Neue Kriminalstatistik

Deutlicher Anstieg bei Straftaten gegen Frauen


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Gewalt gegen Frauen sei ein zunehmendes gesellschaftliches Problem, sagt Michael Kretschmer vom Bundeskriminalamt. (Symbolbild)

Von dpa

Nach aktuellen Daten sind immer mehr Frauen in Deutschland von Gewalt betroffen. So stieg die Zahl der weiblichen Opfer von Häuslicher Gewalt laut einer Auswertung des Bundeskriminalamts um 5,6 Prozent auf 180.715. Im Jahr 2022 waren es noch 171.076, wie aus dem aktuellen Lagebild "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" hervorgeht, das die beiden Bundesministerinnen für Frauen, Lisa Paus (Grüne), und für Inneres, Nancy Faeser (SPD), zusammen mit dem Vizepräsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Michael Kretschmer, am Dienstag in Berlin vorstellten.

"Die Zahlen und Fakten zeigen, dass Hass und Gewalt gegen Frauen ein zunehmendes gesellschaftliches Problem sind", erklärte Kretschmer. Dabei sei der digitale Raum "der Treiber", betonte der BKA-Vizepräsident.

Mit 70,5 Prozent betrifft Häusliche Gewalt mehrheitlich Frauen und Mädchen. Insbesondere bei digitaler und partnerschaftlicher Gewalt gehen die Ermittler von einer hohen Dunkelziffer aus.

Auch bei Sexualstraftaten verzeichnet das BKA einen Anstieg. 2023 wurden demnach 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten - und damit 6,2 Prozent mehr als 2022. Die Hälfte der Opfer war hier den Angaben zufolge jünger als 18 Jahre alt.

Kretschmer betonte, dass die Ermittler im Jahr 2023 bei allen Taten, die sich spezifisch gegen Frauen richteten, einen Anstieg festgestellt hätten. Das gelte auch für die Zahl der versuchten und vollendeten Tötungsdelikte, der sogenannten Femizide. Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Femiziden, ein Prozent mehr als 2022 (929). 360 Frauen und Mädchen starben dabei.

Der Anteil an weiblichen Opfern, die im Zusammenhang mit partnerschaftlichen Beziehungen Opfer von Tötungsdelikten wurden, lag laut Lagebild bei 80,6 Prozent. Das Risiko, Opfer eines Femizids zu werden, steige mit dem Alter, erklärte Kretschmer weiter. Das Lagebild ergebe eine hohe Betroffenheit der 60- bis 80-Jährigen.

Ein weiterer auffälliger Befund: Die Zahl der Straftaten, die ausschließlich auf frauenfeindlichem Gedankengut basieren, stieg im Jahr 2023 um mehr als 56 Prozent gegenüber 2022. Demnach wurden 322 Taten gegen Frauen erfasst, bei denen das Tatmotiv ausschließlich auf Vorurteile gegen Frauen oder das weibliche Geschlecht zurückgeht. Diese Taten werden dem Lagebild zufolge als Teil der Politischen Kriminalität eingestuft - darunter Beleidigung (150), Volksverhetzung (46) und Nötigung oder Bedrohung (24). Im Jahr 2022 waren es noch 206 Straftaten dieser Art.

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360 Frauen und Mädchen starben im vergangenen Jahr bei Femiziden. (Archivbild)

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Häusliche Gewalt betrifft in den meisten Fällen Frauen und Mädchen. (Symbolfoto)

Mit mehr als 180.000 Betroffenen im vergangenen Jahr ist häusliche Gewalt ein Schwerpunkt-Phänomen, das in den meisten Fällen (70,5 Prozent) Frauen und Mädchen betrifft. Von häuslicher Gewalt ist immer dann die Rede, wenn es sich um Personen handelt, die in einer partnerschaftlichen Beziehung zueinander sind oder waren oder wenn sich die Gewalt in der Familie abspielt. Die meisten weiblichen Opfer sind laut Statistik zwischen 30 und 60 Jahren alt und deutsche Staatsangehörige.

Bei partnerschaftlicher Gewalt sind knapp 80 Prozent der Betroffenen weiblich. Familienministerin Paus betonte, dass mehr als 11.000 Frauen monatlich Opfer von Gewalt in der Partnerschaft würden. "Das sind fast 400 am Tag." Das tatsächliche Ausmaß dürfte noch größer sein. Bei partnerschaftlicher Gewalt gehen die Ermittler - ähnlich wie bei Taten im Internet - von einer hohen Dunkelziffer aus.

Auch bei Sexualstraftaten zeigt der Pfeil der Statistik nach oben. 2023 wurden demnach 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten - und damit 6,2 Prozent mehr als 2022. Die Hälfte der Opfer war hier den Angaben zufolge jünger als 18 Jahre. Die Mehrheit der Tatverdächtigen (rund 65 Prozent) habe die deutsche Staatsangehörigkeit.

Ein weiterer Kriminalitätsschwerpunkt: das Internet. "Gerade im digitalen Raum werden Frauen immer häufiger angegriffen und angefeindet", sagte Kretschmer. Das Netz sei ein "Treiber". Mehr als 17.193 Frauen und Mädchen wurden laut Statistik im vergangenen Jahr Opfer von digitaler Gewalt, etwa von "Cyberstalking" oder anderen Delikten, die beispielsweise bei Aktivitäten in sozialen Medien begangen werden.

Das entspreche einem Anstieg um 25 Prozent gegenüber 2022, in dem noch knapp 13.800 weibliche Opfer im digitalen Raum registriert worden waren. Im Fünf-Jahres-Verlauf hätten sich die Zahlen hier mehr als verdoppelt, erklärte Kretschmer weiter.

Was er besonders hervorhebt: Die Zahl der Straftaten, die ausschließlich auf frauenfeindliches Gedankengut zurückgehen, stieg um mehr als 56 Prozent gegenüber 2022. Demnach wurden 322 Taten gegen Frauen erfasst, bei denen das Tatmotiv ausschließlich auf Vorurteilen gegen Frauen oder das weibliche Geschlecht basierte.

Diesen Taten kommt dem Lagebild zufolge eine besondere Bedeutung zu, weil sie als Teil der politischen Kriminalität eingestuft werden - darunter Beleidigung (150), Volksverhetzung (46) und Nötigung oder Bedrohung (24). Im Jahr 2022 waren es noch 206 Straftaten dieser Art. Kretschmer verwies darauf, dass fast die Hälfte (45 Prozent) aller frauenfeindlichen Delikte, die unter diese Kategorie fallen, dem rechten Spektrum zuzuordnen seien.

Besonders schwerwiegend sind versuchte und vollendete Tötungsdelikte, die sich explizit gegen das weibliche Geschlecht richten - sogenannte Femizide. Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Femiziden, ein Prozent mehr als 2022 (929). 360 Frauen und Mädchen starben dabei. Mit 1.050 Opfern von versuchten oder vollendeten Femiziden war im ersten Corona-Jahr 2020 ein Höchststand erreicht worden.

Nach einem Rückgang im Jahr 2021 sei die Zahl aber wieder kontinuierlich gestiegen, hieß es. Von den Tatverdächtigen der Tötungsdelikte waren 84,6 Prozent männlich und 15,4 Prozent weiblich. Die meisten seien älter als 21 (89,7 Prozent) und hätten die deutsche Staatsangehörigkeit (68,2 Prozent), hieß es.

Frauenministerin Paus hat seit Amtsantritt immer wieder betont, dass sie effektive Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen treffen wolle. Zugleich räumt sie mit Blick auf Frauenhäuser, Schutzeinrichtungen und Beratungsstellen ein: "Das Angebot reicht vielerorts bei weitem nicht aus."

Ihr Haus arbeite daher intensiv an einer ressortübergreifenden Gewaltschutzstrategie. Sie sei zuversichtlich, dass das Kabinett diese noch beschließen werde. Wichtig sei auch das Gewalthilfegesetz, das ihr Haus in enger Abstimmung mit anderen Ministerien, den Ländern und Verbänden erarbeitet habe. Auch hier hofft sie auf breite Unterstützung im Bundestag - die es nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wahrscheinlich eher nicht geben wird. Dafür müssten wohl auch Teile der Union das Gesetz mittragen.

Von dort kam am Dienstag aber vor allem eines: heftige Kritik. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, warf Paus und Faeser vor, den effektiven Schutz von Frauen in Deutschland versäumt zu haben. Das Bundeslagebild sei eine "Bankrotterklärung", schrieb er in einer Stellungnahme.


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.