Pro und Contra

Verbot von Spielzeugwaffen im Fasching?


Hände hoch! Kleiner Cowboy mit Spielzeugwaffe im Fasching.

Hände hoch! Kleiner Cowboy mit Spielzeugwaffe im Fasching.

Für viele Kinder gehören sie einfach zu ihrem Kostüm, für manche Erwachsene sind sie aus der Zeit gefallen oder gar potenziell gefährlich: Spielzeugwaffen im Fasching. Soll der Gesetzgeber hier handeln und ein Verbot aussprechen? Oder beschädigt eine weitere Regel nur das freie Faschingstreiben? Die Meinungen gehen außeinander.

Ganz Ostbayern ist voll von Cowboys und Indianern. Zumindest in diesen Februartagen, in denen das Faschingstreiben dem närrischen Höhepunkt entgegenstrebt und nicht nur, aber auch die Kinder ihr Vergnügen daran haben, in eine andere Rolle zu schlüpfen. Held, Bösewicht, Monster, Prizessin, was auch immer: Im Fasching darf jeder sein, was er will. Doch gerade bei so verbreiteten Verkleidungen wie Cowboy oder Indianer gehen die Meinungen mittlerweile außeinander. Zum einen, weil manche im Falle des Indianer-Konstüms eine verzerrende, verunstaltende, klischeehafte Darstellung des historischen Vorbilds, der amerikanischen Ureinwohner, sehen. Zum anderen, weil beide Kostüme durch etwas komplettiert werden, was manche als wenigstens unpassend empfinden: Tomahawk, Messer, Gewehr, Pistole, also Spielzeugwaffen.

In fünf Jahren kein Fall mit Waffen-Attrappen

Kritiker von Spielzeugwaffen führen im Kern zwei Argumente an: Einerseits die Verwechslungsgefahr in Bezug auf reale Waffen, andererseits eine möglicherweise negative Beeinflussung von Kindern. Wie verhält es sich nun mit diesen Argumenten?

Eine Verwechslungsgefahr mit echten Waffen gebe es in der Praxis de facto nicht, sagt Markus Fink, Sprecher des Polizeipräsidiums Niederbayern auf Anfrage von idowa: "In fünf Jahren ist uns kein Fall bekannt, bei dem Waffen-Attrappen im Fasching einen Polizeieinsatz ausgelöst hätten." Es gebe Vorfälle mit täuschend echt aussehenden Waffen-Attrappen, etwa Schreckschusspistolen. Die hätten aber nichts mit Karneval oder Fasching zu tun.

Laut Fink gibt es auch keine Hinweise darauf, dass Faschings-Pistolen, Messer, Krumsäbel oder Indianer-Gewehre die Einsatzlage für die Polizei unübersichtlicher machen: "Die Bewertung einer Situation geschieht aus dem Kontext. Es läuft im Fasching niemand einfach so mit einem Revolver durch die Gegend, sondern dazu gehört das entsprechende Cowboy-Kostüm. Das ist ausschlaggebend für die Einordnung." Ernste Bedrohung und Faschingsgaudi ließen sich in der Regel gut voneinander unterscheiden. Zu der Grundsatzfrage, ob ein Fake-Waffen-Verbot im Karneval sinnvoll wäre, wollte sich der Sprecher des Polizeipräsidiums nicht äußern: "Das wäre eher eine politische Entscheidung, dazu positionieren wir uns nicht." Fraglich sei auch, ob ein solches Verbot überhaupt durchzusetzen wäre.

Wer müsste überhaupt handeln, wenn man über verbindliche Verbote nachdenken wollte? Die Landkreise beziehungsweise Kommunen bestimmen zwar über die Vorschriften, die bei den Faschingsumzügen zu beachten sind. Wollte man aber an eine übergreifende Lösung, wäre wohl der Gesetzgeber gefordert - mit einem generellen Verbot von Spielzeugwaffen.

Schon jetzt ist das Führen von sogenannten Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit verboten. Es handelt sich dabei, kurzgesagt, um Schusswaffen, die echten Waffen in Form und Aufbau sehr nahe kommen. Wer gegen die Regelung verstößt, kann mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro bestraft werden. Ausgenommen von dem Verbot sind Gegenstände, die erkennbar zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen bestimmt sind, etwa weil sie entsprechend farblich markiert sind, keine Kennzeichnung als Feuerwaffen haben oder deutlich größer oder kleiner sind, als reguläre Waffen.

Wie nun ein zusätzliches Verbot von Spielzeugwaffen praktisch umgesetzt werden könnte, ist mit etlichen Fragezeichen versehen, denn dazu müsste beispielsweise eine verbindliche Definition von gefunden werden.

Aggressionen spielerisch ausdrücken

Die Entwicklung der Kinder ist durch Spielzeugwaffen nicht gefährdet, sagt die Landshuter Psychotherapeutin Andrea Höfer. Eher gelte das Gegenteil. "Ich weiß aus Therapien, dass es sinnvoll ist, wenn Kinder im Spiel auch Waffen verwenden", sagt Höfer.Tatsächlich seien Kriegsspiele und damit Spielzeugwaffen Teil der Entwicklung von Kindern. Sie könnten Aggression noch nicht auf dem Niveau eines Erwachsenen durch Worte ausdrücken. Spielzeugwaffen dienten ihnen dazu, die Agression stattdessen spielerisch auszudrücken. Allerdings sollten Eltern beobachten, ob es beim spielerischen Umgang mit Waffen bleibe, und die Erziehungsberechtigten sollten die Entwicklung ihrer Kinder auch in dieser Hinsicht begleiten. Üblicherweise lernten Heranwachsende mit der Zeit, Konflikte mit Worten zu lösen und ohne Waffen auszukommen. "Spielzeugwaffen verbieten wäre schwer daneben", sagt Höfer.

Wie bewerten nun die organisierten Narren die Diskussion? Arthur Troidl von der Vereinigung der Ostbayerischen Faschingsgesellschaften hat eine klare Position: "Es geht dabei einfach um Brauchtum. Zum Indianer-Kostüm gehört halt das Tomahawk, zum Cowboy die Pistole. Ich sehe keinen Bedarf, dass der Gesetzgeber hier eingreift." Der 58-Jährige ist seit drei Jahren als Präsident bei der Vereinigung tätig, zu der 89 Faschingsgesellschaften gehören. Zuvor war er 12 Jahre Regionalpräsident in der Oberpfalz und wiederum davor hat er sich als Beisitzer in die Verbandsarbeit eingebracht. In all der Zeit, so sagt er, sei ihm kein Fall untergekommen, bei dem es ein wirkliches Problem wegen Spielzeugwaffen während des Faschings gegeben habe. Wenn es bei Dingen wie dem Indianer-Tomahawk oder der Cowboy-Pistole bleibe, also bei traditionellen Bestandteilen von Kostümen, dann sieht er keinen Handlungsbedarf im Sinne einer Regulierung. Und bei anderen Spielzeugwaffen, etwa echt wirkenden Sturmgewehre? "Wenn jemand mit einer nachgebauten Panzerfaust herumläuft, dann ist das natürlich nicht so schön", sagt Troidl.

Die Faschingsumzüge sind laut dem Präsidenten zudem schon stark reglementiert, jede Kommune beziehungsweise jeder Landkreis erlasse eigene Vorschriften für die Umzüge. Und durch immer mehr und jeweils unterschiedliche Regelungen werde das freie Faschingstreiben erschwert.

In Bezug auf den generellen Ablauf der Faschingssaison 2020 zeigt er sich bisher zufrieden: "Die Faschingsumzüge waren bisher toll und absolut friedlich." Auch spiele Alkohol nicht mehr so eine große Rolle. Zum Beispiel sei zuletzt beim Umzug in Regenburg kaum Alkohol geflossen und habe auch auf den Faschingswägen keine Rolle gespielt.