Paris

Nur innere Sicherheit wappnet gegen den Terror - Kommentar


Paris erlebte die schlimmsten Terrorangriffe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Paris erlebte die schlimmsten Terrorangriffe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Wieder haben islamistische Attentäter eine freie, offene und tolerante Gesellschaft dort getroffen, wo sie am verwundbarsten ist: im öffentlichen Raum, mit Anschlägen auf arglose Menschen, die in Bars saßen, ein Konzert besuchten oder einfach nur am Freitagabend unterwegs waren. Nach Hause, zu Freunden, zu einer Feier. Nichtsahnend liefen sie in die Kugeln und Bomben der grausamen Attentäter, die wohl im Auftrag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt haben.

Paris hat den schlimmsten Terroranschlag seit Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt. Weit über 100 Tote und noch mehr Verletzte sind die traurige Bilanz dieser blutigen Nacht.

Bei aller Trauer und allem Entsetzen muss dennoch eine kühle Analyse folgen. Den französischen Sicherheitsbehörden ist die Vorbereitung dieser Anschläge offenbar verborgen geblieben. Deutschland ist dagegen von Attentaten dieser Art bisher verschont geblieben. Bisher ist es gelungen, derartige Taten zu vereiteln. Aber reicht das?

Umgang von Politik und Öffentlichkeit mit Geheimdiensten ist schädlich

Der Umgang der Politik und der Öffentlichkeit mit den Geheimdiensten hierzulande ist schädlich. Wenn immer wieder bekannt wird, dass die Spionagedienste tatsächlich spionieren, kocht die zur Schau getragene Empörung hoch. Die Chefs von Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz müssen vor irgendwelchen Ausschüssen zum Rapport antreten und mit gesenktem Haupt Besserung geloben. Dabei wäre es Aufgabe der Parlamentarier, sich nicht ständig künstlich zu erregen, sondern den Geheimdiensten die Instrumente und den gesetzlichen Rahmen zur Verfügung zu stellen, den sie brauchen, um dieses Land auch künftig wirksam vor Anschlägen wie denen in Paris zu schützen.

Zwar hat sich noch niemand darüber erregt, wenn die Geheimdienste spioniert haben, um Taten von Islamisten offenzulegen. Aber die ständige Verunsicherung der Behörden durch politischen Aktionismus ist kontraproduktiv und hat auch Auswirkungen auf jene Teile geheimdienstlicher Arbeit, die gar nicht in der Kritik stehen. Da dürfen sich auch ruhig Parlamentarier mehr zutrauen, wenn es darum geht, die Geheimdienste zu unterstützen, und nicht nur dann Mut entwickeln, wenn es um - mitunter auch berechtigte - Kritik geht.

Engpässe bei der Polizei


Dasselbe gilt auch für eine moderne Ausrüstung. Es darf nicht sein, dass Geheimdienste praktisch blind und taub sind auf jenen Kommunikationskanälen, derer sich gerade Terroristen immer wieder bedienen. Und ja, auch die internationale Zusammenarbeit von Geheimdiensten ist kein Sich-Ausliefern oder Anbiedern, sondern eine Selbstverständlichkeit. Neben den Geheimdiensten muss sich der Blick auch auf die Polizei richten. Vieles hat sich getan - zugegeben. Doch noch immer gibt es Engpässe bei Ausrüstung und Dienstzeiten.

Für die Sicherheit ebenfalls förderlich ist, wenn sich die zuständigen Behörden auch voll und ganz ihrer Arbeit widmen können. Wenn ein Staat fortwährend im Krisenmodus operiert wie derzeit angesichts des Zustroms von Flüchtlingen, müssen Aufgaben zwangsläufig unerledigt bleiben. Im Umgang mit dem Flüchtlingszustrom müssen dringend geordnete Verhältnisse einkehren, doch die Bundesregierung handelt nicht.

Ursache und Wirkung nicht verwechseln

Nun wäre es zynisch zu behaupten, die Flüchtlinge seien alle potenzielle Attentäter, wie es jetzt bereits einige politische Rattenfänger versuchen. Schließlich versuchen die Menschen, die hier nach Schutz suchen, eben jenem Terror zu entgehen, den der IS in Syrien und im Irak verbreitet - und jetzt womöglich auch in Paris. Dennoch ist es alarmierend, dass die Bundesregierung in der vergangenen Woche einräumen musste, nicht zu wissen, wer sich derzeit im Land aufhält und wo die Flüchtlinge untergekommen sind. Geordnete Abläufe, Registrierung und Überprüfung von Flüchtlingen schafft Sicherheit. Zudem nimmt ein solches Vorgehen all jenen den Wind aus den Segeln, die Flüchtlinge nun unter Generalverdacht stellen wollen. Wer das ablehnt, der verwechselt - womöglich mit politischem Vorsatz - Ursache und Wirkung.

Aktionismus und rhetorische Aufrüstung helfen nicht weiter. Das Kalkül der Terroristen ist es, unsere Gesellschaften zu verunsichern und unsere Art zu leben anzugreifen. Dem müssen die freien europäischen Gesellschaften entschieden entgegentreten. Das funktioniert zum Beispiel mit Sicherheitsdiensten, die professionell ihre Arbeit leisten können.

"Wir beugen unser Haupt vor den Toten, niemals aber beugen wir uns dem Terror", sagte gestern Bundespräsident Joachim Gauck zu den Anschlägen in Paris und: "Die Terroristen werden nicht das letzte Wort haben." Daraus gilt es nun die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Nur ein Staat, der für Sicherheit nach innen sorgen kann, ist gegen Terror gewappnet.