Cold Case vor Gericht

Wer tötete Sabine? DNA vom Angeklagten am Opfer


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Mehr als 30 Jahre nach dem gewaltsamen Tod eines Mädchens in Unterfranken startet vor dem Landgericht Würzburg der Prozess gegen einen Mann, der zur Tatzeit 17 Jahre alt war. (Archivbild)

Von dpa

Sabine ist 13 Jahre alt und versorgt regelmäßig Pferde auf einem Hof in ihrem Dorf in Franken. Kurz vor Weihnachten 1993 kommt sie nicht mehr nach Hause. Zahlreiche Menschen suchen nach der Schülerin. Zwei Tage nach dem Verschwinden wird das Mädchen in einer verschlossenen Güllegrube entdeckt - sexuell missbraucht und getötet. Doch alle Ermittlungen laufen jahrelang ins Leere. Mehr als 30 Jahre später ist immer noch kein Täter überführt - aber die Staatsanwaltschaft Würzburg glaubt nach neuerlichen Untersuchungen der damals gesicherten Beweise, nun den Schuldigen gefunden zu haben.

Doch der mutmaßliche Mörder - damals erst 17 Jahre alt - will mit der Gewalttat nichts zu tun haben. Immer wieder schüttelt der Deutsche zu Prozessauftakt vor dem Landgericht Würzburg den Kopf, will zunächst nichts zu den Vorwürfen sagen. Die Polizei hatte den Mann schon früher im Blick, konnte ihm allerdings nichts Konkretes nachweisen.

Der Vorsitzende Richter Thomas Schuster appelliert ruhig, aber bestimmt an den heute 47-Jährigen: "Es gibt Spuren, die es für sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich erachten lassen, dass Sie mit der Sache gar nichts zu tun haben." Der Familie von Sabine sei es sicher wichtiger zu wissen, was vorgefallen ist, als dass er im Gefängnis lande. "Sie sind der Einzige, der Licht in diese Sache bringen kann."

Weil die Tat schon so lange zurückliegt, sind alle Delikte außer Mord bereits verjährt. Wie Schuster erklärt, gibt es drei Szenarien, wie das auf rund 60 Verhandlungstage angesetzte Verfahren ausgehen kann: Entweder dem Angeklagten sei nichts nachzuweisen und er werde freigesprochen. Oder man könne seine Beteiligung an der Tat belegen, aber keinen Mord - dann werde der Prozess wegen Verjährung eingestellt. Sollte dem 47-Jährigen allerdings ein Mord nachgewiesen werden, werde es auch ein Urteil geben, kündigt der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer an.

Allein bis Jahresende sind 81 Zeugen sowie 4 Sachverständige geladen, bis Mitte 2025 Prozesstermine angesetzt. Das Ziel ist laut Schuster allerdings, "in diesem Jahr fertigzuwerden".

Sabine starb im Dezember 1993 auf dem Reiterhof in Wiesenfeld, einem Ortsteil von Karlstadt im Landkreis Main-Spessart. Nach Worten von Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach tötete der Angeklagte das ihm bekannte Mädchen zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs, unter anderem durch Würgen. Dann soll der damals 17-Jährige zu Hause gebadet und sich umgezogen haben und das Opfer am späten Abend des 15. Dezember schließlich in die Güllegrube geworfen haben. "Die übrigen Kleidungsstücke, Jeansjacke sowie Schuhe der Sabine entsorgte der Angeklagte in einer zweiten Güllegrube auf dem Reiterhof", sagt Seebach.

Für Verteidiger Hans-Jochen Schrepfer ist der Fall längst nicht so eindeutig wie von der Anklage beschrieben - er erwartet ein zähes Verfahren. "Das ist ein klassischer Indizienprozess, der uns bevorsteht." Er sehe nicht, dass ein Mord nachgewiesen werden kann, die Beweisaufnahme werde schwierig.

Eine Polizistin berichtet der Kammer allerdings, dass es "auffällig viele Indizien" gebe, die für eine Beteiligung des Angeklagten an der Tat sprechen. So sei die Erbsubstanz des 47-Jährigen im Zuge der neuerlichen Ermittlungen an der Kleidung des Opfers gefunden worden, unter anderem Spermaspuren am Slip von Sabine. "Der DNA-Treffer war eindeutig. Es gibt keine weitere unbekannte DNA. Wir können das ausschließen, dass da ein zweiter Täter mit dran war."

Seit die Polizei in dem Fall wieder intensiver ermittelt, seien 240 Zeugen gehört worden, erzählt die Beamtin. Demnach habe sich der Angeklagte nach dem Verbrechen Alibis gesucht und gelogen. Viele Befragte hätten zudem angegeben, dass sich der Mann nach Sabines Tod verändert habe.

Die Eltern der Getöteten sind am ersten Verhandlungstag ebenfalls ins Gericht geladen. Sie berichten, dass am Tag nach Sabines Verschwinden der Angeklagte mit einem anderen Jungen bei ihnen geklingelt habe, um sich zu erkundigen, ob die Schülerin mittlerweile gefunden sei. "Das ist mir irgendwie spanisch vorgekommen", erzählt die Mutter des Mädchens. Sabines Vater sagt zudem, er habe schon kurz nach dem Verschwinden seiner Tochter vermutet, dass etwas passiert sein könnte. "Sie war immer pünktlich daheim." Sie wäre nie abgehauen wie andere Jugendliche. "Unsere Sabine sehen wir nicht mehr lebendig", habe er am Abend des 15. Dezember zu seiner Familie gesagt.

Weil der Angeklagte zur Tatzeit Jugendlicher war, findet das Verfahren ohne Öffentlichkeit statt - auch wenn der Mann mittlerweile erwachsen ist. Lediglich fünf Pressevertreter sind zugelassen. Für Jugendliche beträgt bei Mord das Höchstmaß der Jugendstrafe zehn Jahre.


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