Ausstellung
Retrospektive Susanne Nietmann: Emotional und intensiv
8. Februar 2019, 17:10 Uhr aktualisiert am 8. Februar 2019, 17:10 Uhr
Schwarze und weiße Adlerköpfe versinken im schneebedeckten Innenhof des Weytterturms vor den Terrakotta-Säulen aus der Serie "Ozymandias" von Susanne Nietmann (1952-2018). Auf dieses Sonett von Percy Shelley nimmt die Künstlerin mehrfach Bezug.
Auch der Titel der Gedächtnisausstellung, "nothing beside remains", nichts weiter bleibt, für die im Januar 2018 verstorbene Künstlerin ist diesem Gedicht entnommen, das die Vergänglichkeit irdischer Werte thematisiert. Susanne Nietmann wird wohl gerade diesen Aspekt auf das künstlerische Schaffen des thebanischen Bildhauers im Sinn gehabt haben, von dessen Werk nichts weiter blieb als ein kolossales Wrack im "unbehauste(n) (ebenen) Sand weit weg".
Ihr jeweiliges Arbeitsumfeld beeinflusste die Künstlerin
Die in München geborene Susanne Nietmann studierte 1977 bis 1983 an der Akademie der Bildenden Künste in München. Zwischenzeitlich unterrichtete sie an der Fachhochschule Landshut und am Gymnasium der Ursulinen Straubing. Ihr jeweiliges Lebensumfeld nahm Einfluss auf ihre Arbeit, München, London, Atting in Niederbayern und wieder München.
Sie hielt Kontakt zu den damals florierenden Kunstaktivitäten im Alten Straubinger Schlachthof unter Dazi Tyroller, war beteiligt am 1. Straubinger Bildhauersymposium 1988, am Symposium im Schlachthof Straubing 1997, am Projekt Im Park in München 1994 und beim Wettbewerb zum "adiadler" für die Nibelungenbrücke beim Kunstverein Graz in Regensburg 2008.
Schräg: Abgüsse von Tiefkühlhähnchen
Was von der Arbeit dieses Lebens blieb, hat die Kuratorin und Freundin der Künstlerin, Isolde Wittke, aus dem "Hades" genannten Keller ans Licht geholt, getreu deren letztem Wunsch, sich "um die Kunst zu kümmern". Daraus wurde eine Ausstellung, die ein Resümee über ein Künstlerinnenleben zieht, das emotional und intensiv gewesen sein muss, zugleich illusionslos und fatalistisch.
Manchmal auch schräg, schaut man auf die Spiegel-Bilder von Pepperoni, die zu Centauren verwandelten Lenorflaschen, das "Urteil des Paris" und die Hundespiele, manchmal sarkastisch wie die schwarz-rot-goldenen Sphingen zu "Vierzig Jahre BRD" und die Abgüsse der Tiefkühlhähnchen, manchmal fragend wie die Foto-Puzzle-Serie von Identitäten.
Mit ihrer Kunst machte sie aus wenig viel
Die "Gender"-Frage hat Nietmann schon früh angeschnitten. Frauenkörper mit Männerköpfen liegen aufgestapelt, teils Modelle, die wohl noch gegossen werden sollten. "Ozymandias" stand auch Pate für die Serie der Füße von Freunden, "rumpflose, starre Beine". Ein berührendes "memento mori" ist ihrem Chirurgen gewidmet, mit zwei zarten, goldenen Fruchtschalen - wohl von Avokados - und der Goldmaske des Agamemnon.
Nichts weiter bleibt als das, was bleibt. Es ist eine Kunst, die ernsthaft, schwer und verschlossen wirkt, mit der aus wenig viel gemacht wurde - vieles, was sehr persönlich scheint und doch Rückschlüsse zulässt auf Statements, die das Gegenüber, den Betrachter, etwas angehen.
Wie "For the next London wintertimes", eine aus dem Wirtschaftsteil der Financial Times genähte Decke, neben einem tönernen Boot in brüchigen Wellen über seinem gesunkenen Schatten und Objektkästen mit dem "Zug der Schiffe". "Eine einfache Geschichte", hochaktuell.
Susanne Nietmann. Retrospektive "Nothing beside remains"
bis 3. März im Weytterturm, In der Bürg 34, Straubing (Sa, So und an Feiertagen 14-17 Uhr)