Reportage
"Man fühlt sich wie der König der Welt"
3. Mai 2012, 15:43 Uhr aktualisiert am 3. Mai 2012, 15:43 Uhr
Interview von Kerstin Weinzierl
Vor fast genau einem Jahr standen Franklin, 14 Jahre, aus Ebersroith in der Gemeinde Falkenstein, Jonas, 16, aus Cham, Linus, 16, aus Roding, und Paul, 16, aus Thierlstein, zum ersten Mal auf dem Gelände des Segelflug-Sportvereins Cham. In diesem Frühjahr stieß Daniel, 16, aus Cham zu dem Quartett dazu. Ihr großes Ziel: Die Segelflug-Lizenz zu erwerben. Und dieses Ziel ist greifbar nahe. Die ersten Alleinflüge haben sie bereits hinter sich, noch in diesem Jahr wollen vier von ihnen zur Prüfung antreten. Mit Freistunde sprachen Franklin, Jonas, Linus und Daniel über ihre Motivation, die Ausbildung, ihre Ziele und die grenzenlose Freiheit hoch oben am Himmel.
Freistunde: Wie seid ihr zum Segelfliegen gekommen?
Jonas: Die Idee entstand im Kunstunterricht. Ich saß im 4. Stock unserer Schule, schaute aus dem Fenster und dachte: Wie schön wäre es jetzt, in einem Flugzeug zu sitzen und diesen Blick von oben zu genießen. Ich hörte mich in meinem Freundeskreis um und innerhalb eines Monats fassten wir den Entschluss, beim Segelflug-Sportverein Cham (SSV Cham) vorbeizuschauen.
Und dann einfach ab ins Flugzeug?
Es war tatsächlich so, dass wir gleich am ersten Tag als Gast hinten in einem Segelflieger mitfliegen durften. Um dieses Hobby einfach mal zu testen, hat uns der SSV Cham einen Schnupperkurs angeboten. Dabei durften wir mit dem Schulflugzeug einige Starts und Landungen ausprobieren. Wir waren von der ersten Minute an die Piloten, der Fluglehrer saß hinten drin. Genauso wie beim Autoführerschein hat am Anfang natürlich das meiste der Fluglehrer gemacht.
Kann jeder Jugendliche, der Interesse hat, das Segelfliegen lernen?
Einzige Voraussetzung ist, dass man mindestens 14 Jahre alt und flugtauglich ist. Dazu braucht man eine Bescheinigung vom Augenarzt, HNO-Arzt und Fliegerarzt.
Wie lange dauert es, bis man zum ersten Mal alleine fliegen darf?
Man braucht im Durchschnitt so zwischen 50 bis 80 Starts. Letzten Endes entscheidet der Fluglehrer, wann man so weit ist.
Wie muss man sich die ersten Alleinflüge vorstellen?
Mit der Seilwinde wird das Segelflugzeug in eine Höhe zwischen 300 und 400 Metern gebracht. Dann dreht man eine Platzrunde, die einige wenige Minuten dauert, um dann wieder zur Landung anzusetzen. Am Anfang kommt es darauf an, die Starts und Landungen zu trainieren. Mit der Thermik zu spielen und die Aufwinde auszunutzen, lernt man erst später.
Was ist am schwierigsten zu erlernen?
Schwierig ist es, die Thermik zu finden. Auch die Landung ist eine Herausforderung, schließlich soll das Flugzeug wieder sanft aufgesetzt werden.
Was ist das Faszinierende am Segelfliegen?
Es ist einfach toll, lautlos dahinzugleiten und dabei die thermischen Aufwinde auszunutzen. Alles und alle sind unter einem. Man fühlt sich wie der König der Welt.
Was war der schönste Augenblick eurer bisherigen Segelflug-Karriere?
Linus: Mein erster Thermikflug war gigantisch: 55 Minuten lang in 2000 Metern Höhe!
Franklin: Der erste Alleinflug!
Wie viel Zeit muss man investieren, um das Segelfliegen zu erlernen?
Letzten Sommer waren wir jedes Wochenende auf dem Flugplatz. Im Winter fand der Theorieunterricht statt, dazu muss man natürlich zu Hause noch lernen. Außerdem haben wir im Winter bei den Wartungsarbeiten mitgeholfen.
Welche Kosten sind mit diesem Hobby verbunden?
Für den Erwerb des Flugscheins müssen so zwischen 2000 und 2500 Euro innerhalb von zwei bis drei Jahren investiert werden. Das ist eigentlich sehr günstig, da beim SSV Cham die Fluglehrer alle ehrenamtlich arbeiten. Beinhaltet ist eine einmalige Aufnahmegebühr von 250 Euro für Jugendliche und ein Jahresbeitrag von derzeit 93 Euro. Um die vereinseigenen Flugzeuge nutzen zu können, kann man entweder eine Flatrate von 250 Euro pro Saison bezahlen oder jede Fliegerminute eigens abrechnen (zwölf Euro pro Stunde für den Schulungsdoppelsitzer).
Welche Ziele habt ihr?
Franklin, Linus, Daniel: Wir möchten alle Lufthansa-Piloten werden.
Jonas: Ich möchte noch den Motor-Flugschein machen. Das Fliegen soll aber mein Hobby bleiben.
Interview von Kerstin Weinzierl