Mit dem HSV zu Gast beim SSV Jahn

Schweinsteiger: "Bin kein Co-Trainer, der nur Hütchen aufstellt"


"Ich bin kein Co-Trainer, der nur die Hütchen aufstellt. Ich will auch anschieben", sagt Tobias Schweinsteiger. Am Samstag gastiert er mit dem HSV bei seinem Ex-Club Jahn Regensburg.

"Ich bin kein Co-Trainer, der nur die Hütchen aufstellt. Ich will auch anschieben", sagt Tobias Schweinsteiger. Am Samstag gastiert er mit dem HSV bei seinem Ex-Club Jahn Regensburg.

2012 stieg Tobias Schweinsteiger mit dem SSV Jahn in die 2. Bundesliga auf. Am Samstag kehrt er nach Regensburg zurück - als Co-Trainer des Hamburger SV.

Es ist fast genau ein Jahr her, da war der SSV Jahn Regensburg überregional ein großes Thema. Der Oberpfälzer Zweitligist hatte gerade den ruhmreichen Hamburger SV besiegt. Mit 5:0 im Volksparkstadion. Was beim Jahn für Glücksgefühle sorgte, löste in Hamburg ein Beben aus. Der kleine Jahn demütigt den großen HSV. Für Tobias Schweinsteiger war es damals alles andere als eine Überraschung, dass sich Regensburg gegen den HSV durchsetzte, nur die Höhe hatte er so nicht erwartet. In den Tagen vor dem Spiel hospitierte er beim Jahn, durfte dem damaligen Cheftrainer Achim Beierlorzer über die Schulter schauen. "Ich wusste, wie der Jahn spielt und wusste, wie der HSV zu diesem Zeitpunkt gespielt hat. Deshalb war für mich klar, dass der Jahn da etwas holen kann", blickt Schweinsteiger zurück. Am kommenden Samstag steht in Regensburg das nächste Duell an. Schweinsteiger schaut dieses Mal von der anderen Seite drauf: Er ist inzwischen Co-Trainer des HSV.

Schon im Frühjahr hatte ihn Dieter Hecking kontaktiert. Bei seiner nächsten Trainerstation würde er gerne einen jungen Co-Trainer in sein Team aufnehmen. Er dachte dabei an Schweinsteiger, der zunächst aber absagte, schließlich hatte er noch längerfristig Vertrag beim FC Juniors OÖ in Österreich. Als sich die Situation dort im Sommer veränderte, war Schweinsteiger offen für den Wechsel nach Hamburg, wo Hecking inzwischen angeheuert hatte, und man einigte sich schnell auf die Zusammenarbeit.

Hungrige Spieler gesucht

Nachdem der Verein vergangene Saison an der Rückkehr in die Bundesliga gescheitert ist, folgte im Sommer ein größerer Umbruch. "Wir haben geschaut, dass wir hungrige Spieler nach Hamburg kriegen. Spieler, für die die 2. Liga kein Abstieg ist, sondern die gemeinsam mit dem Verein nach oben wollen", sagt Schweinsteiger. Etwas, das auch für das Trainerteam gilt. Dieter Hecking hätte sicherlich auch auf ein Angebot aus der Bundesliga warten können, entschied sich aber für die Aufgabe in der Hansestadt. "Wir machen das, weil uns die Herausforderung reizt und nicht, weil es in Hamburg schön zu leben ist", so Schweinsteiger.

Für ihn gehört der HSV nach wie vor zu den fünf, sechs größten Clubs in Deutschland, wenn man Mitglieder, Fanclubs und Historie betrachtet. In den vergangenen Jahren wurde der Verein aber meist als Chaosclub abgestempelt und belächelt. "Es ist unser Anreiz, den HSV wieder dahin zu bringen, positive Schlagzeilen zu schreiben", sagt der neue Co-Trainer.

"...dann haben wir richtig viel Power"

Rund um den Verein habe man es geschafft, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. "Jonas Boldt als Sportvorstand und Dieter Hecking tragen das als sportlich Verantwortliche gut nach außen. Alle Mitarbeiter sind motiviert, die Spieler sind motiviert, alle ziehen an einem Strang", sagt Schweinsteiger. "Das müssen wir jetzt aufrecht erhalten. Denn wenn in Hamburg alle in eine Richtung arbeiten, dann haben wir richtig viel Power."

Bislang sieht es gut aus, die Hamburger stehen nach sieben Spielen mit 16 Punkten auf dem zweiten Tabellenplatz. "Sehr zufrieden" ist man laut Schweinsteiger damit. "Nach dem großen Umbruch war uns nicht klar, wie schnell wir zusammenwachsen, wie schnell wir die Ergebnisse erzielen können", sagt er. Nach dem 1:1 zum Saisonstart gegen Darmstadt sei eine Unzufriedenheit zu spüren gewesen, aber mit dem darauf folgenden 4:0-Erfolg in Nürnberg habe sich das gedreht. "Wir haben schon sehr souveräne Spiele dabei gehabt", findet der Oberbayer. Selbst bei der 0:2-Derbyniederlage auf St. Pauli habe man phasenweise ein richtig gutes Spiel gemacht, aufgrund der ersten halben Stunde aber auch verdient nichts mitgenommen. "Für die Fans war das natürlich schade, für uns im Trainerteam ist es aber letztlich nur eines von 34 Spielen. Wir haben das sachlich analysiert, das Derby ist abgehakt."

Lesen Sie auf Seite 2, welche Aufgaben Tobias Schweinsteiger im Trainerteam des HSV übernimmt und wie seine Verbindung zum SSV Jahn ist.

Schweinsteigers Aufgaben im Trainerteam und seine Verbindungen zum Jahn

Die Analyse der Spiele ist neben der Gegneranalyse eine der Hauptaufgaben Schweinsteigers. Die Spiele schaut er von der Tribüne, kann per Funk Eindrücke an die Bank weitergeben und auch in der Halbzeit seine Einschätzung einfließen lassen. "Das ist sicherlich ein Punkt, in dem ich meine Stärken habe", sagt er. Er ist aber auch in die Arbeit auf dem Platz oder die Taktik eingebunden. Dieter Hecking fordert viel Input von seinem Co-Trainer. "Wir sind viel im Austausch, verstehen uns auch privat gut. Wir sehen viele Dinge sehr ähnlich", erzählt Schweinsteiger. Ihm ist es wichtig, sich einbringen zu können: "Ich bin kein Co-Trainer, der nur die Hütchen aufstellt. Ich will auch anschieben." Er sei als Trainer fordernd. "Ich will die Jungs aber auch überzeugen", sagt er. Dementsprechend handle er auch nur nach völliger Überzeugung: "Wenn ich von etwas nicht überzeugt bin, dann lasse ich das lieber sein", sagt er.

Guter Überblick und Funkkontakt zur Bank: Tobias Schweinsteiger verfolgt die HSV-Spiele von der Tribüne aus. (Foto: imago)

Guter Überblick und Funkkontakt zur Bank: Tobias Schweinsteiger verfolgt die HSV-Spiele von der Tribüne aus. (Foto: imago)

Völlig überzeugt war er auch von dem Schritt nach Hamburg. "Ich plane immer so, als ob der Verein, für den ich arbeite, mein letzter ist. Ich gehe mit der Haltung an eine Aufgabe, dass ich lange im Verein sein werde." Entsprechend sieht er aktuell auch seiner weiteren Trainerlaufbahn gelassen entgegen. Aktuell besitzt er die A-Lizenz, die er mit Bestnoten absolviert hat. Der nächste Schritt wäre die Ausbildung zum Fußballlehrer. Für die Zulassung müsse er ohnehin erst eine komplette Saison als Co-Trainer beim HSV arbeiten. Dann werde man weitersehen. "Wenn es zeitlich nicht passt, wenn es dem Verein oder mir schadet, dann bringt es nichts, den Lehrgang nur zu machen, damit ich die Lizenz habe. Auch hier mache ich es, wenn ich davon überzeugt bin, dass es passt", sagt er. Bis dahin gilt seine ganze Konzentration dem HSV.

Grundtugenden und Spielstärke

Dass in Hamburg auch ein gewisser Druck dazu kommt, weiß Schweinsteiger natürlich. "Aber wir nehmen ihn gar nicht so sehr wahr", sagt er. Der ehemalige Spieler und Jugendtrainer bei Bayern München ist Druck ohnehin gewohnt. Für die Gegner sei es auch jetzt gegen den HSV immer das Spiel des Jahres. "Wir müssen es einfach schaffen, unsere Leistung auf den Platz zu bringen. Mit Selbstvertrauen an die Aufgaben rangehen, aber auch jeden Gegner respektieren. Wir müssen die Grundtugenden abrufen, die in der 2. Liga gefragt sind, und unsere Spielstärke auf den Platz bringen." Die Trainingseinheiten seien konstant richtig gut. "Das zahlt sich am Wochenende dann auch aus. Wir werden trotzdem nicht jedes Spiel gewinnen, aber erhöhen durch gute Trainingsarbeit die Wahrscheinlichkeit, Spiele zu gewinnen."

Einmal pro Woche fährt Schweinsteiger noch in die bayerische Heimat, die Zugfahrt nutzt er für die Analyse des kommenden Gegners. Am Dienstag beschäftigte er sich somit intensiv mit dem Jahn. Was für die HSV-Mannschaft wichtig sein wird? "Wir müssen Mentalität an den Tag legen, müssen wach und zweikampfstark sein. Wir müssen unseren Plan verfolgen, brauchen für verschiedene Situationen aber auch den Plan B, C und D", sagt der Co-Trainer.

Mit Hein, Nachreiner und Selimbegovic zusammengespielt

Auf drei ehemalige Mitspieler trifft er am Samstag. Oliver Hein ("Ihm habe ich in seinem ersten Training gesagt: Du musst nicht so viel laufen, lauf einfach richtig.") und Sebastian Nachreiner ("Für mich einer der cleversten Verteidiger der Liga") spielen immer noch beim Jahn. Mersad Selimbegovic, mit dem er immer wieder in Kontakt war, ist inzwischen Cheftrainer der Oberpfälzer. Ansonsten hat er keine Verbindungen mehr zum Verein. "Aus der Mannschaft und dem Umfeld von damals ist fast keiner mehr da." Auch die Treffen der Aufstiegsmannschaft, die zunächst jährlich vor Weihnachten stattfanden, sind weniger geworden. "Das geht nicht mehr ganz so oft zusammen", sagt Schweinsteiger. "Aber das ist auch irgendwo normal, weil sich doch alle in verschiedene Richtungen verändern." Die WhatsApp-Gruppe von damals sei aber immer noch am Leben.

"Jaaaaaaa!" 2012 stieg Tobias Schweinsteiger mit dem SSV Jahn in die 2. Bundesliga auf. (Foto: imago)

"Jaaaaaaa!" 2012 stieg Tobias Schweinsteiger mit dem SSV Jahn in die 2. Bundesliga auf. (Foto: imago)

Die Entwicklung des Jahn freut ihn. Mit dem Zweitliga-Aufstieg 2012 habe man die Basis für die jetzige Entwicklung gelegt, findet Schweinsteiger. "Der Durchmarsch in die 2. Liga war top und auch dort präsentieren sie sich richtig stark, obwohl es immer wieder einen Umbruch gibt." Der Jahn habe seine Philosophie gefunden. Gegen diese Spielphilosophie will der HSV am Samstag bestehen. Dass es keine einfache Aufgabe wird, davon geht Schweinsteiger aus: "Wir werden mit Sicherheit nicht den Fehler machen und den Jahn unterschätzen."