AZ-Serie "Nah am Himmel"
Das Pharao-Haus: Ein ganz besonderer Wohnblock in München
26. November 2019, 06:18 Uhr aktualisiert am 26. November 2019, 06:18 Uhr
Münchens hohe Häuser sind meist Bürobauten. In den 70ern entstanden in der Stadt aber auch große neue Wohnblocks. Die AZ hat sich das Leben in einem ganz besonderen angesehen.
München - Sobald die Sonne rausschaut, öffnet Siggi Schittko (55) im achten Stock alle Türen nach draußen. Die Glastür im Wohnzimmer, die auf die 24 Quadratmeter große Terrasse geht und die Küchentür, die Schlafzimmertür und die Arbeitszimmertür, die auf den verglasten Balkon mit 15 Quadratmetern führen.
Siggi Schittko lebt mit ihrem Mann Peter und zwei orientalischen Kurzhaarkatzen im Pharao-Haus in Oberföhring. Vor zwanzig Jahren war sie mit ihrem Mann an dem Pyramiden-Hochhaus vorbeigefahren und hatte gesagt: "Schau mal, die Terrassen. Da möcht ich wohnen." Da wusste sie noch nicht, was für eine nette Hausverwaltung und nette Hausmeister sie erwarten: "Wir müssen uns nicht mal um den Sperrmüll kümmern", sagt Siggi Schittko.
Regen? Schnee? Egal. Sie kommen immer trocken zur Apotheke
Die Schittkos haben zwei Jahrzehnte in Haidhausen gelebt - Altbau, fünf Stockwerke, Hinterhof. Am 27. August 2008 zogen sie in ihre Eigentumswohnung nach Oberföhring - mit 40 Quadratmeter Balkon. Das ist größer als die kleinsten Appartements - 30 Quadratmeter plus fünf Quadratmeter Balkon. Es gibt auch Maisonettewohnungen mit zwei Terrassen und zwei Balkonen.
Im Sommer spielt sich das Leben der Schittkos draußen ab: Sie grillen und kochen, verquatschen sich auf ihren Draußenflächen. Die Glaselemente haben sie zwei Jahre nach ihrem Einzug anbringen lassen. Bei gutem Wetter sind die Fenster aufgeschoben, bei schlechtem Wetter sitzen sie trocken. Nass werden die Schittkos nie: Drei Flügel des Pharao-Hauses - die Schittkos sind im höchsten, dem A-Flügel - sind bewohnt, der vierte ist eine flache Ladenpassage.
"Ob's stürmt oder schneit, ich werde nicht nass, wenn ich zum Edeka, zum Schreibwarengeschäft oder in die Apotheke gehe." Außerdem gibt's Lokale, Kneipen und bald eine Bäckerei-Filiale mit Café.
Das Pharao-Haus ist ein "Multikultihaus"
Den schlechten Ruf des Pharao-Hauses kann Siggi Schittko nicht nachvollziehen. "Das ist ein Multikultihaus. Aber ich bin nie blöd angequatscht worden." Als das Haus wegen Prostitution und Drogen in Verruf geriet, hat sie in Haidhausen gelebt.
Die Tiefgarage ist videoüberwacht, die Gänge sind zwar dunkel, aber: "Im Stockwerk kennen wir uns alle, mit drei Familien sind wir befreundet." Stress unter Nachbarn gibt's selten: Wenn die draußen ratschen, hört Schittko nur, dass gesprochen wird, nicht was.
Die Schittkos haben die Nachtspeicheröfen durch eine Infrarotheizung ersetzt, seitdem schauen Nachbarn aus den 400 Wohnungen, wie das funktioniert. Das einzige was nicht funktioniert ist das Zusammenleben von Katzen und Eichhörnchen: Wenn die in den achten Stock kommen, schließt Siggi Schittko alle Terrassentüren.
Am Mittwoch lesen Sie in der nächsten Folge unserer Hochhaus-Serie, wie ein Hausmeister seit 15 Jahren das Olympische Dorf schöner macht.
Lesen Sie hier den ersten Teil der AZ-Serie: Nah am Himmel - das ist Münchens erstes Hochhaus
Lesen Sie hier den zweiten Teil der AZ-Serie: Diese Büro-Giganten prägen das Münchner Stadtbild