Kultur

Witz und Verbrechen

Roland Jankowsky spielt den Kult-Ermittler Overbeck in "Wilsberg" und kommt zu einem Krimiabend in den Münchner Schlachthof


Die Polizisten Isabel Wolfangel (Sarah Alles-Shahkarami) und Overbeck (Roland Jankowsky) verhören Ekki (Oliver Korittke).

Die Polizisten Isabel Wolfangel (Sarah Alles-Shahkarami) und Overbeck (Roland Jankowsky) verhören Ekki (Oliver Korittke).

Von Volker Isfort

Georg Wilsberg schlendert mit Freund Ekki durch Münsters Innenstadt in Richtung Antiquariat und diskutieren dabei über moderne Verkaufsmethoden. Der Händler von gebrauchten Büchern und ständig klamme Privatdetektiv will lieber nichts Neues ausprobieren und sich auf seine Stammkunden konzentrieren. "Auf die zwei oder drei?" fragt sein Freund ironisch - und wird von Wilsberg in letzter Sekunde von der Straße gezogen. Vor den Augen der beiden scheppert es. Ein Autofahrer kracht in mehrere geparkte Autos - und ist sofort tot.

In der Folge "Fette Beute" geraten Wilsberg (Leonard Lansink) und Ekki Talkötter (Oliver Korittke) unter Verdacht, den Verkehrsunfall wegen ihrer Unaufmerksamkeit verschuldet zu haben. Wilsberg-Fans aber wissen schnell, das ist Blödsinn. Der Tote ist Mitarbeiter eines Internet-Start-ups. Im Handschuhfach liegen Tabletten.

Regisseur Martin Enlen und Drehbuchautor Stefan Rogall führen die Zuschauer in eine wilde Geschichte um Erfolgsdruck, Missgunst und Ärger mit der Konkurrenz. Das neue Start-up sorgt im Münsterland für viel Aufmerksamkeit mit einer App, über die günstige Dienstleistungen vermittelt werden. Die Kunden freuen sich - der Mittelstand tobt. Kommissar Overbeck (Roland Jankowsky) bekommt einen Oberdeppen an die Seite gestellt. Andreas Merker spielt einen dämlichen Polizisten, der Overbeck bei den Ermittlungen helfen soll - und treibt seinen Vorgesetzten in den Wahnsinn.

Münchner können noch eine andere Seite von Roland Jankowsky kennenlernen. Am 22. Januar gastiert er mit seinem Lese-Programm "Wenn Overbeck kommt" im Münchner Schlachthof.

AZ: Herr Jankowsky, wie kamen Sie zu "Wilsberg"?

Roland Jankowsky: Das war 1997. Ich hatte bis dahin hauptsächlich Theater gespielt und eine kleine Rolle in einem No-Budget Film ergattert, "German Fried Movie" von Uwe Boll. Gerd Birkmann, mein damaliger Agent, hat mir Rollen in "Nikola" vermittelt und im ersten "Wilsberg". "Nikola" war ein RTL-Pilotfilm und ich war ein Kleindarsteller ohne Text. Auch im ersten "Wilsberg" hatte ich, glaube ich, vielleicht drei Sätze und noch nicht einmal einen Rollennamen. Ich war nur Assistent. Aus "Nikola" wurden schließlich 9 Jahre, die ich an der Seite von Walter Sittler und Mariele Millowitsch gedreht habe. Und "Wilsberg" läuft noch immer.

"Wilsberg" wurde ziemlich schleichend ein Dauerrenner.

Wir haben angefangen mit einem Film pro Jahr, dann wurden es zwei, schließlich drei und nun vier. In diesem Prozess wurde die Reihe immer populärer und meine Rolle als Overbeck auch immer weiter ausgebaut.

Was ist das Erfolgsgeheimnis von "Wilsberg"?

Als Fernsehschauspieler hat man gar nicht so den Kontakt zum Publikum, aber seit ich mit meinen Lesungen auf Tour bin, ist der Kontakt natürlich viel direkter. Und mir wird von Leuten aus dem Publikum immer wieder gesagt, dass sie den "Tatort" oft viel zu düster und blutig finden, aber "Wilsberg" ein Familienkrimi sei und viel besser geeignet, wenn Menschen mit ihren Kindern zusammen einen Fernsehabend erleben möchten. "Wilsberg" ist einfach ein Ensemblefilm mit viel Humor und wenig Gewalt. Ich denke das trägt zum Erfolg bei.

Das ist nicht einfach für den Drehbuchautor: So viele extreme Charaktere und alle müssen ja relativ gleich bedient werden.

Ich finde auch in der Rückschau, dass dies nicht jedem Autor in gleichem Maße gelingt. Wir ändern auch oft noch Text in den Proben, damit eine Szene rund wird.

Unter Fans ist ja klar, das die "Bielefeld Verschwörung" aus dem Jahr 2012 einen "Wilsberg"-Spitzenplatz belegt.

Klar, in der Stadt, die es nicht gibt. Regisseur Hans-Günther Bücking hat damals rund zehn "Wilsberg"-Folgen am Stück gemacht und die waren einfach etwas besonderes. Er hat das Komische an der Rolle des Overbeck geschätzt und weiter ausgebaut.

Sie sind ja die größte Comic-Figur im Ensemble.

Ich bin sie geworden im Laufe der Zeit. Ich mag an der Rolle, dass sie sich geändert hat. Wenn Overbeck jetzt ein Vierteljahrhundert nur der tumbe Narr geblieben wäre, dann weiß ich nicht, ob ich noch dabei sein wollte.

Wenn man vier mal im Jahr den überheblichen, leicht tollpatschigen Ermittler spielt, färbt das dann ab?

Die Figur und ich sind glücklicherweise grundverschieden: Overbeck ist ein Fettnäpfchentreter ohne Familie und fast ohne Freunde, privat bin ich ein Familienmensch, der seine Freundschaften pflegt. Unterschiedlicher könnte es gar nicht sein.

Können Sie in Münster unerkannt durch die Straßen laufen?

Eher nicht. "Mensch Overbeck, wo ist denn ihre Chefin?" habe ich dann schon häufig gehört, aber in den letzten Jahren kam dann auch mein Name dazu und Menschen haben mich als "Herr Jankowski" angesprochen.

Overbeck ist in der neuen Folge "Fette Beute" überraschenderweise ein belesener Literaturfreund und zitiert Zola.

Overbeck durfte auch schon Ausflüge in die Philosophie unternehmen, er wurde auch schon Frauenbeauftragter, er kam auch mal esoterisch daher, war IT-Experte. So wird es einfach nie langweilig für mich und die Zuschauer.

Ist man mit der extremen Rolle als Overbeck abgestempelt für andere Angebote?

Anders herum. Ich habe früher mehr andere Sachen gemacht. Aber wir drehen vier Folgen im Jahr und ich hatte im vergangenen Jahr 90 Lesungen mit meinem Bühnenprogramm. Wenn man dann seine Familie noch sehen will, dann kann man auch nicht mehr machen. Die Selbstständigkeit durch die Leseabende hat mir eine große Unabhängigkeit verschafft.

Was erwartet die Zuschauer im Schlachthof?

Ich lese schräge, morbide, humorvolle Krimi-Kurzgeschichten mit überraschenden Wendungen. Manchmal rollt ein Kopf, aber es gibt viel zu lachen. Und es ist natürlich mehr als eine Lesung. Es ist eher ein Ein-Mann-Theater, denn ich schlüpfe auch in bis zu zehn unterschiedliche Rollen und Dialekte.

Gibt es denn Merchandising-Produkte, eine Overbeck-Sonnenbrille vielleicht?

Nein, das Modell gibt es auch seit Jahren nicht mehr. Wir haben damals gleich mehrere Sonnenbrillen gekauft, falls eine kaputt geht. Natürlich gibt es die Bücher zur Lesung, die ich gerne signiere und meine Chanson-CDs für Interessierte, die sich wundern, dass ich auch singen kann. Die Sonnenbrille war übrigens eine Idee des Regisseurs Hans-Günther Bücking und ich fand' die eigentlich total doof und konnte damit zunächst nichts anfangen. Er meinte das wohl als ironischen Verweis auf "CSI Miami", aber ich hatte die Serie nie gesehen. Aber wenn ich jetzt ohne Sonnenbrille durch Münster laufe, werde ich immer darauf angesprochen.

Overbeck hat noch eine Besonderheit, er trägt keinen Vornamen.

Das hat mächtige Wellen geschlagen, als meine Rolle mal eine Stromrechnung bekommen hat und ein findiger Privatdetektiv ein Standbild von der Szene auf seinem riesigen Flatscreen vergrößert hat und einen Vornamen entdeckte. Aber dieser Name ist in 25 Jahren der Serie nie gefallen. Und ich sage fragenden Fans immer: "Wenn Sie mir den Vornamen von Inspector Colombo nennen, dann sagen ich Ihnen den von Overbeck.

ZDF, 7. Januar, 20.15 Uhr