AZ-Filmkritik
"Die Poesie der Liebe": Erotik, gerade auch mit Worten
20. Dezember 2018, 12:24 Uhr aktualisiert am 20. Dezember 2018, 12:24 Uhr
Ein wunderbarer Film über die Kunst des Zusammenseins: "Die Poesie der Liebe" von und mit Nicolas Bedos und Doria Tillier.
"Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau! Ein Sprichwort, das oft um den Begriff eine "starke" oder "liebende" Frau erweitert wird. Und es ist ein Thema, das filmisch in der Luft liegt: Im Januar greifen es "Colette" und "Die Frau des Nobelpreisträgers" auf und hier und heute der etwas andere Liebesfilm: "Die Poesie der Liebe". Vielleicht hat da die neue Frauenbewegung doch was in Gang gebracht.
Zu Beginn eine Beerdigung: Abschied vom gefeierten Literaten Victor Adelman, dem Gewinner des französischen Prix Goncourt. Nach der Trauerfeier wird gerätselt, wie er gestorben ist. Der Sturz von der Klippe scheint mysteriös.
Eine Liebe wie eine Urgewalt
Ein Nachwuchsautor will ein Buch über den Verstorbenen schreiben und Witwe Sarah (Doria Tillier) nimmt die Gelegenheit wahr, die Geschichte ihres Lebens und ihrer Liebe zu erzählen: eines Lebens, das Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Nicolas Bedos in mehr als ein Dutzend Kapitel aufteilt - von "Strategie des Zufalls" über "Ekstase", "Das Wunder des Lebens", "Vitamine für das Herz" bis hin zu "Der Untergang".
Das Gespräch gibt die Klammer zwischen den einzelnen Episoden, von 1971, wo sich die beiden in einem Pariser Nachtclub kennenlernen bis zu Victors Tod im Jahre 2003. Nach dem ersten Treffen will Victor keine feste Bindung, aber er hat nicht mit der Zähigkeit Sarahs gerechnet, die ihm immer wieder gezielt über den Weg läuft.
Die starke Frau hinter dem Mann
Und irgendwann können beide nicht voneinander lassen, aus Verliebtheit wird Liebe: ein Beziehungstango mal himmelhochjauchzend, Tode betrübt, ein Auf und Ab zwischen Krise und Glück, von der Unbekümmertheit der Jugend bis hin zu den grauen Haaren. Ihr Lächeln war seine Religion.
Langsam schält sich heraus, dass Sarah hinter seinem phänomenalen Aufstieg steht, sie die Frau im Schatten die treibende kreative Kraft war.
Debutfilm des Theaterregiesseurs Nicolas Bedos
Die witzig-wahren Dialoge in "Poesie der Liebe" sind eine Wonne, wenn es mal heißt, "wir haben Sex mit Worten" oder "Bücher können so tödlich wie Kugeln sein".
Wenn sich der Kreis an dem idyllischen Ort schließt, an dem das Paar frisch verknallt Urlaub verbrachte und zum Ende ihrer gemeinsamen Lebensreise im Alter noch einmal zurückkehrt, dann ist das unheimlich anrührend, traurig-schön, aber auch ermunternd und vor allem ein Beweis dafür, dass es sich lohnt, trotz einiger emotionaler K.O.s und Momente des Zweifelns, seine Gefühle auszuleben und an sie zu glauben. Bis zum letzten Moment. Und darüber hinaus.
Chapeau für dieses kribbelnde Filmdebut eines Theaterregisseurs!
Kino: Rittmann, Rio sowie Arena (auch OmU) und Theatiner (OmU), Buch & Regie: Nicolas Bedos (F, 115 Min.)