Blaulicht

Bluttat in der Flüchtlingsunterkunft: Was geschah hinter diesen Mauern?


Die Flüchtlingsunterkunft in der Siemensstraße in Landshut: Hier spielten sich am 25. Dezember die dramatischen Szenen ab.

Die Flüchtlingsunterkunft in der Siemensstraße in Landshut: Hier spielten sich am 25. Dezember die dramatischen Szenen ab.

Zwei Tage sind mittlerweile seit der Bluttat in der Asylbewerberunterkunft in der Siemensstraße in Landshut vergangen. Noch immer ringt das 23-jährige Opfer mit dem Tod.

Nach wie vor steht der Flüchtlingskoordinator der Stadt, Thomas Link, unter Schock. "Seit vergangenen November haben wir mehrere tausend Flüchtlinge betreut", sagt er. "Aber so etwas ist noch nie passiert."

Opfer wäre ohne Sicherheitsdienst tot

Als der Sicherheitsdienst am Freitag der Stabsstelle gemeldet hatte, dass es zwischen den beiden Männern Streit gibt, reagierte man mit der üblichen und erprobten Methode: Die Stabsstelle bestellte Dolmetscher ein und machte einen Termin in der Notunterkunft aus, bei dem der Streit geschlichtet werden sollte. Für 15.30 Uhr war das Gespräch angesetzt. Gespräche dieser Art habe es in Landshut bisher schon 30 Mal gegeben, sagt Thomas Link. Man wollte sich informieren, um was es geht und deeskalieren. Bislang hat das immer geklappt. Doch etwa eine Stunde vor dem Termin wird laut Polizeibericht aus dem Streit eine handfeste Messerstecherei. Warum der 24-Jährige auf den 23-Jährigen letztlich losgegangen ist, kann die Polizei zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Thomas Link sagt, dass es wohl persönliche Gründe waren. Der 24-Jährige verletzte den anderen Iraker dabei so schwer, dass dieser wohl noch an Ort und Stelle verstorben wäre, wäre nicht der Sicherheitsdienst gewesen. Für ihn und den Rest der Stabsstelle hat Link nicht anderes als Lob und Respekt übrig. "Wenn der 23-Jährige durchkommt, hat er das den Sicherheitskräften zu verdanken", sagt der Koordinator. Nach der Tat flüchtete der Täter aus der Notfallunterkunft. Kurze Zeit später konnte ihn aber eine Streife der Polizeiinspektion Landshut festnehmen und seine Tatwaffe sicherstellen. Das Opfer kam in ein Krankenhaus, in dem es immer noch liegt.

Beide Flüchtlinge befanden sich erst seit wenigen Tagen in der Unterkunft. Gekannt haben sie sich anscheinend schon vorher, in ein paar Tagen sollten sie in eine längerfristige Unterkunft verlegt werden.

Lesen Sie hier die Erstmeldung: Messerstecherei im Flüchtlingsheim

Kleinkinder vom Tatort traumatisiert

Besonders tragisch an der Tat: Ein zwei- und ein vierjähriges Kind hatten den Tatort kurz nach der Messerstecherei gesehen. Ein Arzt und Mitglieder der Krisenintervention des BRK kümmerten sich sofort um die Kinder und um deren Eltern. Auch die anderen Bewohner der Notunterkunft erhielten Hilfe. Neben Oberbürgermeister Hans Rampf war am 25. Dezember die gesamte Stabsstelle vor Ort. Man redete mit den Bewohnern und reinigte den Tatort. Gegen Abend beruhigte sich die Lage wieder. Dass sich so ein Vorfall in nächster Zeit wiederholen könnte, bezweifelt Link. Er verweist darauf, dass eben bislang noch gar nichts passiert ist, und auf die Arbeit der Stabsstelle. "In 13 Monaten hatten wir noch nicht einmal eine Schlägerei in den Unterkünften", sagt er. Er selbst ist zutiefst erschüttert und sieht den Vorfall auch als persönliche Tragödie. Mittlerweile ist seinen Informationen nach aber vor Ort alles wieder ruhig. Die Kinder, die am Tatort waren, und ihre Eltern sind weiterhin in Betreuung, der Zustand des 23-Jährigen ist ernst, aber stabil. Um den Flüchtlingen ein Gefühl von Sicherheit zu geben, hat die Stabsstelle die Zahl der Sicherheitsleute auf vier Personen erhöht. Ein Mitglied der Stelle ist ständig vor Ort.

Gegen den festgenommenen Iraker wurde mittlerweile Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen. Er sitzt mittlerweile in einer Justizvollzugsanstalt.