer, die Natur wucherte. Auch 2020 verkaufte der Freistaat fünf Grundstücke - zum Beispiel an der Pfänderstraße, gleich bei der Münchner Hochschule.

Auf der Liste ist auch die Schwere-Reiter-Straße 39, ein ehemaliges Mannschaftsgebäude der Prinz-Leopold-Kaserne, in der es heute exklusiv eingerichtete Business-Apartments gibt. "Der Ausstattungsstil von 5-Sterne-Hotel-Suiten ist kombiniert mit dem Wohlbefinden der eigenen vier Wände", heißt es auf der Webseite. Das Superior-Apartment kostet 3500 Euro im Monat, das günstigste Ein-Zimmer-Studio-Appartment gibts für 1690 Euro.

Gleich sechs Grundstücke verkaufte der Freistaat seit 2013 an der Lechelstraße in Hartmannshofen.

Bloß zwei der insgesamt 28 Grundstücke vergab der Freistaat an die Stadt München. Eines ist 100 Quadratmeter groß und liegt an der Haseneystraße in Großhadern. Das andere Grundstück an der Nanette-Bald-Straße Pasing ist etwa 1400 Quadratmeter groß. Den Rest verkaufte der Freistaat auf dem freien Markt.

"Der Freistaat versagt bei der Bodenpolitik völlig", fasst Anna Hanusch zusammen. Das Grundstück an der Seidlstraße, das jetzt Apple gehört, hätten auch kommunale Wohnungsbaugesellschaften übernehmen können - da sind sich die Grünen einig. Der Bund spreche sich bei ähnlichen Deals mit den Kommunen ab, sagte Landtagsmitglied Siekmann.

Reiter solle deshalb mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) die Zusammenarbeit optimieren. Auch mehr Transparenz bei solchen Grundstücksgeschäften forderten die Grünen.

In weiteren Anträgen wird Reiter aufgefordert, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zu kontaktieren. Der OB solle fordern, auch bei Indexmieten eine Mietpreisbremse einzuführen. Es sei dringend notwendig. "Das ist derzeit bei hoher Inflation ein hemmungsloser Markt", sagt Bernd Schreyer.

Ein weiteres Schlupfloch bei Mietpreisen solle endlich gestopft werden: die Mietpreise für möblierte Wohnungen. Sie sind wenigen Regularien unterworfen und können beinahe frei gesetzt werden. Hierzu solle die Verwaltung als ersten Schritt einen eigenen Mietspiegel erstellen, um vor Gerichten eine Bemessungsgrundlage vorlegen zu können.