Meinungsfreiheit
Warum wir manche Kommentare auf Facebook löschen
1. Januar 2021, 10:00 Uhr
"Warum löscht Ihr Kommentare auf Facebook? Gibt es keine Meinungsfreiheit mehr?": Immer wieder erreichen unsere Redaktion Nachrichten wie diese. Darum erklären wir hier, wie wir mit Facebook-Kommentaren umgehen.
Meinungsfreiheit - was heißt das eigentlich?
Im deutschen Grundgesetz steht: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."
Wir wollen hier natürlich niemandem zu nahe treten. Aber oft beschleicht uns das Gefühl, manche unserer Facebook-Kommentatoren lesen das und verstehen es als: "Ich darf sagen und schreiben, was ich will, und wer mich daran hindert, begeht Zensur."
Das stimmt so natürlich nicht.
Grundsätzlich herrscht in Deutschland Meinungsfreiheit, nicht Redefreiheit wie etwa in den USA. Vereinfacht gesagt bezieht sich unsere Meinungsfreiheit auf das "Meinen", und Meinungen können nicht wahr oder falsch sein.
Sobald allerdings Tatsachenbehauptungen im Spiel sind, gelten andere Spielregeln. Denn Tatsachen können wahr oder falsch sein - und Tatsachenbehauptungen müssen sich daran messen lassen, ob sie mit der Wirklichkeit übereinstimmen oder nicht.
Zwischen Meinung und Tatsachenbehauptung gibt es noch eine Kategorie, die ein amerikanischer Soziologe relativ zutreffend als "Bullshit" bezeichnet hat: Geraune, Andeutungen, Suggestivfragen, vielsagende Punktpunktpunkt-Sätze, die weder Meinung sind noch den Anspruch haben, Tatsachen zu beschreiben. Das würde hier zu weit führen - aber Meinung ist auch das nicht.
Zurück zum Grundgesetz: Die Meinungsfreiheit schützt nicht jede Meinung. Lesen wir weiter im Paragraf 5: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."
Wer also beleidigt, zu Gewalt aufruft, jemanden in seiner Ehre verletzt oder ähnliches mehr, kann sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen.
Mehr noch: Oft genug haben Gerichte festgestellt, dass es so etwas gibt wie ein "digitales Hausrecht". Genauso wenig, wie Sie dulden müssen, dass sich jemand in Ihren Vorgarten stellt und Parolen durchs Fenster schreit, müssen wir Pöbeleien auf unserer Facebook-Seite dulden. Wenn Sie pöbeln wollen, dürfen Sie das - aber bitte in Ihrem persönlichen Account, nicht bei uns.
Wie wir Facebook-Beiträge moderieren
Wenn unter unseren Artikeln diskutiert wird, ehrt uns das und zeigt uns, dass wir über ein Thema schreiben, das die Menschen in unserer Region bewegt. Oft ziehen wir auch Informationen aus den Diskussionen, finden Ansprechpartner oder neue Themenideen. So soll's sein.
Damit möglichst alle Nutzer eine einladende Kommentarspalte vorfinden, moderieren wir. Das macht tagsüber einer der Redakteure aus unserem Team, manchmal auch zwei. Weil die Zahl der Kommentare stark steigt, haben wir uns im Sommer 2021 dazu entschlossen, ein journalistisches Tool einzuführen, mit dem man den Überblick über die Facebook-Kommentare behält.
Ganz bewusst setzen wir kein Tool ein, das manche Kommentare per künstlicher Intelligenz verbirgt oder löscht. Das würde uns zwar Arbeit ersparen. Aber wir wollen absolut sicher gehen, dass kein Kommentar zu Unrecht gelöscht wird, und lesen jeden einzelnen persönlich.
Warum wir Kommentare auf Facebook löschen
Vorab: Wenn Sie sich wundern, wo Kommentare geblieben sind, schauen Sie doch bitte, ob bei Ihnen wirklich alle Kommentare angezeigt werden. Üblicherweise ordnet Facebook die Kommentare nach "Relevanteste zuerst" - dann kann es sein, dass Kommentare verschwunden scheinen. Wenn Sie auf "alle anzeigen" wechseln, sind auch alle Kommentare zu sehen.
Manchmal kommt es natürlich auch vor, dass Nutzer ihre Kommentare selbst wieder gelöscht haben.
Wir selbst löschen Kommentare nur, wenn sie gegen unsere Kommentarregeln verstoßen. Diese sind unter idowa.de/kommentarregeln nachzulesen und auch auf unserer Facebook-Seite verlinkt. Viele Dinge, die dort geregelt sind, sollten eigentlich selbstverständlich sein. In der Praxis gibt es aber immer wieder Fälle, in denen Nutzer - mutwillig oder aus Unwissenheit - dagegen verstoßen. Solche Beiträge werden von uns entfernt. Das Löschen von Kommentaren hat also nichts mit Zensur zu tun. Wir löschen nicht, um Meinungen zu unterdrücken, sondern um ein einladendes Umfeld für Diskussionen zu ermöglichen. Das geht nur, wenn wir auf Verstöße gegen unsere Kommentarregeln auch reagieren.
Welche Beiträge wir löschen
Verbotene Inhalte
Was gegen geltende Gesetze verstößt, wird ohne Wenn und Aber gelöscht. Darunter fallen etwa Aufrufe zu Gewalt, Volksverhetzung, Diskriminierung und Beleidigungen. Beiträge, die strafrechtlich relevant sein könnten, melden wir der Polizei. Auch Beiträge, die gegen das Urheberrecht oder Datenschutzbestimmungen verstoßen, werden von uns entfernt.
Falschnachrichten
Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Aber niemand hat das Recht auf eigene Fakten. Stoßen wir in unserem Kommentarbereich auf nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen, löschen wir diese. Dasselbe gilt für Links oder Anhänge, sofern sie unseriös sind.
Spam, Smileys und Gifs
Wir entfernen Spam, Smileys oder Gifs, wenn sie mit dem kommentierten Beitrag nichts zu tun haben. Auch dann, wenn die Inhalte an sich nicht verboten wären. Warum wir das tun: Wir wollen ein möglichst angenehmes Diskussionsumfeld bieten, in dem alle gerne ihre Meinung oder ihre Erfahrungen schildern. Diesen Austausch zu ermöglichen ist einer der verfassungsgemäßen Aufträge freier Presse, den wir auch sehr ernst nehmen. Kotz-Smileys, umfallende Reissäcke oder hämisch lachende Affen fördern allerdings keine Diskussion, im Gegenteil: Sie stören diese eher. Deswegen behalten wir uns vor, solche Beiträge ebenfalls zu löschen.
Werbung
Werbung und andere kommerzielle Inhalte sind in unserem Kommentarbereich nicht erlaubt. Außerdem untersagen wir auch Aufrufe zu Demonstrationen, Kundgebungen oder Petitionen. Das gilt für alle politischen Richtungen gleichermaßen.
Angriffe und Provokationen
Leser können unter unseren Beiträgen selbstverständlich auch unpopuläre oder kontroverse Ansichten vertreten. Wenn wir solche Kommentare löschen, liegt das immer daran, dass sie unsachlich, hämisch oder respektlos vorgetragen worden sind. Natürlich dürfen Sie anderen Nutzern oder unseren Autoren widersprechen - aber bitte wie immer sachlich und argumentativ gestützt. Freie Rede lebt vom Widerspruch. Inhaltliche Kritik ist uns sehr willkommen, reine Provokationen und Sticheleien zwischen einzelnen Nutzern dagegen nicht.
Kommentare ohne Bezug zum Thema
Auch inhaltlich und formal einwandfreie Kommentare werden von uns gelegentlich entfernt - und zwar dann, wenn sie keinerlei Bezug zum Thema des dazugehörigen Artikels aufweisen. Selbstverständlich können sich Schwerpunkte im Laufe einer Diskussion verlagern, das ist vollkommen normal. Das Vertiefen von Nebenaspekten ist ebenfalls legitim. Allerdings erleben wir immer wieder, dass Leser versuchen, vom eigentlichen Artikel abzulenken und auf ein gänzlich anderes Thema überzuleiten, das nichts mit dem Text zu tun hat. Stört dieser "Whataboutism" die ursprüngliche Diskussion empfindlich, behalten wir uns deswegen vor, solche Kommentare zu entfernen.
Warum wir den Kommentarbereich ganz schließen
Facebook erlaubt es News-Seiten wie uns, die Kommentarfunktion bei einzelnen Artikeln einzuschränken. Wir machen von dieser Möglichkeit nur extrem zurückhaltend Gebrauch - etwa, wenn die Diskussion unter einem Artikel so aus dem Ruder läuft, dass wir sie nicht mehr moderieren können. In der Redaktion müssen wir abwägen: Soll ein Redakteur den ganzen Arbeitstag an einen einzigen Facebook-Beitrag gebunden sein, um die Diskussion zu moderieren? Meist entscheiden wir: Nein. In solchen Fällen schließen wir den Kommentarbereich. Gerade an Wochenenden oder Feiertagen, wenn unsere Redaktion nicht vollständig besetzt ist.
Warum Kommentare stehen bleiben, obwohl sie gegen die Regeln verstoßen
Wie gerade geschildert, ist unsere Redaktion nicht rund um die Uhr besetzt. Deswegen können wir leider nicht immer sofort auf eingehende Kommentare reagieren. Sollten Sie auf einen Kommentar stoßen, der gegen unsere Netiquette verstößt, schicken Sie uns deswegen gerne eine kurze Nachricht mit einem Screenshot des jeweiligen Beitrags oder markieren Sie uns in einer Antwort auf den Kommentar. Wir werden ihn dann so schnell wie möglich prüfen.
Außerdem moderieren wir Kommentare nicht direkt auf der Facebook-Oberfläche, sondern mit einem journalistischen Tool zum Community-Management. Darum kann es sein, dass zwischen der Löschung eines Kommentars und des tatsächlichen Verschwindens des Kommentars ein paar Minuten vergehen.
Warum wir Nutzer blockieren
Wer erkennbar nicht an einer Diskussion interessiert ist, sondern bei uns nur seinen Frust ablässt oder andere Nutzer angeht, wird blockiert. Das bedeutet, dass er generell nicht mehr auf unserer Facebook-Seite kommentieren kann. Diesen drastischen Schritt wenden wir nur in Ausnahmefällen an.
Mithilfe unseres Facebook-Tools können wir sehen, was einzelne Nutzer unter unseren Beiträgen kommentiert haben. Hat ein Nutzer nur mal einen schlechten Tag oder reagiert er auf ein Thema besonders gereizt, ist das noch lange kein Grund, ihn dauerhaft zu blockieren. Sehen wir aber, dass ein bestimmter Nutzer immer wieder nur mit Krawall auffällt, blockieren wir ihn. Das machen wir uns nicht leicht - aber gleichzeitig vertrauen alle anderen Nutzer darauf, dass wir ein respektvolles und fruchtbares Diskussionsumfeld garantieren.
Ist eine Sperre dauerhaft?
Eine Sperre gilt, bis wir sie wieder aufheben. Sollten wir Sie blockiert haben und Sie gerne wieder bei uns kommentieren wollen, können Sie sich per Mail an redaktion@idowa.de an uns wenden. Dann prüfen wir Ihren Fall. Uns ist bewusst, dass die Emotionen bei manchen Themen schnell hochkochen können. Und wir wollen nicht jeden, der sich mal im Ton vergreift, dauerhaft ausschließen. Daher sind wir hier durchaus gesprächsbereit. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen - wie beispielsweise Todesdrohungen oder NS-Vokabular - verstehen wir allerdings keinen Spaß. In solchen Fällen bleibt die Sperre dauerhaft.