Berufsportrait: Festivalveranstalter
Stress pur, wo andere tanzen
14. September 2012, 9:29 Uhr aktualisiert am 14. September 2012, 9:29 Uhr
Hamburg/Lüneburg. (dpa) Ausgelassene Stimmung, gute Musik und viele bunte Zelte - vor lauter Spaß übersieht man leicht, dass ein Festival bis ins Detail durchgeplant sein muss. Denn jeder Besucher will auch etwas essen, zur Toilette gehen oder unter die erfrischende Dusche hüpfen. Die Künstler müssen gebucht, bezahlt und betreut, das Gelände abgesperrt und gesichert werden. Wer organisiert solche Großveranstaltungen eigentlich, wie wird man Festivalveranstalter, und wer hat überhaupt das Zeug dazu?
Für Joshua Hoof hat alles im vergangenen Jahr begonnen, als er sich mit einem Freund aus der Uni unterhielt. Als dieser ihn fragte, ob er nicht Lust hätte, das "Lunatic Festival" mit zu organisieren, zögerte Joshua als begeisterter Festival-Gänger zunächst. "Erst habe ich mir das Ganze gar nicht zugetraut", erinnert sich der 22-Jährige. Am Ende übernahm er sogar die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit und kümmerte sich zum Beispiel um Journalisten und Fotografen. Andere Studenten sorgten sich um die Finanzen, managten die Buchung und Betreuung der Künstler oder waren für die Technik und Infrastruktur zuständig. Das "Lunatic" findet seit fast zehn Jahren auf dem Lüneburger Uni-Campus statt und wird ausschließlich von Studenten gestaltet.
Was für Joshua im Studium ein Lernprojekt war, wie er sagt, ist für Jean Rehders aus Hamburg Beruf. Genau wie Joshua hat Rehders Kulturwissenschaften studiert. Mittlerweile veranstaltet er das Hamburger Stadtfestival "MS Dockville" mit, zu dem jährlich rund 20000 Leute kommen. Das gesamte Jahr spinnt Rehders Ideen für die Veranstaltung und entwickelt begleitende Projekte wie ein Kunstcamp oder die Kinderfreizeit "Lüttville". Außerdem sorgt er dafür, dass viele Leute von dem Festival erfahren, es unterstützen oder besuchen.
Alles begann für ihn ähnlich wie für Joshua: "Ich bin da 2007 während meines Studiums so reingerutscht", berichtet Rehders. Als er zwei Jahre später mit der Uni fertig war, habe er endlich alle Nebenjobs schmeißen und von der Festivalorganisation leben können. "Wir planen das Festival tatsächlich das ganze Jahr." In den wenigsten Fällen sei dabei nur eine Person des sechsköpfigen Kernteams für eine Sache zuständig. Bei vielen Aufgaben packen mehrere Leute mit an. Deshalb mag Rehders seine Arbeit. "Der Job ist wahnsinnig dynamisch, es gibt selten Tage, die sich gleichen."
Überblick behalten
Stress gehört dazu. Das weiß auch Joshua. Fristen setzen, den Überblick bewahren, wer wann was macht - davon kann der Student nach einem Jahr intensiver Festival-Arbeit ein Lied singen. Wer als Festivalveranstalter arbeiten möchte, müsse stets strukturiert, organisiert und aufmerksam sein. "Und ohne Leidenschaft und Herzblut geht das nicht", meint Joshua.
Am Festival-Wochenende selbst ist der Höhepunkt der Arbeit erreicht. Von Schlaf kann dann nicht mehr die Rede sein. Rehders sagt: "Ich bediene den ganzen Tag Leute, ich bin so etwas wie eine permanente Fragebox." Joshua hat das auch kennengelernt. "Eine Band wollte ich unbedingt sehen - und habe dann einfach mein Funkgerät ausgemacht", sagt er und lacht. Trotz begrenzter Mittel sei das "Lunatic Festival" im Juni mit etwa 2400 Besuchern erfolgreich über die Bühne gegangen. "Das macht einen dann echt stolz", schwärmt Joshua. Und auch für Rehders zahlt sich jedes Jahr die Arbeit aus: "Man hat viel Stress aber dafür das ganze Jahr etwas von dem Ereignis."