„Fack ju Göhte“
Doppelstunde im Fach Lachen
13. November 2013, 14:34 Uhr aktualisiert am 13. November 2013, 14:34 Uhr
Als Schüler der Unterstufe hat man's nicht leicht: Da wird der kleine Junge in den Snackautomaten der Schulaula gestopft und dem einzigen anwesenden Lehrer fällt nichts Besseres ein als "Weiter rechts" zu raunzen, weil sein Keks in der Halterung klemmt. "Sind Sie Lehrer?!", nuschelt der Kleine ungläubig gegen die Scheibe, während er die Süßigkeit rausfummelt. "Nur zur Aushilfe", grummelt dieser, beißt in seinen Snack und lässt den Schüler in seiner Misere zurück.
Hinterm Lehrerpult statt hinter Gitterstäben: Kleinganove Zeki Müller schimpft nicht schlecht, als er aus dem Knast entlassen wird. Auf der vergrabenen Beute seines letzten Banküberfalls steht jetzt dummerweise die neue Turnhalle der Goethe-Gesamtschule. Um an sein Geld zu kommen, schleicht sich Zeki als Aushilfslehrer auf Zeit in der Schule ein. Doch mit seinen ruppigen Lehrmethoden ruft er die überkorrekte Referendarin Lisi Schnabelstedt auf den Plan. Und als er dann auch noch die Chaotenklasse 10b unterrichten soll, ist das einbetonierte Geld seine kleinste Herausforderung.
Perfekt durchdachte Besetzung
Regisseur Bora Dagtekin liefert mit "Fack ju Göhte" eine Karikatur auf deutsche Schulen ab, die vor Witz nur so sprüht. Dabei wird die Schulkomödie ab und zu auch politisch unkorrekt, bleibt dabei aber immer augenzwinkernd und charmant. Das liegt nicht zuletzt an der tollen Besetzung, die bis in die letzte Nebenrolle durchdacht ist.
Elyas M'Barek spielte schon in Dagtekins Filmadaption "Türkisch für Anfänger" die Hauptrolle des Möchtegerngangsters Cem. In "Fack ju Göhte" beweist er aufs Neue, dass er das Prolligsein so gut beherrscht wie kein anderer. Als vermeintlicher Lehrer Zeki Müller, der eigentlich aus der kriminellen Unterschicht stammt, gibt er öfter Zigarettenrauch und Bierdunst von sich als pädagogisch wertvolle Botschaften. Doch im Laufe des Films bedient er immer mehr nicht nur das Klischee "Uga uga, ich habe Feuer gemacht", sondern wird zum Schülerversteher mit Herz.
Sein idealer Konterpart ist Karoline Herfurth, die nach vielen Dramarollen nun als unlockere und grammatikfixierte Referendarin Lisi Schnabelstedt ihr komödiantisches Talent beweist. Ihr klaut Zeki zuerst das Examenszeugnis und später auch das Herz, während sie - um Coolness bemüht - Slangausdrücke ihrer Schüler in ein Notizbuch kritzelt: ",Yolo' sagt man schon noch oder?"
Außerdem herausragend: Katja Riemann als kleberschnüffelnde Schulleiterin Gudrun Gerster, die ihre Schule durch Überwachungskameras im 360-Grad-Blick hat.
Doch nicht nur Lehrer werden in der Pauker-Komödie auf die Schippe genommen: Die aufstrebenden Jungdarsteller Jella Haase und Max von der Groeben spielen Chantal und Danger. Vorlaut und um das Image der Intelligenzallergiker bemüht, bilden diese beiden Charaktere den rebellischen Kopf der "Loserklasse" 10b.
"Fack ju Göhte" zeichnet Prototypen, die es an jeder Schule gibt und die der Zuschauer aus seiner eigenen Schulzeit wiedererkennt. Der Film überspitzt, macht das allerdings nie auf Kosten anderer. Bora Dagtekin stammt selbst aus einer Lehrerfamilie und will deutlich machen, dass für viele Pädagogen Beruf auch immer noch Berufung ist und sie oft dieselben Probleme haben wie ihre Schüler: Sie verlieben sich, suchen ihre Rolle in der Gesellschaft und reifen an ihrer Aufgabe.
Ermahnung ans Bildungssystem
Mit intensiver Farbgestaltung sprüht Dagtekin den Film als neonfarbenes Graffiti auf die Leinwand. Untermalt wird das Ganze von mitreißender Musik, die auch einige aktuelle Chartstürmer aufweist.
Zugegeben: Die Handlung ist vorhersehbar und das Ende nicht überraschend. Ernste Szenen sind selten. Doch das ist kein Nachteil. Der Film erfüllt seine Aufgabe als Komödie und bei den vielen Gags hat der Zuschauer gar keine Zeit, sich darüber zu ärgern.
Obwohl der Film gedanklich nicht übermäßig herausfordert, enthält er trotzdem einen versteckten erhobenen Zeigefinger auf das deutsche Bildungssystem. Das beinhaltet sicher auch im wahren Leben respektlose Schüler und eingefahrene Lehrer, die sich nicht mehr in die Lage ihrer Schützlinge versetzen können.
Der Zuschauer sollte aber nicht zu viel in den Film hineininterpretieren. Lehrer und Schüler, die ihn sehen, sollten sich selbst nicht zu ernst nehmen. Und schließlich ist es doch genauso, wie Direktorin Gudrun Gerster im Film sagt: "Wir Lehrer werden den ganzen Tag verarscht. Manchmal muss man auch ein bisschen zurückverarschen."