Orlando di Lasso

Musik der Münchner Fürstenhochzeit von 1568


Das Denkmal für Orlando di Lasso am Promenadeplatz.

Das Denkmal für Orlando di Lasso am Promenadeplatz.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

"Musica fiata" und "La Capella ducale" mit der Musik, die Orlando di Lasso und andere Komponisten für die Fürstenhochzeit von 1568 schrieben.

München - Einer der wichtigsten Komponisten, die je in München gewirkt haben, ist im Stadtbild präsenter, als man es auf den ersten Blick wahrnehmen kann: Das Denkmal, das König Ludwig I. von Bayern 1849 zu Ehren von Orlando di Lasso aufstellen ließ, prangt zwar heute gut sichtbar am Promenadeplatz, fungiert jedoch derzeit als Pilgerstätte für Fans von Popstar Michael Jackson. Davon kann man halten, was man will.

Der Weltgeltung des Renaissancekomponisten, der fast 40 Jahre lang in München lebte, wird diese übrigens illegale, nur geduldete Umgestaltung nicht gerecht. Da ist es gut, dass eine neue CD-Produktion an eines der herausragenden Daten in der Biografie Lassos erinnert. Im Februar 1568 fand die Hochzeit des bayerischen Thronfolgers Wilhelm V. mit Renata von Lothringen statt. Die zweiwöchigen Feierlichkeiten waren ein europäisches Ereignis, zu dem die damalige Prominenz vollständig nach München reiste.

München als Musikhauptstadt

Mehrere Textzeugnisse aus der Zeit schildern die bislang nie dagewesene Pracht, mit der sich die bayerische Hauptstadt als musikalisches Weltzentrum präsentierte. Die schon vorher international berühmte bayerische Hofkapelle erreichte mit einer Besetzungsstärke von insgesamt 70 Musikern ihren Höhepunkt; ein Teil davon folgte dann den jungen Eheleuten auf ihren Sitz, die Burg Trausnitz in Landshut. Für dieses Album greift der Ensembleleiter Roland Wilson auf seine eigenen musikwissenschaftlichen Forschungen zur instrumentalen Praxis, wie sie damals in München gepflegt wurde, zurück.

Im Rahmen seines Dissertationsprojekts fand er in mühsamer Kleinarbeit nicht nur heraus, welche Stücke seinerzeit wahrscheinlich gesungen und gespielt wurden. Das vorliegende Programm bringt nach einer Rekonstruktion der zunächst begangenen Festmesse mit Werken von Lasso und Annibale Padovano auch Beispiele für das Repertoire, das beim anschließenden Bankett zu den verschiedenen Gängen erklang: bis hin zum Nachtisch mit Früchten. Auch dazu, in welcher klanglichen Einkleidung dies geschah, kann Wilson mit neuen Erkenntnissen aufwarten. Denn überliefert sind die Werke ja nach damaligem Usus bloß als sozusagen nacktes Stimmenmaterial, ohne Angaben der mitspielenden Instrumente.

Gelehrter Vollblutmusiker

So kommt der moderne Hörer dieser herrlichen Musik, wie sie einst ungefähr geklungen haben wird, so nahe, wie es heute wohl überhaupt möglich ist. Dabei erweist sich der Engländer Wilson nicht nur als Gelehrter, sondern als Vollblutmusiker. Er entdeckt etwa in den Motetten "Exsultate justi" oder in dem zwölfstimmigen "Laudate Dominum" von Lasso deren lange verkannte Emotionalität, die sich in oftmals geradezu flehenden Rhythmen zeigt.

Die Klangpracht, welche die 16 exzellenten Sänger der "Capella ducale" und die gut 25 Instrumentalisten der "Musica fiata" auf ihren Flöten, Cornetti, Posaunen, Streich- und Zupfinstrumenten erreichen, ist verschwenderisch ohnegleichen: Sage und schreibe 40 Stimmen häuft die abschließende Motette "Ecce beatem lucem" von Alessandro Striggio an, die sich in fünf Chöre gliedern und den Hörer mit atemberaubenden Tutti- und Echowirkungen überwältigen. Abwechslung liefern immer wieder intim instrumentierte, nur vom Generalbass begleitete Stücke und reine Instrumentalwerke. Wer einmal eine Ahnung davon bekommen hat, auf welchem Niveau in München zur Zeit Lassos musiziert wurde, wird danach dessen Denkmal vor dem Bayerischen Hof mit anderen Augen ansehen.

("The Royal Wedding, Munich 1568" (Musik von Lasso, Striggio, Padovano; La Capella ducale, Musica fiata, Roland Wilson, CD bei deutsche harmonia mundi/Sony)