AZ-Kritik
Shakin Stevens in Tonhalle: Hüftschwung, Lustschreie, Discofox
19. Februar 2019, 22:51 Uhr aktualisiert am 19. Februar 2019, 22:51 Uhr
Großartig, witzig mit Coolness und Charisma: Die Show von Shakin Stevens in der Tonhalle am Montagabend in der AZ-Kritik.
München - Es hat sich kaum etwas verändert in den letzten vierzig Jahren, als er die Hitparaden stürmte. Auch heute noch hat Shakin Stevens weltweit treue und ergebene Fans, tritt mit einer knackigen Band auf und beherrscht den Hüftschwung, der seinerzeit den jungen Frauen den Verstand geraubt hatte, perfekt. Klar, er ist Anfang 70, da geht alles etwas beschaulicher über die Bühne, er hüpft nicht mehr so wild wie früher, hat aber von seiner Coolness und Charismatik nichts eingebüßt.
"Shaky", wie ihn seine Fans nennen, bringt 900 Menschen in der Tonhalle ekstatisch zum Kreischen, als er mit dunklem Anzug und getönter Brille die Bühne betritt. Es sind Lustschreie, wie man sie von Aufnahmen früher Beatles- oder Elvis-Konzerte kennt.
Er kitzelt diese Töne aus den Zuschauern heraus wie selbstverständlich, ein Rocker mit Kutte und Shaky-Shirt kniet mit einem Bein auf den Boden und spielt dazu ein pantomimisches Luftgitarrensolo, selbstverständlich während des Songs "You drive me crazy".
Einzelne Pärchen tanzen am Rande der Menge einen Discofox. Das einzige seltsame sind die manchmal zur Musik erscheinenden Videoeinspieler auf der Leinwand hinter den Musikern, weil sie irgendwie so gar nicht recht zu den Songs passen wollen und wirken, als hätte sie ein Praktikant kurz vor der Tour auf Youtube heruntergeladen. Man sieht dort tanzende Menschen in Fußgängerzonen oder Menschen im Büro, die sich von einem Vortänzer einzelne "Moovs" beibringen lassen.
Shakin Stevens erreicht bis heute Jung und Alt
Manchmal sagt "Shakin", wie ihn seine engen Freunde nennen, etwas mit seinem relativ schwer verständlichen walisischen Akzent, zum Beispiel, als das Foto einer alten Dame eingeblendet wird, offenbar seine Großmutter, die bei der Army war, so "Stevie", wie ihn die Großeltern nannten. Vor vielen Jahren, als im Pausenhof "Kiss"-Poster gegen "Shaky"-Poster getauscht wurden, wurde seine Musik sehr viel im Radio gespielt, die Fans hören sie heute noch und singen textsicher alle Songs von "Oh Julie" bis "It's Raining" mit.
Auch ein etwa zehnjähriger Junge an der Hand seines Vaters ist glücklich und kennt jede Silbe aller dargebotenen Lieder. Damals war "Stevens", wie ihn seine Klassenkameraden nannten, die Reinkarnation des Rock'n'Roll und heute gelingt ihm die Reinkarnation seiner eigenen Kunstfigur, die er souverän und ausdauernd darstellt.
Wie gesagt, ist es etwas bedächtiger und langsamer als einst, zum Beispiel gibt es nach 45 Minuten eine Pause, die die tobende Menge dringend zum Verschnaufen und Leerkaufen des Merchandise-Standes braucht, um kurz darauf den zweiten Teil der Show gestärkt und mit vollem Einsatz weitere Hüftschwünge zu genießen und nach der letzten Zugabe den Saal discofoxtanzend, glücklich und beschwingt zu verlassen.