US-Präsident

Das hat es mit Joe Bidens Stiftekiste auf sich


Dieses Detail auf den Bildern aus dem Oval Office hat die Netzgemeinde fasziniert. Wie Recherchen ergaben, hat die Stiftekiste auf dem präsidialen Schreibtisch Tradition.

Dieses Detail auf den Bildern aus dem Oval Office hat die Netzgemeinde fasziniert. Wie Recherchen ergaben, hat die Stiftekiste auf dem präsidialen Schreibtisch Tradition.

Wozu braucht ein US-Präsident so viele Stifte? Diese Frage hatte über Tage vor allem die US-amerikanische Netzgemeinde beschäftigt, weil auf Bildern von Joe Bidens Schreibtisch eine ganze Kiste mit hochwertigen Füllern zu sehen war - die Hintergründe sind überraschend und gleichermaßen faszinierend.

Nach seiner Amtseinführung hatte der neue US-amerikanische Präsident Joe Biden keine Zeit verloren und 17 sogenannte Executive Orders - präsidiale Verordnungen mit Gesetzescharakter - unterschrieben. So viele wie kein Präsident vor ihm an seinem ersten Tag im Amt. Es ist aber ein Detail auf den Bildern von der Unterzeichnung, an denen sich viele Diskussionen im Netz entzündet hatten: Vor dem Präsidenten lagen, neben den Kladden mit den Gesetzestexten, sauber aufgereiht wie Zigarren in einer Kiste, unzählige hochwertige Dokumentenfüller, alle völlig baugleich.

"Wozu braucht ein Präsident so viele Stifte?" war die Frage, die daraufhin vor allem in den sozialen Netzwerken gestellt wurde. Hat es etwas mit der Corona-Pandemie zu tun? Ist es Ausdruck eines Verschwendertums, wie es den Zentren der Macht so gerne unterstellt wird? Weder noch.

Füller werden später zu politischen Souvenirs

Tatsächlich verwendet der US-Präsident für jede Unterschrift unter eine Verordnung einen neuen Füller. Die Journalistin Amanda Kooser vom US-Nachrichtenportal CNET recherchierte daraufhin die Hintergründe - und fand heraus, dass die Kiste mit den vielen Stiften Tradition hat. Lisa Brown, die in der Verwaltung des Weißen Hauses arbeitete, konnte selbst nicht genau sagen, wann der "Brauch der vielen Stifte" begonnen hatte - bereits John F. Kennedy und Lyndon Johnson sollen während ihrer Amtszeiten verschiedene Stifte für die Unterschrift unter Gesetze und Verordnungen verwendet haben. Möglicherweise gehe die Tradition aber noch weiter zurück, auf Franklin D. Roosevelt oder Harry Truman.

Die Stifte werden nach der Unterzeichnung verschenkt - an verdiente Mitarbeiter, Gäste des Weißen Hauses, vorzugsweise aber an Menschen, die maßgeblich an dem vorliegenden Gesetzesentwurf mitgewirkt oder sich im Besonderen dafür eingesetzt haben. Die Präsidenten-Füller gelten als politische Artefakte - für Souvenirs dieser Art soll es sogar Sammler geben.

22 Stifte für "Obamacare"

Also immer ein Dokument - ein Füller? Nein, es geht noch skurriler: Wird ein Gesetz als besonders richtungsweisend bewertet, werden sogar mehrere unterschiedliche Stifte für einen präsidialen Namenszug verwendet. Krassester dokumentierter Fall: Für das Gesetz zur Errichtung von "Obamacare" soll Barack Obama nicht weniger als 22 Füller verwendet haben. "Das bedeutet, dass er einzelne Buchstaben seines Namens jeweils mit einem eigenen Stift geschrieben hat", hatte Lisa Brown in einem YouTube-Video von 2010 erklärt.

Bei seinen ersten 17 Weisungen hatte es Joe Biden also noch vergleichsweise leicht - zum Einsatz kamen 17 Stifte. Laut Amanda Kooser könne sich das aber ändern, wenn es für ihn daran geht, gewichtige Erlasse und Gesetze aus dem Kongress zu unterzeichnen.