Inflations-Effekt

Steigende Preise bringen Einzelhandel Rekordumsatz


Einkaufsbummel kurz nach den Weihnachtsfeiertagen in Magdeburg.

Einkaufsbummel kurz nach den Weihnachtsfeiertagen in Magdeburg.

Von dpa

Verbraucher merken es beim Einkaufen: Die Preise haben deutlich angezogen. Das beschert dem Einzelhandel in Summe einen Rekordumsatz. Doch viele Ladenbesitzer blicken mit Sorge aufs neue Jahr.

Steigende Preise haben die Umsätze im Einzelhandel in Deutschland im abgelaufenen Jahr auf Rekordniveau gehoben. Nominal lagen die Erlöse um 8,2 Prozent über dem bisherigen Rekordjahr 2021, wie das Statistische Bundesamt auf Basis der Daten bis einschließlich November 2022 hochgerechnet hat. Doch rechnet man die Preiserhöhungen heraus, ergibt sich nach dieser am Freitag veröffentlichten Schätzung der Wiesbadener Behörde ein Minus von 0,3 Prozent zum Vorjahr.

Dies erklärt die geringe Zuversicht in der Branche. "Unsere aktuelle Trendumfrage im Einzelhandel zeigt, dass die Mehrheit der Händler nicht damit rechnet, dass die Umsätze sich im Jahr 2023 erholen werden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, jüngst der Deutschen Presse-Agentur.

Es gebe wegen des Ukraine-Krieges und dessen wirtschaftlichen Folgen große Unsicherheit bei Konsumentinnen und Konsumenten sowie Händlern, erklärte Genth: "Deshalb gehen wir mit sehr bescheidenen Erwartungen in das Jahr 2023 - eher mit Sorge als mit einem positiven Blick."

Erst zu Weihnachten etwas mehr Kauflust

Vor allem bei Anschaffungen, die fürs tägliche Leben nicht zwingend notwendig sind, halten sich Verbraucherinnen und Verbraucher zurück. Tausende Geschäftsinhaber haben nach HDE-Einschätzung im vergangenen Jahr Boutiquen, Schuhläden, Sportfachgeschäfte oder Parfümerien aufgegeben.

Seit Monaten bremsen stark gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel den privaten Konsum. Zwar kehrte in einem von hoher Inflation und Konsumflaute geprägten Jahr rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft die Kauflust bei den Menschen in Deutschland zurück, wie die Konsumforscher der Nürnberger GfK jüngst feststellten. Doch die Erholung des Konsumklimas stehe "noch auf wackeligen Füßen", relativierte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl.

Das im November einsetzende Weihnachtsgeschäft bescherte der Branche Auftrieb, wie die Zahlen des Bundesamtes zeigen: In dem Monat setzten die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland nach vorläufigen Ergebnissen kalender- und saisonbereinigt sowie bereinigt um Preiserhöhungen (real) 1,1 Prozent und nominal 1,3 Prozent mehr um als im Oktober 2022. Im Vergleich zum November 2021 sank der Umsatz real um 5,9 Prozent, stieg allerdings nominal um 4,8 Prozent. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten erklären die Wiesbadener Statistiker mit hohen Preissteigerungen.

Onlinehandel schwächelt

Einen deutlichen Rückgang der Umsätze auf Jahressicht gab es im Versand- und Internethandel, der in der Corona-Krise geboomt hatte. Hier ergab sich nach Berechnungen des Bundesamtes sowohl real (minus 8,1 Prozent) als auch nominal (minus 3,1 Prozent) ein Minus. Von 2020 auf 2021 waren die Umsätze im Online-Handel real um 12,3 Prozent in die Höhe geschossen.

Für die Branche insgesamt hatte der HDE, der den Einzelhandel ohne Kfz-Handel, Tankstellen, Apotheken und Brennstoffhandel betrachtet, im Juli prognostiziert, dass die nominalen Umsätze 2022 um drei Prozent auf gut 607 Milliarden Euro steigen werden. Inflationsbereinigt jedoch sei ein Rückgang um zwei Prozent zum Vorjahr zu erwarten. Im November hatte der HDE die Prognose angepasst: Demnach geht der Verband nun für das Gesamtjahr 2022 von einem nominalen Umsatzplus von 7,5 Prozent auf 633,4 Milliarden Euro und einem realen Rückgang von 0,1 Prozent aus.