Weltwirtschaft

IWF senkt wegen Ukraine-Krieg globale Wachstumsprognose


Laut der IWF-Prognose soll das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland nur noch um 2,1 Prozent wachsen - eine Herabstufung der Vorhersage vom Januar um 1,7 Prozentpunkte.

Laut der IWF-Prognose soll das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland nur noch um 2,1 Prozent wachsen - eine Herabstufung der Vorhersage vom Januar um 1,7 Prozentpunkte.

Von dpa

Der Krieg in der Ukraine bremst die wirtschaftliche Erholung von der Pandemie aus. Der IWF senkt seine weltweite Wachstumserwartung. Die Eurozone und Deutschland sind besonders betroffen.

Die Weltwirtschaft wird einer neuen Prognose zufolge in diesem Jahr wegen des Kriegs in der Ukraine deutlich langsamer wachsen.

Gleichzeitig erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) für 2022 eine höhere Inflationsrate, angetrieben unter anderem von gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen. "Die Aussichten für die globale Wirtschaft haben einen harten Rückschlag erfahren, größtenteils wegen Russlands Einmarsch in die Ukraine", erklärte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas.

1,7 Prozentpunkte weniger in Deutschland, 0,8 weniger weltweit

In seiner neuen Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr nur noch mit einem globalen Wachstum von 3,6 Prozent. Das sind 0,8 Prozentpunkte weniger als noch im Januar angenommen. Für die Eurozone erwartet der IWF ein um 1,1 Prozentpunkte geringeres Wachstum von 2,8 Prozent. In Deutschland soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach nur noch um 2,1 Prozent wachsen - eine Herabstufung der Prognose vom Januar um satte 1,7 Prozentpunkte.

"Diese Krise passiert, obwohl sich die globale Wirtschaft noch nicht völlig von der Pandemie erholt hat", sagte Gourinchas. Viele Staaten hätten bereits vor dem Krieg mit hoher Inflation zu kämpfen gehabt. Und die jüngsten Corona-Lockdowns in China könnten neue Probleme für globale Lieferketten verursachen.

Lindner: "Warnsignal"

Bundesfinanzminister Christian Lindner bezeichnete die IWF-Prognose als ein "weiteres Warnsignal". "Weniger Wachstum in Verbindung mit steigender Inflation ist eine gefährliche Kombination", sagte der FDP-Politiker. Es gebe ökonomisch kein "einfaches Weiter so". Mit Blick auf Deutschland sagte Lindner, in der Haushaltspolitik müsse angesichts der wirtschaftlich fragilen Lage die Konsolidierung in den Blick genommen werden, Ausgaben müssten begrenzt werden. "Die aktuellen Schocks kann der Staat nur im Sinne eines Stoßdämpfers abfangen, aber nicht dauerhaft kompensieren."

Der IWF hatte seine globale Wachstumsprognose bereits im Januar infolge der Omikron-Welle der Corona-Pandemie um 0,5 Prozentpunkte auf 4,4 Prozent gesenkt. "Gerade als eine dauerhafte Erholung von der Pandemie in Sicht war, brach der Krieg aus und machte jüngste Forschritte potenziell zunichte", sagte Gourinchas vor Journalisten.

Russland vor tiefer Rezession

Die jüngste Senkung der globalen Konjunkturprognose um 0,8 Prozentpunkte geht demnach vor allem auf die schlechteren Aussichten für Russland und die Europäische Union zurück. Russland steht infolge der harten westlichen Sanktionen vor einer tiefen Rezession, was rund 0,3 Prozentpunkte der Herabstufung ausmacht. Weitere rund 0,2 Prozentpunkte gehen auf die trüberen Aussichten in Europa zurück "wegen der indirekten Effekte des Kriegs". Positivere Aussichten haben angesichts steigender Preise 2022 derzeit nur die Volkswirtschaften großer Rohstoffexporteure, so der IWF.

Die neue Wirtschaftsprognose ist dem IWF zufolge mit ungewöhnlich hoher Unsicherheit verbunden. "Das Wachstum könnte sich weiter verlangsamen, während die Inflation unsere Prognosen übertreffen könnte - zum Beispiel falls Sanktionen auf Russlands Energieexporte ausgeweitet werden", erklärte Gourinchas. Auch könnten gefährliche Varianten des Coronavirus, die den Impfschutz aushebelten, zu Lockdowns und Produktionsverzerrungen führen.

Hohe Inflation hält an

Die Inflationsrate soll vor allem wegen des Kriegs länger als zuletzt angenommen hoch bleiben. In diesem Jahr rechnet der IWF in den Industriestaaten mit einer Teuerungsrate von 5,7 Prozent, also 1,8 Prozentpunkte mehr als noch im Januar angenommen. In Schwellen- und Entwicklungsländern soll die Inflationsrate im Durchschnitt 8,7 Prozent betragen, ein Plus von 2,8 Prozentpunkten.

Ein wichtiger Treiber der Teuerungsrate sind die Rohstoffpreise. "Russland ist ein wichtiger Lieferant von Öl, Gas und Metallen und - zusammen mit der Ukraine - von Weizen und Mais. Ein geringeres Angebot dieser Rohstoffe hat ihre Preise scharf nach oben getrieben", erklärte Gourinchas. Der Anstieg der Benzin- und Lebensmittelpreise werde weltweit vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen treffen, machte der IWF klar. Die Preissteigerungen "könnten auch die Wahrscheinlichkeit sozialer Unruhen in ärmeren Ländern deutlich erhöhen", hieß es weiter. Hilfsorganisationen warnen, dass vor allem Länder im Nahen Osten und in Afrika stark betroffen sein könnten.

Die russische Wirtschaft dürfte der IWF-Prognose zufolge dieses Jahr um 8,5 Prozent einbrechen, eine Herabstufung um 11,3 Prozentpunkte gegenüber dem Januar. Andere Prognosen, etwas jene der Weltbank, rechnen sogar mit einer noch etwas stärkeren Rezession. Für die Ukraine rechnet der IWF mit einer dramatischen Rezession; die Wirtschaft soll wegen des Kriegs um 35 Prozent schrumpfen. Konjunkturprognosen für die Ukraine sind angesichts der andauernden Kämpfe allerdings mit besonders hoher Unsicherheit verbunden.