Kultur

Irre lustig und zubeißend

Mit starkem Witz und perfektem Timing: René Heinersdorff inszeniert "Dinner für Spinner" für die Komödie im Bayerischen Hof


Mehr als nur gut eingespielt: Tom Gerhardt (links) als gebetener und doch ungebetener Gast und Moritz Lindbergh als verhinderter Gastgeber mit Hexenschuss.

Mehr als nur gut eingespielt: Tom Gerhardt (links) als gebetener und doch ungebetener Gast und Moritz Lindbergh als verhinderter Gastgeber mit Hexenschuss.

Von Mathias Hejny

Natürlich könnte das auch eine Tragödie sein. In klassischer Einheit von Zeit und Raum entfaltet sich ein Abend, an dem ein erfolgreicher Unternehmer, der in dekadentem Übermut mit anderen spielt, demontiert wird. Peter Küsenberg steht am Ende ohne Ehefrau und ohne Freunde da, dafür hat er die volle Aufmerksamkeit des Finanzamts, das Anlass hat, Schwarzgeld zu wittern und den Bestsellerverlag zerlegen will. Aber "Dinner für Spinner" schrieb Francis Veber, ein ausgewiesener Komödienschreiber für Bühne und Kino, und so ist das Stück eine erbarmungslos komische Screwballkomödie.

Wie üblich in französischen Boulevardkomödien führt auch diese ins Milieu des gehobenen Pariser Bürgertums, wobei die Inszenierung von René Heinersdorff immer in der Stadt spielt, in der sie aufgeführt wird. Die Produktion des Theaters am Dom in Köln hat beim Gastspiel in der Komödie im Bayerischen Hof ihren Schauplatz in einem schicken Münchner Loft (Bühne: Thea Natalia Mantwill). Hier ist Christine Küsenberg gerade dabei, ihren Gatten zu verlassen. Sie leidet unter Peters Freizeitspaß, sich dienstäglich mit Freunden zum Abendessen zu treffen, um sich auf Kosten von mitgebrachten Gästen zu amüsieren. Wer den ulkigsten Idioten aufgetrieben hat, ist der Sieger.

Für dieses Mal hat Peter den Finanzbeamten Matthias Bommes eingeladen. Der überzeugt nicht nur mit seinem gereimten Sprüchlein auf dem Anrufbeantworter "Hier spricht Matthias Bommes und ich esse gerne Pommes", sondern auch mit seiner Leidenschaft für das Basteln von Architekturmodellen aus Streichhölzchen. Die Golden Gate Bridge hat er ebenso im Sortiment wie die Autobahnauffahrt Feldmoching.

Peter hatte ihn zum Vorglühen nach Hause eingeladen, und der Kandidat ist gekommen, um zu bleiben. Wegen Hexenschuss muss Peter das rituelle Freundesabendessen absagen, und nun kümmert sich sein Spinner, den er mitbringen wollte, stattdessen liebevoll um ihn.

Herr Bommes fühlt sich auch mit seinem Gastgeber seelenverwandt, denn wie diesem ist auch ihm die Ehefrau abgehauen. Und jede gute Tat des Herrn Bommes bringt den Herrn Küsenberg näher an den nervlichen und physischen Abgrund.

Die Inszenierung des Komödien-Chefs entstand schon 2015 und bereiste alle anderen Heinersdorff-Theater sowie andere Tourneestationen in der Republik. Erstaunlicherweise hat sich nichts verschlissen, die Inszenierung wirkt taufrisch.

Der Text wurde klug gestrafft und aktualisiert, was die Pointen verdichtet und das Tempo erhöht. Das Ensemble zeigt sich mehr als nur gut eingespielt. Trotz mancher furchtlos grob geschnitzten Klamauk-Momente sind sogar die Klischees verblüffend fein gezeichnet.

Esther Kuhn hat dabei beide und höchst gegensätzliche Frauen zu bewältigen: Die kühl ironische Ehefrau Christine und die männerverschleißende Hippie-Esoterikerin Marlene, mit der Küsenberg Christine betrügt. Moritz Lindbergh spielt nicht nur abendfüllend und geradezu akrobatisch Rückenschmerz, sondern zum kathartischen Finale erregt er als zynischer Unsympath fast so etwas wie Mitleid. Er ist der perfekte Partner für einen Bommers, wie ihn Tom Gerhardt buchstäblich verkörpert. Der nervige Sitcom-Hausmeister Krause aus den Neunzigern ist hier ein zeitloses armes Hascherl, das verzweifelt um ein wenig Anerkennung und Freundschaft buhlt. Das ist kraftvoll zubeißend, auch ein bisschen irre, und Lachtheater in Bestform.

Komödie im Bayerischen Hof, bis 25. Juni, täglich 19.30 Uhr, sonntags: 18 Uhr, % 29 161 633