Auslieferung erfolgt
Das müssen Sie über den Novavax-Impfstoff wissen
23. Februar 2022, 9:27 Uhr aktualisiert am 23. Februar 2022, 10:00 Uhr
Bringt Novavax der Impfkampagne in Deutschland neuen Schwung? In den nächsten Tagen sollen die Impfungen mit dem Vakzin beginnen. Hoffnungen gibt es vor allem mit Blick auf ungeimpftes Pflege- und Klinikpersonal.
Noch immer ist knapp jeder siebte Erwachsene in Deutschland nicht gegen Corona geimpft. Einige dieser Menschen misstrauen den vier bislang verfügbaren Impfstoffen. An diesem Montag sollen laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die ersten 1,4 Millionen Dosen des Impfstoffes des US-Herstellers Novavax in Deutschland ankommen - kann der Impfstoff mit dem Namen Nuvaxovid helfen, die Impflücke zu schließen? Er beruht auf eher klassischer Technologie - und die Hoffnung ist, dass sich deshalb mehr bislang ungeimpfte Menschen immunisieren lassen. Die wichtigsten Antworten zum Impfstart des fünften Corona-Vakzins.
Warum warten manche Menschen auf den Novavax-Impfstoff?
Die am häufigsten in Deutschland verabreichten Impfstoffe - die Mittel von Biontech/Pfizer und Moderna - sind mRNA-Impfstoffe. Vor Corona gab es noch keine zugelassenen Impfstoffe auf mRNA-Basis. Manche Menschen macht das misstrauisch. Wie auch die Vektorimpfstoffe von Johnson & Johnson und Astrazeneca basieren mRNA-Impfstoffe darauf, dass unsere Körperzellen einen kleinen Teil des Virus - das Spike-Protein - selbst herstellen. Dadurch wird eine Immunantwort ausgelöst, die uns schützt. Der Novavax-Impfstoff basiert hingegen auf einem klassischeren Verfahren.
Wie funktioniert Nuvaxovid?
Nuvaxovid besteht aus virusähnlichen Partikeln, die das Spike-Protein des Coronavirus enthalten, sowie einem Wirkverstärker. Manche Menschen heben Nuvaxovid als - vermeintlich sichereren - Totimpfstoff hervor, also als Impfstoff ohne lebende, vermehrungsfähige Krankheitserreger. Dieser Begriff ist aber in der Wissenschaft nicht klar von anderen abgegrenzt; laut Ständiger Impfkommission (Stiko) sind auch die vier anderen Impfstoffe "funktionell" Totimpfstoffe, enthalten also keine lebenden Viren.
Wird durch Nuvaxovid neuer Schwung für die Impfkampagne erwartet?
Es wird schon erhofft, dass der Novavax-Impfstoff eine Alternative für all jene ist, die Vorbehalte gegen mRNA-Impfstoffe haben. Aber ob sich das in breiterem Umfang auswirkt, ist nicht sicher. Immer wieder hatten auch Pflegende, die noch nicht geimpft sind, angeführt, dass sie auf einen Totimpfstoff warten würden. Mitte Januar hatte Lauterbach erläuterte, das Präparat sei "quasi ein Totimpfstoff" - und solle denjenigen besonders zur Verfügung stehen, die diese Art der Impfung bevorzugten.
Wie schätzt das Robert Koch-Institut (RKI) die Situation ein?
Vorsichtig. Am Donnerstag stellte das RKI in seinem Epidemiologischen Bulletin fest: Seit Einführung der mRNA- und Vektor-basierten Impfstoffe werde diskutiert, inwiefern die auf neueren Technologien basierenden Impfstoffe Grund für den Anteil an Menschen ohne Covid-19-Impfschutz sind. Mit Nuvaxovid sei nun ein Protein-basierter Totimpfstoff in der EU zugelassen, der auf eine seit über 35 Jahren praktizierte Technologie zurückgreife. Allerdings beinhalte der Impfstoff ein neuartiges Adjuvans, also einen neuen Hilfsstoff.
Eine Befragung unter bisher Ungeimpften habe im Herbst 2021 ergeben, dass die einzige Maßnahme für eine relevante Steigerung auf einem klassischen Wirkprinzip beruhende Impfstoffe sein könnten. Die Nuvaxovid-Zulassung war da allerdings noch nicht absehbar - fraglich sei, ob sich die Impfbereitschaft nun wirklich verändere.
Kann sich nun jeder Interessierte mit Nuvaxovid impfen lassen?
An einem Mangel an Impfdosen dürfte es jedenfalls nicht scheitern. Im ersten Quartal sollen laut Bundesgesundheitsministerium vier Millionen Impfstoffdosen von Novavax in mehreren Tranchen nach Deutschland ausgeliefert werden - im gesamten Jahr insgesamt bis zu 34 Millionen Impfstoffdosen.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte sich für den Einsatz ab 18 ausgesprochen - mit zwei Dosen im Abstand von mindestens drei Wochen. Laut den Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder soll Nuvaxovid prioritär an bisher nicht geimpfte Beschäftigte in den betroffenen Einrichtungen verimpft werden. Für Beschäftigte in der Pflege und in Kliniken greift ab Mitte März die Impfpflicht.
Wann starten die ersten Impfungen?
Der Corona-Impfstoff von Novavax wird ab Mitte der Woche in Deutschland erwartet. Die ersten Lieferungen sollen nach Unternehmensangaben nun voraussichtlich ab Mittwoch und bis Freitag im Lager des Bundes ankommen, wie es vom Gesundheitsministerium auf Anfrage am Montag hieß. Als erste Lieferung werden 1,4 Millionen Dosen erwartet. Sie sollen unmittelbar an die Länder verteilt werden, wie ein Sprecher sagte. Das Ministerium gehe davon aus, dass in der kommenden Woche mit Impfungen in den Ländern begonnen werden könne.
Vorgesehen ist, dass das Präparat vorerst nur an die Länder geliefert wird, noch nicht an Arztpraxen. Angeboten werden soll es vorrangig Beschäftigten im Gesundheitswesen. Das Ministerium hatte zunächst mitgeteilt, dass erste Lieferungen ab Montag erwartet werden.
Dabei interessierten sich in der Hauptstadt laut einer Umfrage rund 1.800 von 4.000 ungeimpften Krankenhaus-Bediensteten für eine Impfung mit Novavax. Aus Mecklenburg-Vorpommern, wo seit 9. Februar Novavax-Impftermine vereinbart werden können, hatte es aus dem Sozialressort Ende der Woche geheißen: "Die Registrierungen bleiben leider hinter den Erwartungen zurück."
Wie gut und wie verträglich ist der Impfstoff?
In den Zulassungsstudien zeigte der Impfstoff laut Stiko eine mit den mRNA-Impfstoffen vergleichbare hohe Wirksamkeit. Wie gut das Mittel vor Omikron schützt, könne noch nicht beurteilt werden. Nuvaxovid führe häufig zu lokalen und systemischen Impfreaktionen, die über wenige Tage anhalten können und ähnlich stark seien wie nach Impfung mit den anderen Corona-Impfstoffen. Die Zulassungsstudien hätten keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich schwerer unerwünschter Wirkungen ergeben. Allerdings betont die Stiko auch, dass die Datenlage zu Nuvaxovid noch begrenzt sei. Einige Experten weisen darauf hin, dass die Datenlage beispielsweise bei mRNA-Impfstoffen durch Milliarden verabreichter Dosen deutlich besser ist.