Gesundheit

Nasenspraysucht


Die 22-Jährige möchte unerkannt bleiben. Symbolfoto: Caroline Seidel/dpa, Foto rechts: ccvison.de

Die 22-Jährige möchte unerkannt bleiben. Symbolfoto: Caroline Seidel/dpa, Foto rechts: ccvison.de

Die Abhängigkeit von abschwellenden Nasensprays ist eine Volkskrankheit. Wir haben uns mit einem Experten und einer Betroffenen unterhalten.

Selina aus dem Landkreis Straubing-Bogen ist seit neun Jahren von abschwellendem Nasenspray abhängig.

Selina ist mit ihren Freunden in einem Wirtshaus. Plötzlich fällt ihr ein: "Ich habe mein Nasenspray daheim vergessen!" Die gute Laune ist mit einem Schlag weg. Sie hat nur noch einen Gedanken: "Wo bekomme ich jetzt ein Nasenspray her?!"

Auch Selinas Freunde haben nun ein Problem. "Wenn ich mit meinen Leuten unterwegs bin und mein Nasenspray vergessen habe, dann bricht auch bei den anderen Panik aus. Weil sie wissen, ich drehe jetzt gleich durch", sagt Selina.

Die 22-Jährige (Name von der Redaktion geändert) aus dem Landkreis Straubing-Bogen ist von abschwellendem Nasenspray abhängig, seit sie 13 Jahre alt ist. Zweimal täglich sprüht sie.

Angefangen hat das Ganze vor neun Jahren bei einem harmlosen Schnupfen. Da damals auch ihre Mutter zehn Jahre lang von den Nasensprays abhängig war, dachte sich Selina, dass es schon nicht so schlimm sein kann, wenn man es ständig nimmt.

"Man kann gar nicht mehr richtig denken und wird total reizbar"

Zurück im Wirtshaus. Selinas Nase macht komplett dicht. "Das ist echt absolute Kopfsache", weiß sie. Sie ruft jetzt alle Freunde an, die noch nachkommen werden, ob bitte jemand ein Spray mitnehmen kann. Sie hat Glück: Eine Freundin schaut vor dem Treffen noch schnell bei einer Apotheke vorbei. Aber nicht immer klappt das. "Zur Not habe ich schon Schnupftabak geschnupft", erzählt Selina.

Selina ist in den vergangenen neun Jahren immer wieder für ein paar Monate von ihrer Abhängigkeit losgekommen. Aber spätestens beim nächsten Schnupfen wurde sie wieder süchtig.

Wie unangenehm ein Entzug ist, weiß Selina aus eigener Erfahrung: "Es ist der Horror. Man bekommt gar keine Luft mehr durch die Nase und kann nur noch durch den Mund atmen. Man kann gar nicht mehr richtig denken und wird total reizbar." Deshalb war für Selina ein Entzug oft nicht machbar. "Wenn man auf einem Entzug in der Arbeit sitzt oder lernen muss, denkt man sich nur: ,Eigentlich kann ich gerade gar nix tun.'"

Ihre Nase hat die 22-Jährige noch von keinem Arzt untersuchen lassen. Sie glaubt, bis jetzt keine Schäden davongetragen zu haben. "Aber ich habe schon krasse Sachen gehört, was da alles passieren kann ...", sagt sie.

Da Selina als Versicherungsfachfrau beruflich viel unterwegs ist, kauft sie sich die Nasensprays immer in unterschiedlichen Apotheken. Deshalb ist es auch noch keinem Apotheker aufgefallen.

Gerade hat Selina Prüfungsstress. Deshalb hat sie keine Nerven für einen erneuten Entzug.