Kultur
Songs im Schwebezustand
24. Januar 2023, 16:52 Uhr aktualisiert am 25. Januar 2023, 9:43 Uhr
Die beiden Münchnerinnen Leoni Klinger und Klara Rebers machen als Umme Block sphärischen Elektropop. Mit ihrem zweiten Album "State of Limbo" waren sie schon auf Deutschlandtour, am Samstag stellen sie es im Technikum vor.
AZ: Frau Klinger, Frau Rebers, wenn man einer von Ihnen mailt, um einen Interviewtermin zu vereinbaren, antworten Sie beide. Ist das Ihr Konzept, nur zu zweit aufzutreten?
KLARA REBERS: Ja, als Umme Block schon. Wir haben auch viele Angebote von tollen Musikerinnen und Musikern bekommen, die Lust hätten bei uns einzusteigen. Wir sagen aber immer: Nein, wir bleiben zu zweit.
Wieso?
LEONI KLINGER: Das hat sich über die Jahre entwickelt. Wir haben als Teenies begonnen, zusammen Musik zu machen und haben das, mit Pausen, immer weitergeführt. Wir haben gemerkt, dass wir musikalisch super zusammenpassen. Es wurde natürlicherweise zum Konzept, ohne dass wir von Anfang an beschlossen hätten, nur zu zweit Musik zu machen.
Wie ging es im Teenie-Alter los?
KLARA REBERS: Ich war mal nach der Schule bei Leoni zuhause, mit 13 oder 14. Wir wussten nicht, was wir miteinander anfangen sollen, weil wir uns nicht so gut kannten, haben dann aber schnell herausgefunden, dass wir gern Musik machen. Leoni hat Klavier gespielt, ich Klavier und Gitarre. Dann sind wir zu Leonis Papa gegangen und haben gesagt: Wir hätten gern eine Band.
Was hat er geantwortet?
LEONI KLINGER: Er hat sich über das Interesse gefreut. Er war als junger Mann in Bands und hatte noch ein bisschen Equipment, zum Beispiel einen Gitarrenverstärker oder ein altes Mischpult. Er ist Lehrer für Deutsch als Zweitsprache, viele seiner Schüler sind gerade erst nach Deutschland gekommen, und wir haben mit einigen von ihnen eine Band gegründet.
KLARA REBERS: Leonis Papa hat geguckt, wer musikalisch ist. Er hat gefragt: Wer saß schon mal am Schlagzeug? Okay, dann checken wir das aus.
LEONI KLINGER: Es war also nationsübergreifend, wir konnten uns kaum verständigen und haben uns am Anfang auf Französisch, Englisch, Deutsch und mit Händen und Füßen durchgewurschtelt. Auch wenn es schnulzig klingt: Unsere gemeinsame Sprache war die Musik. Wir haben dann vier Jahre lang gecovert.
Lieder welcher Künstler?
KLARA REBERS: Wir hatten ein Michael-Jackson-Medley, außerdem Nelly Furtado, Suzanne Vega.
LEONI KLINGER: Und ganz viel R&B und Hip-Hop. Wir hatten auch einen Rapper. Es war eine bunte Mischung und eine sehr gute Schule. Durch das Covern lernt man viel, was man später intus hat, wenn man Songs schreibt.
Wie ging es weiter, als sich die Band auflöste?
LEONI KLINGER: Wir haben zu zweit weiter gemacht. Klara hat fleißig komponiert, ich habe fleißig getextet.
KLARA REBERS: Die klassische Singer-Songwriter-Besetzung. Dann wollten wir aber nicht mehr um 13 Uhr auf dem Stadtfest spielen, sondern mehr Bumms haben.
Und wie kam der Bumms in Ihren Sound?
KLARA REBERS: Wir haben einen Song aufgenommen und gemerkt: Elektronisch-sphärisch gefällt uns sehr gut. Unser Set-up auf der Bühne hat sich dann zufällig ergeben. Leoni hat von einem Bekannten einen Synthesizer geliehen bekommen. Den haben wir ausprobiert, und ich habe von der Westerngitarre zur E-Gitarre gewechselt. Freunde und Bekannte haben uns beraten, welches Equipment wir mal ausprobieren können, das haben wir uns zum Teil auf Ebay besorgt, weil es nicht mehr produziert wird.
Mit welchem Equipment stehen Sie heute auf der Bühne?
LEONI KLINGER: Wir haben vier Synthesizer, darunter ein Relikt von 1982, aber auch neuere Modelle. Und wir haben eine Beat Machine und einen Sampler, mit dem wir unsere Beats abfeuern. Die zerlegen wir in kleine Teile, und live können wir sie aufbauen und zusammensetzen, wie wir's mögen. Unser Credo ist, alles live zu machen, was irgendwie geht.
Dank Beat Machine und Sampler sind also die Musiker, die sich Ihnen anbieten, chancenlos.
LEONI KLINGER: Man kann natürliche reale Drums und Drums aus der Dose nicht vergleichen. Aber zu unserer Art von Musik passen sie sehr gut.
Ihr neues Album heißt "State of Limbo". Damit ist eher nicht der Stangentanz gemeint, oder?
KLARA REBERS: Nein, der Limbus ist im biblischen Sinn die Vorhölle, und der "State of Limbo" ist der Schwebezustand.
LEONI KLINGER: Wir haben den Titel gewählt, weil alle Songs in einem Schwebezustand geschrieben wurden - in der Coronazeit. Unser erstes Album erschien im Februar 2020. Es war uns danach nicht vergönnt, loszustarten und auf Festivals zu spielen. Aber so haben wir angefangen, wieder zu schreiben.
In einem der neuen Songs zitieren Sie Franz Schuberts "Ständchen". Das späte Ergebnis Ihres Klavierunterrichts?
KLARA REBERS: Mit Sicherheit. Aber es gibt noch eine Geschichte dahinter: Mein Bruder Johannes ist Schauspieler, er hat am Göttinger Theater "Schwanengesang" gespielt und dort das Lied gesungen. Es war für mich berührend, meinen Bruder zum ersten Mal auf einer professionellen Bühne zu sehen. Dann habe ich mir das immer wieder angehört, und wir haben gesagt: Wir klauen diese geile Harmonik.
Urheberrechte gelten ja nur 70 Jahre lang, da drohten keine Probleme.
KLARA REBERS: Eben. Und Copyright-mäßig könnte man uns eh nichts, weil wir das stark verändert haben. Wir haben die Harmonien immer wieder auf dem Album benutzt. Und wir kommunizieren gern, dass uns das inspiriert hat. Auch wenn unsere Generation nicht ständig in der Philharmonie oder Oper sitzt, finden wir es schön zu sagen: Diese Musik ist toll und inspirierend, hört Euch das mal an!
Die Texte auf Ihrer Website sind vornehmlich auf Englisch. Haben Sie schon den internationalen Markt im Blick?
KLARA REBERS: Wir würden gern außerhalb des deutschsprachigen Raums spielen. Auf Spotify kann man ja sehen, wo die Songs gehört werden. Bei uns sind Polen und Frankreich ganz weit oben. Und wir waren letztes Jahr in Litauen, das war eine tolle Erfahrung.
Was hat Sie dorthin verschlagen?
LEONI KLINGER: Kaunas war Kulturhauptstadt 2022, da gab es eine Sommerbühne und wir sind empfohlen worden. Wir haben ein Hinterhof-Konzert gespielt, bei dem wir uns gefragt haben, ob das die Leute nicht stört, wenn wir laute elektronische Musik abfeuern. Aber die Leute waren unheimlich interessiert. Das war ein Highlight.
Und wieso werden Ihre Songs in Polen und Frankreich gehört?
KLARA REBERS: Das ist algorithmisch. Vielleicht ist da gerade elektronische Musik angesagt und wir sind in irgendwelche Algorithmen gekommen. Ich habe zwar französische Verwandte, aber ich glaube nicht, dass die ganz Frankreich bedienen und sagen: Hört Euch die Musik meiner Cousine an.
Technikum (Speicherstraße 26), Samstag 28. Januar, 20 Uhr,
Karten für 19.40 Euro unter
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