Kinokritik

"Enkel für Anfänger": Man lernt nie aus im Leben


Viktor (Bruno Grüner) hilft Gerhard (Heiner Lauterbach).

Viktor (Bruno Grüner) hilft Gerhard (Heiner Lauterbach).

Von Michael Schreiber

"Enkel für Anfänger" ist eine Komödie mit Verstand und ausgefuchsten Dialogen. Die AZ-Kritik.

Hier geht es nicht um die vom WDR-Kinderchor besungene Oma als "Umweltsau", sondern um Menschen im Rentenalter, die sich in die Gesellschaft einbringen: als Paten- Oma oder -Opa. Mit Boule-Spielen, Senioren-Kursen an der Uni oder Linedance an der VHS haben sie nichts im Sinn, auch wenn ihnen manchmal die Decke auf den Kopf fällt.

Alt-Hippie-Lady in der Hauptrolle

Philippa, eine schrille Alt-Hippie-Lady, die immer noch im Schlabberlook herumläuft, betreut bereits ein Mädchen und überzeugt Freundin Karin, sich um zwei quirlige Patchwork-Kinder zu kümmern und sich von ihrem spießigen Gatten zu emanzipieren.

Der pensionierte Arzt und homosexuelle Witwer Gerhard zeigt sich erst widerwillig, engagiert sich dann aber vehement für einen russischen Jungen, den er lehrt, sich rabiat gegen Mobbing in der Schule zur Wehr zu setzen.

Klar, dass es zum zeitweiligen Komödien-Chaos kommt, organisatorisch, aber auch emotional. Und man reibt sich die Augen: Eine deutsche, Generationen übergreifende Comedy mit Humor, Verstand und ausgefuchsten Dialogen! Das ist rar.

Regisseur erzählt von Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten

Regisseur Wolfgang Groos verzichtet auf Karikaturen mit Nordic-Walking-Stöcken, auf Strickjacken in gedeckten Farben oder protzende "forever-Young"-Typen, sondern erzählt von Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten, die voll im Leben stehen.

Das ist für dieses schauspielerisch superbe Trio nicht "beige", sondern vielfarbig und aufregend.

Drei unterschiedliche Charaktere prägen den Film

Maren Kroymann ist die gute Seele, "enfant terrible" Barbara Sukowa sträubt sich auch im Alter noch gegen das Erwachsenwerden und Heiner Lauterbach, dreht hier auf und toppt seine Auftritte in "Die Hartmanns" oder "Wir sind die Neuen".

Wie der leicht depressive Einzelgänger und Kinderhasser die Kurve zum liebevollen Opa kriegt und dabei reihenweise bissige Bösartigkeiten vom Stapel lässt, das gehört zu den amüsantesten Momenten dieser erfrischend-resoluten Komödie.

Diese Drei sind weit entfernt vom medialen Bild der "Best Ager" oder "Silver Sufer" und wachsen uns durch Ehrlichkeit ans Herz. Einfach rührend, wie sie Verantwortung übernehmen, neue Familienkonstellationen tolerieren und über die eigenen Marotten am Ende leise lächeln.

Kino: Arri, Rio, Cinemaxx, Solln, Sendlinger Tor, Gloria, Mathäser, Rex
R: Wolfgang Groos (D, 99 Min.)