Bayerns Ministerpräsident
Söder reist nach Warschau und Prag - und hofft auf Atomstrom
9. Dezember 2024, 5:00 Uhr
Die neusten bayerisch-tschechischen Atomstrompläne von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder haben massive Kritik ausgelöst. In Tschechien will der CSU-Chef bei einem Kurzbesuch am Donnerstag mit dem dortigen Regierungschef Petr Fiala unter anderem über eine mögliche Kernenergie-Allianz sprechen. Söder hofft auf günstige Atomstrom-Importe aus Tschechien. Bereits am Mittwoch will sich Söder in Polens Hauptstadt Warschau mit Regierungschef Donald Tusk treffen.
"Ein Doppelbesuch innerhalb von zwei Tagen: Es geht dabei um die Verfestigung und den Ausbau unserer Osteuropa-Strategie", sagte Söder. "In Prag geht es um den Ausbau der freundschaftlichen Beziehungen zu unserem Nachbarn Tschechien und Premierminister Petr Fiala." Die beiden wollen dort einen Weihnachtsmarkt besuchen und dann bilaterale Gespräche führen. "Im Mittelpunkt steht der Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit."
"Außerdem werden wir uns in Tschechien über das Thema Kernkraft unterhalten und eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen", kündigte Söder an. "Uns schwebt eine Art Kernenergie-Allianz vor: Wir wollen eine mögliche Nutzung von tschechischer Kernkraft für unseren Strommarkt ausloten, um eine bessere Versorgung zu gewährleisten und das Netz zu stabilisieren - etwa in Form einer privilegierten Stromabnahme." Das große Ziel sei es, die bayerische Stromversorgung auf Dauer besser abzusichern. "Im Gegenzug könnte man über Partnerschaften in der Sicherheitstechnologie reden", erläuterte Söder.
"Das heißt: Wir bieten unser Know-how an und schaffen die Möglichkeit, günstigen und CO2-freien Strom primär nach Bayern zu liefern", sagte Söder, räumte aber ein: "Dabei sind natürlich viele offene Fragen zu klären. Deshalb wollen wir jetzt einen Dialog über eine mögliche Zusammenarbeit starten."
Aus den Reihen der Grünen im Landtag hagelte es umgehend Kritik: "In seinem Atomkraftwahn vergisst Söder sowohl die gefährlichen Risiken als auch die energiepolitischen Zusammenhänge", sagte der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Martin Stümpfig. Offensichtlich seien die Zeiten vorbei, als sich die CSU noch ernsthaft um die Risikoreaktoren in Temelin oder um das tschechische Endlager an der bayerisch-tschechischen Grenze Sorgen gemacht habe. Die Sicherheit der Bevölkerung sei für Söder anscheinend nur zweitrangig.
"Anstatt endlich eine Kooperation bei erneuerbaren Energien mit Tschechien zu starten, will Markus Söder die gefährlichen und hochriskanten Atompläne des Nachbarlandes noch antreiben", betonte Stümpfig. Ein Atomkraftwerk in Temelin sei bei einem größeren Unfall eine massive Gefährdung für Leib, Leben und Eigentum - weit über den ostbayerischen Raum hinaus.
Auch mit Tusk, zu dem Söder seit dessen Zeit als EVP-Vorsitzender nach eigenen Worten einen persönlichen Draht hat, will Söder enger kooperieren. "Wir wollen ein neues Kapitel der Zusammenarbeit mit Polen aufschlagen, auch wenn wir nicht unmittelbare Nachbarn sind. Denn Polen ist ein wichtiger sicherheitspolitischer und migrationspolitischer Partner", betonte er.
Unter anderem will der Freistaat in Warschau ein eigenes bayerisches Büro gründen, um die wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zu verbessern. "Auch von polnischer Seite besteht Interesse an engeren Kontakten, weil Bayern nach wie vor eine starke wirtschaftliche Adresse ist", sagte Söder. Zudem will er Kränze zu Ehren der Opfer des Zweiten Weltkriegs und des Aufstandes im damaligen Ghetto niederlegen. "Das gebietet nicht nur unsere historische Verantwortung, sondern ist mir auch persönlich sehr wichtig."
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