Freischreiben
Entschleunigung: Valentin Viehbacher über die chinesische Youtuberin Li Ziqi
29. Juni 2020, 15:18 Uhr aktualisiert am 3. April 2023, 12:59 Uhr
Blickt man auf YouTube, wird man aus jeder Richtung von Abertausenden Videos bombardiert. Von plappernden Influencern, die einem mit hundert Rabatt-Coupons die neuesten Produkte schmackhaft machen. Von stupiden Live-Hacks á la "Ich bastle Sandalen aus zwei Slipeinlagen" oder von unglaublich süßen Tiervideos, hilfreichen Make-up-Tutorials oder witzigen Prank-Videos.
Aus diesem Wirrwarr sticht die chinesische Youtuberin Li Ziqi hervor. Sie versorgt ihre knapp elf Millionen Follower regelmäßig mit Handwerks- und Kochvideos. Dabei sind alle ihre Videos bewusst entschleunigt. Zurückhaltende Musik und schöne Landschaftsaufnahmen ergänzen das perfekt.
Der Traum vom ruhigen Leben
Für Stadtbewohner verkörpert Lis Lebensweise einen Traum: Viele wollen sich fernab vom Trubel Zeit nehmen, um innerlich herunterzukommen. Das gilt vor allem gerade jetzt, wo die Corona-Pandemie das Leben in der Stadt noch schwieriger macht. Da dienen die Videos oft als kurze Auszeit vom Alltag. Li redet dabei kaum vor der Kamera, zumindest nie direkt zu den Zuschauern. Das unterscheidet sie von anderen Youtubern. Li ist eine Selbstversorgerin. Oft sieht man sie im Gespräch mit ihrer Großmutter, bei der sie den meisten Teil ihrer Kindheit verbracht hat. Von ihr hat sie die traditionellen Koch- und Handwerksfähigkeiten erlernt, die sie in vielen Videos zeigt.
Immer dabei: Lis Hackbeil
Außerdem sind ihre Videos aufgebaut wie Dokumentationen. Sie zeigen sie häufig in ihrem Garten oder an der Feuerstelle. Dort erntet sie Gemüse und bereitet traditionelle Gerichte zu. Doch auch handwerklich hat Li einiges drauf. In Windeseile baut sie sich eine Sitzgarnitur aus Bambus, einen Backofen und einen Pavillon mit Hollywoodschaukel. Egal, bei welchem Vorhaben - ihr kultiges Hackbeil ist ihr ständiger Begleiter.
Das Schöne an Lis Videos ist, dass man einerseits entspannen, aber gleichzeitig auch etwas Neues lernen kann. So entdeckt man als Zuschauer Pflanzen, von denen man zuvor noch nie etwas gehört hat, und sieht Trocknungs- und Zubereitungsverfahren, bei denen man stets miträtseln kann, was am Ende wohl daraus entstehen wird.