Filmfestival
Roth betont politische Strahlkraft der Berlinale
11. Februar 2023, 13:47 Uhr aktualisiert am 11. Februar 2023, 14:48 Uhr
Die am Donnerstag beginnenden Filmfestspiele in Berlin stehen aus Sicht von Kulturstaatsministerin Claudia Roth auch für einen Blick auf aktuelle Krisen weltweit. "Es wird sich wieder zeigen, was die Berlinale auszeichnet: Dass es ein sehr politisches Festival ist", sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die am Donnerstag beginnende Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen Filmfestivals weltweit.
"In dieser Situation muss ein Filmfestival auch auf den Angriffskrieg Russlands eingehen. Insofern werden die Ukraine, ukrainische Filme und Filmemacher eine wichtige Rolle spielen", sagte Roth. Mit Spannung erwartet wird etwa der Ukraine-Film "Superpower" von Hollywoodstar Sean Penn.
Auch andere Konfliktfelder sieht Roth im Festival berücksichtigt. "Gerade bei der Berlinale muss auch der iranische Film einen wichtigen Platz bekommen, ist Solidarität mit iranischen Filmschaffenden ein wichtiges Signal", sagte sie mit Blick auf die Freiheitsbewegung in dem Land.
Eine mit Glitzer und Feiern verbundene Berlinale hat für Roth auch in Zeiten von Krieg und Katastrophen ihre Berechtigung. "Es ist sehr wichtig, dass die Berlinale stattfindet, aber man darf die aktuellen Ereignisse nicht ausblenden, im Gegenteil", sagte sie. "Das ist auch unser Erdbeben in der Türkei und Syrien, das betrifft direkt sehr viele Deutsche, die Familie und Freunde in der Region haben. Diese furchtbare Katastrophe, wie auch der brutale Krieg gegen die Ukraine und die Menschenrechtsverbrechen im Iran, wird im Hinterkopf mit dabei sein. Auch bei den Feiern, die es bei der Berlinale auch gibt." Sie freue sich auch auf die Stars, die kommen werden. "Es ist schön, wenn international bekannte Regisseure oder Schauspieler und Schauspielerinnen kommen wie Steven Spielberg, Sean Penn, Helen Mirren oder Cate Blanchett."
Beim Thema Klimawandel klafft aus Sicht von Roth eine Lücke. "Wir wollen Räume schaffen, um nachzudenken darüber, was Nachhaltigkeit ist. Was sind Formen, dieses Thema auch künstlerisch umzusetzen, bei dem oft nicht einfach zu verstehen ist, was da eigentlich passiert, dass es wirklich eine Überlebensfrage ist", sagte sie. "Wie gehe ich mit dieser Realität künstlerisch um? Es ist ja nicht so, dass das Künstler und Künstlerinnen nicht bewegt. Aber ich finde, es sind insgesamt noch zu wenige Filme, die sich mit dieser so wichtigen Frage beschäftigen. Auch da wollen wir etwas tun."
Roth freut sich selbst "wirklich total" auf die Berlinale. "Für mich ist sie ein Erfolg, wenn das, was die Berlinale auszeichnet, sich tatsächlich verwirklicht, dass sie nämlich das Zuschauerfestival ist im Vergleich zu den anderen großen Filmfestivals", sagte sie. Davon lebe die Berlinale. "Wir hoffen auf über 300 000 Besucherinnen und Besucher in den unterschiedlichen Sektionen." Dass die Berlinale dabei - im Gegensatz zu zwei Vorläufern - ohne Einschränkung stattfinden könne, sei eine große Erleichterung. "Es freut mich, dass es stärker in die Berliner Kieze geht, aber auch roter Teppich und Glamour vor dem Berlinale-Palast jetzt wieder vollständig möglich sind."
Die Kulturstaatsministerin setzt auf Folgen für die Branche nicht nur in der Hauptstadt selbst. Sie hoffe, "dass das auch Auswirkung hat auf die vielen Kinos in unserem Land, dass die Leute wieder richtig Lust bekommen und sagen: Oh ja, lass uns doch einmal wieder ins Kino gehen. Denn es gibt noch immer viele Kinos, die unter der Zuschauerzurückhaltung massiv leiden." Roth baut darauf, dass die Menschen "hungrig sind nach dieser Berlinale".
Roth verwies auf die Wirkung der Festspiele. "Die Berlinale trägt dazu bei, Filme zu entdecken, Filme bekannt zu machen und in die Kinos zu bringen, Menschen im Norden, Süden, Osten, Westen ins Kino zu locken." Filme würden auf der Berlinale präsentiert als ganz besonders ästhetisch oder politisch.
Die Berlinale kann weiter mit ausreichend Finanzierung rechnen. "Dieses Festival ist eine der wichtigsten Kulturveranstaltungen in unserem Land", sagte sie. "Wir können es uns gar nicht leisten, die Berlinale nicht glänzen zu lassen." In diesem Jahr hatte der Bund wegen außergewöhnlicher Krisen über die Regelförderung von 10,7 Millionen Euro hinaus einmalig 2,2 Millionen Euro zugesichert.
Gleichzeitig erinnerte Roth an die angespannte Finanzlage. "Die Haushaltsverhandlungen werden in diesem Jahr für alle Ressorts nicht leicht werden, auch nicht für den Kulturbereich", sagte sie.
"Je länger ich in diesem Amt bin, je größer die Krisen zu werden drohen, desto mehr glaube ich, man muss es sich leisten, Kunst und Kultur ihren Raum zu geben und sie als Ort zu begreifen. Als Mittel, dass Demokratie oder Regieren nicht statisch werden, sondern die Demokratie in Bewegung bleibt", sagte Roth. "Wenn wir wollen, dass Deutschland ein wichtiger Filmstandort ist, wo großartige Filme produziert werden, wo auch neue ästhetische Formen möglich sind, wo wir mit unserem Erbe entsprechend umgehen, brauchen wir ein Haus des Films."
Für Berlin gibt es entsprechende Überlegungen, auch ein bundeseigenes Gelände ist schon im Blick. "Mit der Stiftung Kinemathek, der Berlinale, Vision Kino kann ein Zentrum entstehen. Im Umfeld des Gropius Baus wäre eine mögliche geeignete Fläche." Eine zeitliche Perspektive ist noch offen. "Das ist nichts, dass sich bis übermorgen realisieren lässt, aber je schneller wir so einen Leuchtturm für den Film im Zentrum von Berlin haben, desto besser."