Kultur in der Coronakrise
Ab wann ist eine Veranstaltung groß?
12. Mai 2020, 18:41 Uhr aktualisiert am 12. Mai 2020, 18:41 Uhr
Was ist eine Großveranstaltung und was eine Veranstaltung? Die Staatsregierung löst auf Anfrage der Grünen das Rätsel - aber nur ein bisschen
Gleich am Beginn der Corona-Krise wurden Anfang März auf Beschluss der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten der Länder Großveranstaltungen verboten - erst bis Karfreitag, dann bis Ende August. Nach und nach wurden daraufhin alle Festivals abgesagt. Doch eine Frage blieb immer offen: Ab wann ist eine Veranstaltung groß?
Die Festlegung liegt bei den Ländern. Einige Länder setzen die Grenze bei 1.000 Besuchern an. Aber auch hier sind kleinere Veranstaltungen nicht erlaubt, weil die bisherigen Kontaktbeschränkungen modifiziert weiter gelten. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sprach zuletzt von nur 100 Personen, das Robert-Koch-Institut versuchte sich in einer Differenzierung nach dem Alter der Besucher, der Art der Räumlichkeiten, der Belüftung und der Interaktion wie gemeinsamem Tanzen.
Die Unsicherheit bleibt
Eine bereits Monate zurückliegende Anfrage der AZ per Mail an das zuständige Ministerium für Gesundheit und Pflege wurde bis heute nicht beantwortet. Auch die Fraktion der Grünen im Landtag bekommt zu diesem Thema täglich mehrere Briefe, berichtet die Kultursprecherin Sanne Kurz. Denn die Unsicherheit über die zulässige Größe macht öffentlichen wie privaten Veranstaltern jede Planung für die nächsten Monate unmöglich.
Die Abgeordnete Tessa Ganserer hat zu diesem Thema Anfang Mai im Landtag eine offizielle Anfrage an die Staatsregierung gestellt, die mittlerweile beantwortet wurde. Das Ministerium für Gesundheit und Pflege erklärt, dass es im Freistaat derzeit keine rechtliche Regelung dazu gebe. Sie werde erst "zu gegebener Zeit" erfolgen. Bei dem meist als "Verbot" beschriebenen Aus für Großveranstaltungen bis zum 31. August handle es sich um eine "politische Abstimmung" zwischen dem Bund und den Ländern, die als "politische Einschätzung auf der Grundlage der derzeitigen Sachlage zu verstehen" sei.
Es kann Ausnahmen geben
Die Zurückhaltung beim Neubeginn des kulturellen Lebens erklärt das Ministerium primär wegen der Ansteckungsgefahr. "Beim Zusammentreffen von Personen im Rahmen von Veranstaltungen ist die Möglichkeit der Rückverfolgbarkeit von Kontaktpersonen bei Auftreten eines Covid-19-Falls schwierig und es kann unter ungünstigen Bedingungen zu einer Übertragung auf viele Personen kommen", erklärt das Ministerium weiter. Daher gelte zunächst bis 17. Mai bayernweit ein grundsätzliches Verbot von Veranstaltungen. Die Kreisverwaltungsbehörden könnten, "soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar" sei, Ausnahmegenehmigungen erteilen. Eine landesweit einheitliche Regelung bestehe dazu wegen der "Vielfalt der möglichen Fallgestaltungen" nicht.
Veranstalter brauchen Rechtssicherheit, Teilnehmer brauchen Infektionsschutz
Das ist, freundlich gesagt, eine sehr bequeme Antwort, die gar nichts regelt. Sie schiebt den Schwarzen Peter den lokalen Behörden zu - und womöglich auch den Gerichten, wenn sich ein privater Veranstalter oder Kinobetreiber zu einer Klage entschließen würde. Die müssen - die drohende Pleite stets vor Augen - weiter auf bisher alle zwei Wochen erneuerte Allgemeinverfügung warten, ohne die rechtssicher weder geplant noch abgesagt werden kann.
Auch die Grünen im Landtag finden das unbefriedigend. "Für Versammlungen gibt es klare Regeln. Wir wünschen uns das auch für Veranstaltungen", sagt Sanne Kurz. Aktuell sei Yoga im Park mit sechs Teilnehmern genauso verboten wie eine Lesung auf einem Stadtplatz mit zehn Leuten oder eine Messe mit zigtausend Besuchern. "Da fehlt Maß und Ziel. Hier müssen bayernweite klare Richtlinien her, Veranstalter brauchen Rechtssicherheit, Teilnehmer brauchen Infektionsschutz."