Flüchtlingspolitik

Die Uhr tickt


Fünf vor Zwölf: Die Uhr tickt. Viele Verhandlungen werden geführt, doch keine Lösung in Sicht. SPD, Grüne und weite Teile der CDU rücken vom Kurs der Kanzlerin ab.

Fünf vor Zwölf: Die Uhr tickt. Viele Verhandlungen werden geführt, doch keine Lösung in Sicht. SPD, Grüne und weite Teile der CDU rücken vom Kurs der Kanzlerin ab.

Von Monika Müller

Freundlich im Ton, knallhart in der Sache. So erlebten die Abgeordneten der CSU-Landtagsfraktion die Regierungschefin. Zwar waren im Vorfeld die Erwartungen gering, dass sie von ihrem Kurs in der Flüchtlingspolitik abrücken könnte. Aber auch am Morgen nach dem Treffen mit der CDU-Chefin war die Enttäuschung groß. Nationale Maßnahmen wird es mit ihr zumindest vorerst nicht geben.

Sie habe zugehört und sich viele Notizen gemacht, sagen Teilnehmer. Sehr viel mehr aber auch nicht. Merkel setzt weiterhin auf europäische und internationale Ansätze bei der Lösung des Flüchtlingsproblems. Doch zwischen den Zeilen wollten manche auch Anzeichen für so etwas wie einen Plan B erkannt haben. So wolle sie noch bis Mitte Februar einige internationale Treffen abwarten, zuletzt einen EU-Gipfel, und danach eine Zwischenbilanz ziehen. Das verstanden manche als Chance, dass Merkel dann ihre Linie aufgeben und Grenzschließungen oder Obergrenzen bei der Zuwanderung zustimmen könnte. Jedenfalls sei auch der Kanzlerin bewusst, dass die Zahlen rasch reduziert werden müssten.

Doch eines ist derzeit völlig klar: Es bleibt bei der Linie der Verhandlungen. Besondere Hoffnung setzt Merkel auf die Türkei. Nicht jedem CSU-Politiker gefällt es, dass sich Europa derart in die Abhängigkeit Ankaras begibt, und auch einige EU-Staaten können diesem Szenario wenig abgewinnen. So war zu hören, dass Italien sich arg beschwere. Zuerst habe man das Land in der Flüchtlingskrise alleingelassen, jetzt solle man sich an den versprochenen drei Milliarden Euro beteiligen, die die Türkei für eine Verbesserung der Lage der Flüchtlinge im eigenen Land erhalten soll. Nachdem auch SPD, Grüne und weite Teile der CDU vom Kurs der Kanzlerin abgerückt sind, steht Merkel national wie europäisch zunehmend isoliert da. Und Lösungen, so wie die Regierungschefin sie sich vorstellt, sind nicht in Sicht. Dabei, so machten Teilnehmer der Klausurtagung in Kreuth immer wieder deutlich, läuft die Zeit ab. Mit der Entscheidung Österreichs für eine nationale Obergrenze ist nun ein Beispiel gesetzt. Doch auch dem kann Merkel wenig abgewinnen. Wenn sie mit der Türkei über eine europäische Quote verhandelt, erschweren ihr nationale Festlegungen die Gespräche.

Zeit, die läuft nicht nur bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise langsam aber sicher ab. Womöglich wird es auch für Merkel zunehmend eng. Staatssekretär Georg Eisenreich ermahnte Merkel mit deutlichen Worten: Man könne in der Demokratie nicht dauerhaft gegen den Willen des Volkes regieren. "Wenn es nicht in absehbarer Zeit eine andere Flüchtlingspolitik gibt, dann gibt es bald eine andere Kanzlerin."