Gäubodenvolksfest

Der Volksfestbedienung über die Schulter geschaut


Nerven, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen - ohne diese Eigenschaften hat es eine Bedienung schwer auf dem Gäubodenvolksfest

Nerven, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen - ohne diese Eigenschaften hat es eine Bedienung schwer auf dem Gäubodenvolksfest

Immer freundlich lächeln: Als Bedienung auf dem Gäubodenvolksfest braucht man nicht nur eine gute Kondition, sondern auch die richtige Einstellung und Spaß an der Arbeit. Die Volksfest-Bedienung Marcel aus dem Festzelt Reisinger erklärt, worauf es ankommt.

Drei Bier, fünf Radler und zwei Spezi trägt Marcel durchs Zelt. Ruhig und mit einem Lächeln auf den Lippen manövriert er die Krüge an den vorbeilaufenden Kindern vorbei und durch die Tür raus zum Biergarten des Festzeltes. Ohne dass sein Jancker oder die Lederhose etwas abbekommen, setzt er die zehn Krüge vorsichtig an einem der Tische ab. Der weiße Bierschaum schwappt dabei gefährlich nah an den Rand des Maßkrugs. "Wer hat Bier bestellt?", ruft er in die Runde.

An einem Nachbartisch meldet sich zaghaft ein älterer Herr. Als Marcel die Maß bei dem Mann abliefern will, sieht er schon das heftige Stirnrunzeln dessen Begleiterin, die nach einer kurzen Diskussion mit ihrem Mann die Maß kurzerhand abbestellt. "Das macht Ihnen doch nichts aus, oder?", fragt sie. Der 31-jährige Kellner schüttelt höflich den Kopf. "Das passiert häufiger", erklärt er später achselzuckend. "Die Männer bestellen erst ein Bier und wenn dann die Frau wieder kommt, legt die ein Veto ein. Was will man da machen? Vielleicht will ja wer anders ein Bier."

Das zehnte Jahr arbeitet Marcel bereits im Festzelt Reisinger und ist dementsprechend gelassen. Mit dem Bedienen angefangen hat er aber schon im Alter von 17 Jahren auf dem Eichstätter Volksfest. Ein Jahr danach ging es dann gleich auf das Oktoberfest. Bis heute macht ihm das Bedienen viel Spaß. "Witzig ist, wenn man die Leute beraten kann. Vor allem, wenn sie sich Sachen bestellen wollen, die gar nicht auf der Karte stehen." Einmal habe einer unbedingt ein halbes Spezi haben wollen, obwohl es beim Reisinger Spezi nur als Maß gebe. "Am Ende hat der dann stattdessen einen bayerischen Wurstsalat bestellt.", meint er schmunzelnd. Generell lerne man als Bedienung viele verschiedene Menschentypen kennen - und oft auch lieben. "Von freundlich und herzig bis ungeduldig und ruppig ist da alles dabei. Als Bedienung ist es dann unsere Aufgabe auch den Ungeduldigen möglichst ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern."

Seine Geduld trainiert der 31-Jährige aber auch in seinem Hauptberuf. Von September bis Juli ist Marcel Lehrer für Deutsch und Französisch an einer Schule in Neu-Ulm. Seinen Studentenjob als Bedienung auf dem Gäubodenvolksfest hat er jedoch bis heute beibehalten. "Während des Studiums habe ich es wegen des Geldes gemacht. Heute ist es mehr wegen der Freunde im Team. Man freut sich darauf, die nach einem Jahr endlich wiederzusehen", sagt Marcel. Dass er dafür jedes Jahr das Okay seines Chefs einholen muss, stört ihn nicht. "Mein Chef findet es ja auch gut, dass ich das in meiner Freizeit mache."

Nerven, Ehrgeiz und entwaffnende Freundlichkeit

Von halb zehn morgens bis Mitternacht sind die Bedienungen im Reisinger im Einsatz - ein langer Zeitraum, auch wenn am Nachmittag mehrere Verschnaufpausen eingeplant sind. Das stört Marcel aber nicht, er bereitet sich schon lange nicht mehr intensiv auf die zehn Tage im Festzelt vor. "In den ersten Jahren habe ich noch daheim mit Krügen geübt, die mit Wasser gefüllt waren. Meine Erfahrung reicht inzwischen aus, um als Bedienung durchhalten zu können."

Viel wichtiger ist für ihn die richtige Einstellung zu dem Volksfestjob. "Als gute Bedienung braucht man vor allem Nerven, Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und eine entwaffnende Freundlichkeit - vor allem für die etwas ungeduldigeren Gäste", sagt der 31-Jährige mit einem Zwinkern in den Augen. Das Zwinkern kommt auch gut bei den Gästen im Biergarten des Reisinger Zeltes an. Sie merken schnell, dass Marcel Spaß an seinem Job hat. "Der Biergarten ist immer voll besetzt. Da muss man auf Zack sein", sagt Marcel.

Bis zu 16 Maß auf einmal schleppt er von der Schänke raus ins Freie. "Aber da wird es dann schon kritisch, weil man zwei Maß in der Mitte einklemmen muss. Und dann kann man anderen nur schwer ausweichen. Besser man nimmt nur 14", lacht der 31-Jährige, der heuer das erste Jahr im Biergarten bedient. Davor war er jahrelang für die Stammkundenboxen zuständig. "In den neun Jahren hatte ich es vor allem mit Sonderwünschen und Umbestellungen zu tun. Das ist schon eine Herausforderung, die alle umzusetzen."

"Vorsicht vor der "Frischluftfotzn"

Im Biergarten dagegen noch warten ganz andere Herausforderungen auf ihn. "Oft torkeln abends die Betrunkenen aus dem Zelt raus, um frische Luft zu schnappen. Die holen sich dann meist gleich eine Frischluftfotzn ab", sagt Marcel. Die müsse man dann im Auge behalten, damit sich keiner von denen in den Biergarten übergibt. "Das wollen wir unbedingt vermeiden."

Und auch der Umgang mit unzufriedenen Gästen will gelernt sein. Ab und zu beschweren sich Gäste schon einmal, weil ihre Maß nicht so gut eingeschenkt ist. "Wenn ich dann mit 14 Maßen unterwegs bin und sich einer beschwert, sag ich schon mal im Spaß, dass ich schon mal angetrunken hab, weil ich so schwer schleppen muss", sagt Marcel grinsend. So ein frecher Spruch komme meistens ganz gut an und lockere die Stimmung auf. "Ich musste das aber am Anfang erst lernen, das Ganze etwas mit Humor zu nehmen. Bei dem Stress ist es nämlich schwierig, ständig zum Nachfüllen zu rennen."

Schwieriger sei es da schon, den Gästen im Biergarten zu erklären, warum die Sonnenschirme bei Unwetter zugemacht werden müssen. "Die fühlten sich dann vertrieben, weil sie sich ja extra zum Schutz unter den Schirm gesetzt haben." Aber das sei gefährlich, denn wenn sich einer der Sonnenschirme löst, kann der nicht nur eine Menge Schaden anrichten, sondern auch die Gäste im Biergarten verletzen. "Natürlich versuche ich dann, den Besuchern zu erklären, warum der Schirm nicht aufgespannt bleiben darf. Aber viel Zeit bleibt dafür nicht, schließlich müssen die Schirme aus Sicherheitsgründen schnell zugemacht werden."

Ansonsten versteht sich der junge Lehrer eigentlich aber gut mit seinen Gästen. In den vergangenen zehn Jahren hat der 31-Jährige auch viele Stammgäste gesammelt. "Es kommen immer wieder die gleichen zu uns her und wir freuen uns darüber." Mit manchen habe er sogar feste Rituale. "Bei denen darf ich sogar die erste Maß antrinken."

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Nerven, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen - ohne diese Eigenschaften hat es eine Bedienung schwer auf dem Gäubodenvolksfest

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