Corona-Pandemie schon 2019 bekannt?
Bayerische Staatskanzlei zerlegt Verschwörungstheorie
15. Oktober 2020, 15:45 Uhr aktualisiert am 2. April 2023, 9:01 Uhr
Mit zunehmender Dauer der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen wächst in der Bevölkerung auch die Unzufriedenheit. Die Kritik an den Maßnahmen der Regierung nimmt zu und immer neue Verschwörungstheorien schießen wie Pilze aus dem Boden. Eine dieser Theorien nimmt nun die Bayerische Staatskanzlei ins Visier. Der Vorwurf: Dort soll man schon lange vor dem Covid-19-Ausbruch von der Pandemie gewusst haben. Angeblich gäbe es dafür auch Beweise. idowa hat bei der Staatskanzlei nachgefragt.
Maskenpflicht, Beherbergungsverbot, Kurzarbeit, Insolvenzen - ein Leben wie man es vor der Corona-Pandemie kannte, scheint aktuell in weiter Ferne. Die zweite Welle hat Deutschland erreicht, die Zahl der Neuinfektionen ist am Donnerstag auf ein Rekordhoch von 6.638 geklettert. Eine Zahl, die zum Teil wohl damit zu erklären ist, dass mittlerweile deutlich mehr getestet wird als noch im Frühjahr. Nach Überzeugung etlicher Experten ist damit aber auch ein deutlich erhöhtes Infektionsgeschehen verbunden, was die aktuellen Verschärfungen der Corona-Maßnahmen etwa in Bayern bedingt hat.
Im Schlepptau der Kritik an dem täglich veröffentlichtem Zahlenmaterial sind nicht selten diverse Verschwörungstheorien zu finden. Dabei landet vieles völlig ungefiltert im Internet und wird innerhalb weniger Stunden zehntausende Male aufgerufen. So verhält es sich auch mit einem Video, das seit wenigen Tagen auf YouTube kursiert. Darin tritt ein älterer Mann vor die Kamera und erhebt Vorwürfe gegen die Bayerische Staatskanzlei. Denn auf deren offiziellem Internetauftritt sei ein Gesetzestext zu finden, der es in sich habe.
Konkret geht es darin um einen Sonderfonds zur Corona-Pandemie. Was nun aber zumindest auf den ersten Blick befremdlich wirkt: das Ganze ist mit dem Datum 24.05.2019 versehen, mit dem Zusatz "Text gilt ab 01.01.2020". Nun zählt der Laie schnell 1 und 1 zusammen und fragt sich zunächst vielleicht auch: "Wie konnte die Regierung schon im Mai vergangenen Jahres von einer Corona-Pandemie wissen?" Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern, sind diese doch felsenfest davon überzeugt, dass die Pandemie lediglich eine gigantische, globale Inszenierung führender Politiker und Unternehmer ist.
Die Erklärung der Bayerischen Staatskanzlei
Wirft man allerdings einen genaueren Blick auf so manche Verschwörungstheorie, fällt diese relativ schnell wie ein Kartenhaus in sich zusammen. So auch im aktuellen Fall des Gesetzestextes auf der Internetseite der Bayerischen Staatskanzlei. "Artikel 2a Haushaltsgesetz zum Sonderfonds Corona-Pandemie ist durch das Nachtragshaushaltsgesetz 2019/2020 vom 19. März 2020 nachträglich in das seit 24. Mai 2019 existierende Haushaltsgesetz 2019/2020 eingefügt worden. Es gab also ein Gesetz, lange vor Corona, das im März 2020 um Artikel 2a ergänzt wurde", lautet die simple Erklärung einer Pressesprecherin der Staatskanzlei gegenüber idowa. Einen stichhaltigen Beweis liefert die Sprecherin direkt noch mit. Unter folgendem Link ist die nachträgliche Änderung des vom 24. Mai 2019 datierenden Haushaltsgesetzes 2019/20 nachzulesen: Änderung des Haushaltsgesetzes 2019/20
Die weitere Erklärung der Sprecherin der Staatskanzlei bringt noch mehr Licht ins anfängliche Dunkel: "Der Begriff 'Fassung' in der Kopfzeile benennt das Datum des Haushaltsgesetzes 2019/2020, das vom 24.5.2019 datiert. Das Datum der Fassung bleibt unverändert, sofern kein komplett neues Gesetz erlassen wird. Man könnte es (...) auch Ursprungsfassung nennen." In diesem Gesetz würden fortlaufend Änderungen vorgenommen, teils mit rückwirkendem, teils mit zukünftigem Inkrafttreten einzelner Normen. "Der Begriff 'Text gilt ab' in der Kopfzeile sagt aus, dass einzelne Normen des Haushaltsgesetzes 2019/2020 zum 1.1.2020 in Kraft getreten sind. Der Stand des Gesetzes wird fortlaufend angepasst, zum Beispiel dann, wenn einzelne Normen zum 1.1.2021 in Kraft getreten sind. Ab dann lautet die Kopfzeile Fassung: 24.5.2019 Text gilt ab: 1.1.2021", ergänzt die Sprecherin der Bayerischen Staatskanzlei.