Kultur

Jeder kämpft für sich allein

Bildgewaltige Neuverfilmung: "Die drei Musketiere - D'Artagnan" sind diesmal weniger Abenteuerspektakel als politisch aufgeladene Kriminalgeschichte


Louis Garrel (links) ist als Ludwig XIII. an den Fechthelden seiner Majestät (hier im Vordergrund François Civil als D'Artagnan) unverschämterweise nicht sonderlich interessiert.

Louis Garrel (links) ist als Ludwig XIII. an den Fechthelden seiner Majestät (hier im Vordergrund François Civil als D'Artagnan) unverschämterweise nicht sonderlich interessiert.

Von Florian Koch

Immer noch gehören "Die drei Musketiere" in Frankreich zur Schullektüre. Dabei lehrt uns der Stoff auch viel über Filmgeschichte - obwohl die Bilder zur Entstehungszeit des Zeitungs-Fortsetzungsromans, 1844, noch gar nicht laufen konnten. Bereits in der Stummfilmzeit entdeckte man den Reiz des Werks von Alexandre Dumas dem Älteren, diese Lust am Abenteuer, am heroischen Ehrenkodex, am Freiheitsgeist. Nach Douglas Fairbanks war es 1948 der tänzerisch-leichtfüßige Gene Kelly, der als D'Artagnan in strahlendem Technicolor das Mantel-und-Degen-Genre weiterentwickelte. Und auch später noch waren Dumas-Verfilmungen Spiegel der Zeit: 1993 als simples MTV-Popcorn-Kino oder 2011 der plump-missglückte Versuch einer Martial-Arts-Modernisierung.

Nun aber will sich Frankreich seines filmischen Dauerbrenners wieder bemächtigen, mit einem in Post-Corona-Zeiten mutig hohen Budget von über 60 Millionen Euro. Verteilt ist das Geld aber auf zwei Teile, denn "Die drei Musketiere - D'Artagnan" endet jetzt leider frech ganz ohne Ende. Mit einer Wendung, die an Serienformate erinnert - hier aber Lust machen soll auf den im Dezember startenden zweiten Teil "Die drei Musketiere - Milady".


Ob diese Rechnung aufgeht, hängt auch mit dem Geschmack des Publikums zusammen. Denn Regisseur Martin Bourboulon ("Eiffel in Love") huldigt nicht nur auf der Tonspur dem düsteren Spektakelkino von Christopher Nolan ("The Dark Knight"). Sein Frankreich anno 1627, gedreht wurde aufwendig an Originalschauplätzen, ist verwüstet, auch politisch verdreckt von Scharmützeln zwischen Katholiken und rebellierenden Protestanten. Der Film nimmt sich dabei die Zeit, das kriegerische Drängen des intriganten Kardinals Richelieu (Eric Ruf) auf den undurchsichtigen Zauderer König Ludwig XIII (Louis Garrel) zu illustrieren.

Aber natürlich weiß Bourboulon auch, dass er mehr bieten muss als zähe politische Ränkespiele. Und so folgt er durchaus brav der Vorlage, mit der Ankunft des glühenden Musketier-Verehrers D'Artagnan (François Civil) in Paris, die erst einmal ungemütlich mit einem Niederschuss anfängt, bevor sich der Heißsporn ungeschickt mit den drei Musketieren zum Duell verabredet.

Der große Vincent Cassel legt Athos als suizidalen, grau gewordenen Zyniker an, während Romain Duris als intellektueller Dandy Aramis überzeugt. Pio Marmaï hat als polternder Porthos - bis auf seine offene Bisexualität - kaum Momente, die in Erinnerung bleiben.

Auch Vicky Krieps, die nach "Corsage" wieder als Adlige, diesmal als Königin Anne von Österreich, zu sehen ist, hat nur wenige Szenen, in denen sie glänzen kann. Immerhin wird Eva Green als Richelieus Spionin Milady ihrem Image als Femme fatale gerecht, wenn sie lustvoll eine an einen Kriminalfall erinnernde Intrige um ein entwendetes Collier entspinnt, die die untreue Königin zu Fall bringen soll.

So bleibt am Ende ein prächtig ausgestatteter Kostümfilm, der sich die Zeit nimmt, um von einem durchaus gegenwärtigen, zerrissenen Frankreich zu erzählen. Jedoch zu dem Preis, dass das, was man mit dem Stoff eigentlich verbindet wie die "Einer für alle, alle für einen"-Heiterkeit und die flotten Fechtduelle hier nahezu fehlen.

Kino: Arri, Astor, Cadillac, Gloria, Leopold, Mathäser
Regie: Martin Bourboulon
(F, 121 Min.)

Verlosung: Zum Filmstart verlosen wir 5 x 2 Freikarten. Wer gewinnen will, schreibt bis heute, Donnerstag, 13 Uhr, eine E-Mail an kultur@abendzeitung.de, Stichwort "Die drei Musketiere".