Liederabend im Prinzregententheater

Waltraud Meier singt Wagner, Mahler und Hugo Wolf


Die Mezzosopranistin Waltraud Meier.

Die Mezzosopranistin Waltraud Meier.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Waltraud Meier und der Pianist Joseph Breinl mit Liedern von Richard Wagner, Gustav Mahler und Hugo Wolf im Prinzregententheater.

Vor gut vier Jahren sang Waltraud Meier in der Bayerischen Staatsoper zum letzten Mal die Isolde aus Richard Wagners Musikdrama "Tristan und Isolde". Damals fragte man sich, warum sie eigentlich Abschied von ihrer Lebensrolle nahm. Denn die Stimme klang nie schöner als in diesen Vorstellungen. Noch einmal demonstrierte die gebürtige Würzburgerin, warum sie für eine ganze Generation zur Verkörperung dieser schweren Ausnahmepartie wurde: weil sie ihr die Schwierigkeit nahm und sie so dramatisch wie gleichzeitig verführerisch belcantistisch anlegte.

In der Zwischenzeit konnte sich der Mezzosopran von Waltraud Meier ohne diese Last weiterentwickeln. Das zeigt dieser fulminante Liederabend: Samtig und weich verströmt sich der Gesang in vier "Wunderhorn"-Liedern von Gustav Mahler, silbrig schimmert das Piano, alles ist vollkommen intakt und geschmeidig, und dies wohlgemerkt in einem Lebensabschnitt, in dem die meisten ihrer Kolleginnen die Bühne schon längst verlassen haben.

Verheißungsvolle Erlösung

Und was sie mit diesem Wohllaut im gespannt lauschenden Prinzregententheater alles anstellt! In "Das irdische Leben" etwa entspinnt sie einen erschütternden Dialog zwischen der Not des hungernden Kindes und der Beschwichtigung durch die ebenso verzweifelte Mutter. Auch "Des Antonius von Padua Fischpredigt" wird zu einer veritablen Szene mit vielen Perspektiven ausgemalt, die verschiedensten Fische schwimmen plastisch aus allen möglichen Richtungen herbei.

Direkt spielt die Meier hier das Publikum an, witzig, doch mit komischer Würde: ohne sich je anzubiedern. Neben dieser bildlichen Dimension wird bei Hugo Wolf die einzigartige Textbehandlung zum Ereignis. Immer weiß sie, was sie singt. In sechs ausgewählten Gesängen nach Gedichten von Eduard Mörike zaubert sie berückende Naturlaute aus Vokalen und Umlauten.

Es wirkt am Schluss wie die perfekte Rundung des Kreises, wenn Waltraud Meier dann der Isolde doch noch einmal nahekommt. In seinen Wesendonck-Liedern hatte Richard Wagner ja eine Vorahnung der späteren "Tristan"-Welt gegeben. Vor allem im dritten Stück "Im Treibhaus", das Joseph Breinl atmosphärisch begleitet, vernimmt man nicht bloß einen Abglanz vergangener Tage, sondern soetwas wie eine Wiedergeburt dieser Opernfigur im Lied. Ausgestattet mit einem nach wie vor riesenhaften Umfang, der selbst in den Grenzregionen mühelos anspricht, wendet Waltraud Meier sich gestalterisch nun mehr auf aufregende Weise nach innen.

Wer hätte jemals so süß und verheißungsvoll von Erlösung gesungen wie sie? Ein großer Abend.