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Schule "dahoam": Eine Lehrerin zieht Bilanz
3. April 2020, 12:19 Uhr aktualisiert am 3. April 2020, 12:19 Uhr
Seit drei Wochen sind wegen Corona alle Schulen geschlossen. Gelernt wird stattdessen zuhause.
Wie das klappt, verrät Martina Zanner. Die Lehrerin am Ursulinen-Gymnasium in Straubing zieht eine Bilanz.
Ach, ein Jahr Weltreise und die Kinder unterrichten wir dann selbst. Da ist man viel unabhängiger!" Das klingt zwar romantisch, ist aber schwierig, wie uns das Coronavirus gerade beweist. Seit drei Wochen sind alle Schulen geschlossen. Der Unterricht findet deshalb zuhause in den eigenen vier Wänden statt. Während viele Eltern im Home Office arbeiten, lernen die Schüler beim Home Schooling. Ein Drahtseilakt, den es gemeinsam zu bewältigen gilt. Ich habe mich kurz vor den Osterferien umgehört.
Jederzeit erreichbar
An unserer Schule sind wir Lehrkräfte für die Schüler und ihre Eltern jederzeit per Dienst-E-Mail, Elternportal, Schulcloud und Mebis erreichbar. Zum Glück ist unsere Schule so gut ausgestattet, dass unsere Schüler ans Arbeiten mit digitalen Medien gewöhnt sind. Viele von ihnen besitzen deshalb auch eigene Geräte. Wer keinen Computer hat, konnte sich für diese Zeit zudem kostenlos ein Tablet von der Schule ausleihen. Dass wir einen hauseigenen Systemadministrator und eine Systembetreuerin an der Schule haben, ist dabei zusätzlich ein großer Vorteil. Wir stehen allen bei technischen Problemen zur Seite.
Austausch über WhatsApp
Fragt man Schüler, wie es ihnen in den vergangenen drei Wochen ergangen ist, sind alle recht positiv gestimmt, auch wenn es anfangs Schwierigkeiten gab. "Während man am Anfang Glück haben musste, nach zehn Versuchen in Mebis zu landen, funktioniert das mittlerweile reibungslos, genauso wie der Kontakt per E-Mail", erzählt Hannah aus der zehnten Klasse.
Sie und ihre Mitschülerinnen haben extra eine WhatsApp-Gruppe für Fragen zum Schulstoff angelegt und die Kommunikation zwischen ihnen und ihren Lehrkräften auf wenige Personen übertragen. Wie Ferien fühlt sich die "coronafreie" Zeit dabei nicht an, betont die Zehntklässlerin: "Sich den Stoff selbst anzueignen, hat nochmal einen ganz anderen Schwierigkeitsgrad. Disziplin ist da enorm wichtig, aber man muss auch wissen, wann man eine Pause machen kann."
Morgendlicher Videochat
Dass es hilfreich ist, sich untereinander zu organisieren, findet auch Teresa. Die Achtklässlerin hat sich mit einer Freundin zusammengetan. "Gleich morgens machen wir einen Videoanruf. Dann strukturieren wir den Tag. Wenn wir in einem Fach alles erledigt haben, nutzen wir die Zeit, um zu wiederholen", berichtet sie. Das Videochatten würde die beiden auch motivieren, wirklich etwas zu erledigen. "Man verfällt nicht gleich in Panik, wenn etwas nicht so klappt, weil man sich unterstützen kann", sagt sie.
Auch die Eltern stehen beim Home Schooling vor großen Herausforderungen: Viele Kinder brauchen Unterstützung. Häufig müssen die Eltern als Ersatzlehrkräfte einspringen. Hinzu kommen dann noch die eigene Arbeit und Sorgen um die Zukunft.
Auch für uns Lehrkräfte ist die Situation eine neue Herausforderung. Eine schulinterne Fortbildung am letzten Tag in der Schule sollte uns darauf vorbereiten. Im Anschluss hatten wir die Chance, darauf unsere eigenen Fähigkeiten zum digitalen Unterrichten aufzubauen und zu erweitern, auch wenn alles ungewohnt ist.
Völlig veränderter Tagesablauf
Das hat zum Beispiel auch unseren gewohnten Tagesablauf stark verändert, weil wir auf die Rückmeldungen der Schülerinnen warten und Arbeitsmaterial so aufbereiten müssen, dass es zuhause gut bearbeitet werden kann. Große Herausforderung ist dabei die richtige Menge an Unterrichtsstoff. Denn den Stoff selbst zu erarbeiten, braucht viel mehr Zeit.
Korrigieren ist umständlicher
Auch das Korrigieren ist um einiges umständlicher. Manch einen ärgert das überlastete Mebis, ebenso müssen sich Augen und Kopf daran gewöhnen, so viel Zeit vor dem Computer zu verbringen. Und gerade in den Naturwissenschaften gilt: Experimentieren mit Schülern ist viel schöner, darauf muss aber jetzt verzichtet werden.
Trotzdem ist digitaler Unterricht in allen Fächern möglich. Das zeigt zum Beispiel die Aussage einer Kunstlehrerin unserer Schule. Sie sagt: "Es ist spannend, die digitalen Ressourcen zu nutzen. Für Kunst gibt es zum Beispiel virtuelle Rundgänge im Musée d'Orsay oder in den Uffizien in Florenz. Man kann sich auch in Projekten wie der Erstellung eines Stop-Motion-Films kreativ austoben."
Besonders liegen uns Lehrkräften dabei vor allem die Abiturientinnen am Herzen. Sie sollen trotz der Umstände bestens auf die anstehenden Prüfungen vorbereitet werden. Ich hoffe, dass sie und auch die anderen Schüler diese Zeit als Chance sehen, sich in Selbstständigkeit zu üben. Das soll sie für ihren weiteren Weg stärken.