Konzertkritik

EAV im Deutschen Theater München: 1000 Jahre Verunsicherung


Der morbid-österreichische Beginn der Show: Klaus Eberhartinger lässt sich aus dem Sarg helfen.

Der morbid-österreichische Beginn der Show: Klaus Eberhartinger lässt sich aus dem Sarg helfen.

Von Markus Giese

Die EAV rockt bei der Abschiedstournee das Deutsche Theater und gastiert im Sommer drei Mal bei Tollwood. Die Konzertkritik.

Schluss mit lustig? Die Grazer Schmäh-Sängerknaben können es wohl selbst nicht wirklich glauben, wenn sie ihr Ende ankündigen. Die zwischen Anfang Februar und Mitte September dicht getaktete Abschiedstournee "1.000 Jahre EAV" durch die Hallen und Arenen im deutschsprachigen Raum wird vorsichtshalber mit einer kleinen Randbemerkung in Klammer vermarktet: "Die Erste". Der 68-jährige Frontmann Klaus Eberhartinger steht noch ebenso im Saft wie sein drei Jahre jüngerer Spezl Thomas Spitzer, dem letzten noch in der Truppe verbliebenen Gründungsmitglied.

Der Rest der aktuellen Band ist mit Kurt Kleinrath (Gitarre), Alvis Reid (Bass), Aaron Thier (Schlagzeug) und Franz Kreimer (Keyboards) deutlich jünger. Beim ersten Münchner Konzert im Deutschen Theater checkte Eberhartinger, nachdem er einem Sarg entstiegen war, die Altersstruktur seines Publikums. Der Anteil des Nachwuchses der 20- bis 30-Jährigen erwies sich als erstaunlich groß. Wenig überraschend ist freilich die Dominanz der Hörerschaft über 50 und noch weiter darüber.

EAV in München: Unverwüstliche Klassiker und Raritäten

Es war 1985, als sich die EAV mit "Ba-Ba-Banküberfall" erstmals ganz oben in die Charts stammelte. Damals war fröhliches Liedgut auf deutsch jenseits des betulichen Schlagers angesagt, klang aber elektronisch kühl oder war reiner Blödel-Pop. Da waren die Austro-Popper mit ihrer rockigen Comic-Comedy erfrischend. Zum aus den unverwüstlichen Klassikern und Songs des jüngsten Albums "Alles ist erlaubt" gemixten Programms gehören auch Raritäten wie eine lästerliche Nummer im Sound der Neuen Deutsche Welle.

Dieses "Retro-Medley" enthält auch die damals noch völlig irre Geschichte von einem Bauernbuben, der als Volksmusik-Rocker berühmt wird - ein Lacher, ohne dass der Name Andreas Gabalier fallen müsste. Nicht erfunden sind hingegen die Bewohner eines Hospizes für greise Austro-Rocker, die in knackigen Parodien auf die Bühne kommen: Dort spukt noch immer der Geist von Falco in "Amadeus"-Look, träumen STS vom "Altenheim in Fürstenfeld" oder als Gast aus dem Ausland klagt Peter Maffay "An sieben Krücken musst du gehn".

Politkabarett mit österreichischer Morbidezza

Es ist nicht nur dieser immerwährende Studentenfasching im Hardrock-Modus, der seine Fans zum Jubeln bringt, sondern auch das Politkabarett mit viel österreichischer Morbidezza. Als der Atomreaktor in Tschernobyl explodierte, sangen sie vom radioaktiv genveränderten "Burli" und seinen "drei Öhrli".

Das Sendeverbot des Bayerischen Rundfunks gilt heute als Adelsschlag der Aufmüpfigen, und die böse Nummer kommt noch immer gut. Verglichen mit diesem Furor erscheinen die Bemerkungen zu "Donald in Entenhausen" ("I grab your pussy, I wash your brain, make America great again") oder den Rechtspopulisten ("Heimatschutz ist Bürgerpflicht! Wir machen unsere Grenzen dicht") fast schon altersmilde.

Wieder beim Tollwood-Festival (Musik-Arena), 8., 17., 18. Juli, 19.30 Uhr, Tel: 070038385024