Ostbayern
Sterben teurer bei Übergewicht? - Das sagen die Städte
28. März 2018, 10:59 Uhr aktualisiert am 2. April 2023, 23:33 Uhr
In Kommunen wie beispielsweise in Nürnberg oder Fürth werden inzwischen Zusatzgebühren für die Bestattung von übergewichtigen Toten erhoben. Ist das auch in Ostbayern der Fall? Wir haben bei einigen Kommunen in der Region nachgefragt.
Die Meldung sorgte am Mittwochvormittag für Aufsehen: In größeren fränkischen Städten wie etwa Fürth und Nürnberg werden laut dpa Zusatzkosten erhoben, wenn die Leiche besonders schwergewichtig ist. Ist das auch in Städten Ostbayerns der Fall? idowa hat nachgefragt.
"Die Stadt Regensburg erhebt bei der Einäscherung von Übergewichtigen keine Zusatzgebühren", erklärt Pressesprecherin Claudia Biermann der Stadt Regensburg auf Nachfrage. Bei der Erdbestattung eines Sarges sei das jedoch anders. Dort falle nach Bestattungsgebührensatzung bei der Beisetzung eines Sarges mit Übergröße eine zusätzliche Gebühr von 99 Euro an. "Die Zusatzgebühr orientiert sich zunächst nicht am Gewicht des Verstorbenen, sondern an der Übergröße des Sarges. Der Gebührentatbestand existiert schon seit vielen Jahren", sagt Biermann. Hintergrund sei die Tatsache, dass bei einer Beisetzung eines Sarges mit Übergröße im Regelfall deutlich mehr Aufwand entstehe. Zum einen brauche man oft statt vier sechs Leichenträger, zum anderen seien auch die Grabarbeiten aufwendiger. Die Fälle mit dieser Zusatzgebühr sind laut der Pressesprecherin aber sehr selten.
Viele Städte in Ostbayern verlangen keine Zusatzgebühren
"In der Stadt Straubing werden momentan noch keine Zusatzgebühren erhoben", erklärt eine Sprecherin des Straubinger Standesamtes auf idowa-Anfrage. Dass solche künftig eingeführt werden, hält sie für möglich. "Eine Beerdigung stark übergewichtiger Menschen ist natürlich mit mehr Aufwand verbunden, man braucht teilweise sogar doppelt so viele Sargträger", sagt die Sprecherin. Im Augenblick trage die Stadt diese Mehrkosten - das könnte sich eines Tages ändern. Zusätzliche Kosten können außerdem auf die Angehörigen zukommen, wenn beispielsweise ein Spezialsarg angefertigt werden muss.
Nicht nach dem Gewicht, sondern nach dem Umfang des Sarges richten sich die Gebühren in Landshut: Dort gibt es eine Zusatzregelung für übergroße Särge, da für diese ein breiteres und gegebenenfalls längeres Grab ausgehoben werden muss, bestätigt Pressesprecherin Wieslawa Waberski. Der Gebührenzuschlag beträgt hier nach der Friedhofsgebührensatzung 55 Euro. Das Gewicht Verstorbener bereite dagegen in der Praxis wenig Probleme. Die Särge werden bei Eingang kontrolliert und gemessen am Einzelfall beurteilt. Nicht nur das Gewicht, auch die Form von Särgen (besondere Griffe, Form des Sarges), besondere Wege, beziehungsweise die Lage des Grabes und die Art der Beisetzung (zum Beispiel in einer Gruft) können dazu führen, dass mehr Personal eingesetzt werden muss. Sofern absehbar ist, dass bei der Bestattung zusätzlicher Aufwand entsteht, enthält die Friedhofsgebührensatzung eine Auffangregelung, mit der zusätzlicher Personal- und Sachaufwand im Einzelfall erfasst werden. Es handele sich jedoch um Ausnahmefälle.
"Um Gottes Willen, nein!" - XXL-Beisetzungen in Niederbayern
Bei der Stadt Bogen (Landkreis Straubing-Bogen) führt die Frage nach Sterbe-Zusatzkosten für besonders schwere Verblichene erstmal zu einem schallenden Gelächter am anderen Ende der Telefonleitung: "Davon hab ich ja noch nie gehört!", sagt Helmut Winklmeier, der Leiter des dortigen Ordnungsamtes, "Ich glaube nicht, dass sowas jemals bei uns kommt." Auch er fügt allerdings hinzu: "Es gibt bei Beerdigungen ja zwei Kostenseiten - die öffentlich-rechtliche bei uns und die privatwirtschaftliche beim Bestattungsunternehmer. Wenn der jetzt mehr Sargträger bezahlen muss, kann es natürlich sein, dass er diese Kosten weitergibt". Vonseiten der Kommune sind aber keine Zusatzgebühren für schwere Verstorbene geplant, bekräftigt Winklmeier noch einmal.
Ähnlich hält es Dingolfing: jetzt und auch in Zukunft würden keine gewichtsabhängigen Zusatzgebühren erhoben, heißt es auf Anfrage von Werner Petschko, dem Leiter des Dingolfinger Ordnungsamtes.
Auch die Stadt Cham erhebt keine zusätzlichen Kosten, wie ein Sprecher auf idowa-Anfrage mitgeteilt hat.
In der Stadt Moosburg fällt die Reaktion ebenfalls eindeutig aus. Dort ist das katholische Pfarramt auch auf der Verwaltungsseite für die Abwicklung von Beerdigungen zuständig und erhebt daher auch die Gebühren. Die Stadt springt nur dann ein, wenn ein Verstorbener völlig mittellos war und keine Angehörigen hatte. "Um Gottes Willen, nein!", sagt Rosina Lobmayer vom Katholischen Pfarramt in Moosburg auf die Frage, ob für schwere Menschen höhere Bestattungskosten abgerechnet werden. "Das wäre mir nicht bekannt, dass es da jemals Überlegungen gegeben hätte."
Immer mehr Übergewichtige in Bayern
"Man merkt, dass die Leute vom Gewicht etwas zulegen", sagt Jörg Freudensprung vom Bestatterverband Bayern der dpa. Bei rund 400 Beerdigungen, um die sich der Bamberger Bestattermeister pro Jahr kümmert, waren früher nur alle zwei Jahre "Sonderfälle" mit besonders korpulenten Toten darunter. Inzwischen seien es ein bis drei solcher Fälle im Jahr. Das sei eine schleichende Entwicklung, die er seit etwa zehn Jahren bemerke.
Die Besonderheiten fingen dann schon beim Sarg an: Ein Standardmodell sei etwa zwei Meter lang und 65 Zentimeter breit und koste zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Inzwischen seien zuweilen jedoch sogar 1,20 Meter breite Särge nötig. "Ab einem gewissen Maß muss es die Sonderanfertigung sein - und die ist leicht drei- bis viermal so teuer wie ein Serienprodukt", sagt Freudensprung. Für solche Spezialsärge müsse man 2.000 bis 5.000 Euro auf den Tisch legen. Sie könnten schließlich nicht aus dem "einfachsten Fichtenholz mit dünnster Wandung sein", sagt der Bestatter. "Sonst hebt man den Sarg an und der Mensch fällt unten heraus."
Weitere Wege für Feuerbestattungen
Und wer eine Feuerbestattung wünsche, müsse meist weitere Wege in Kauf nehmen. "Normale Krematorien können überbreite Särge gar nicht aufnehmen", sagt Freudensprung. Es gebe nur ganz wenige Einrichtungen mit Öfen, die groß genug sind und ein so hohes Gewicht aushalten.
In extremen Fällen müssten die Toten von der Feuerwehr aus ihren Wohnungen geborgen werden, berichtet Gerhard Wellenhöfer von der Friedhofsverwaltung Nürnberg. Etwa alle drei bis vier Jahre komme das in der fränkischen Stadt vor.
Und auch für die Friedhöfe sind Bestattungen von extrem Dicken eine Herausforderung. Die Erdlöcher müssen deutlich größer sein und eine extra Schalung bekommen, damit sie nicht einstürzen. Und statt den üblichen vier Sargträgern sind sechs Leute nötig, um den Verstorbenen zu seiner letzten Ruhestätte zu bringen. Das koste "ein paar hundert Euro mehr", sagt Wellenhöfer. Die Stadt erhebe in diesen seltenen Fällen - ein- bis zweimal pro Jahr - einen Aufschlag.
Augsburg: Zusatzgebühr richtet sich nach Sarg
In Augsburg richtet sich die Zusatzgebühr vor allem nach Größe und Gewicht des Sarges - für Maße über zwei Meter Länge, 70 Zentimeter Breite, 45 Zentimeter Höhe und ein Gewicht von mehr als 80 Kilogramm wird ein Zuschlag von 320 Euro verlangt. "Viele unserer Mitarbeiter haben wegen der schweren Arbeit schon Rückenprobleme", sagt Helmut Riedl von der Friedhofsverwaltung der schwäbischen Kommune. "Wenn der Sarg zu schwer ist, wird mit dem Pfarrer auch vereinbart, dass er erst nach der Zeremonie abgelassen wird."
Auch Freudensprung hat schon einen solchen Fall erlebt: Eine Frau in Bamberg habe um die 280 Kilogramm gewogen. "Ihr Sarg wurde mit einem Kranwagen ins Grab gehoben, bevor die Feier anfing", erzählt der Bestatter. Denn es sei "natürlich nicht würdig", wenn acht Leute schweißüberströmt mit dem Sarg beschäftigt sind.
Fürth: Zusatzgebühr beschlossen
Der Stadtrat in Fürth hat kürzlich beschlossen, dass schon ab einem Gesamtgewicht von Sarg und Leiche von 140 Kilogramm eine Zusatzgebühr von 120 Euro erhoben wird. Damit sollen zwei zusätzliche Sargträger finanziert werden - diese seien "aus Gründen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zwingend erforderlich". Bislang habe der Bestatter diese zusätzlichen Kosten mit den Hinterbliebenen verrechnet, sagt Ralf Meyer vom Standesamt Fürth. "Jetzt zahlen sie es alles zusammen an die Stadt." Diese Fälle hätten in den vergangenen Jahren merklich zugenommen - "inzwischen sind es drei bis fünf pro Monat".
In München werden übrigens bislang noch keine Zusatzgebühren für übergewichtige Menschen erhoben. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine diesbezügliche Veränderung der Friedhofsgebührensatzung nicht geplant", teilte eine Sprecherin des Gesundheitsreferats mit.